Umfrage unter Spediteuren: Der Mautstart in Zahlen

Die Einführung der LKW-Maut in Deutschland ist eine von vielen Spediteuren im Bundesgebiet mit Skepsis betrachtete Veränderung der Rahmenbedingungen für die einzelnen Unternehmen. Hierzu hat der Lehrstuhl für Verkehrssysteme und -logistik der Universität Dortmund eine Befragung unter über 100 Spediteuren aus der Region Nordrhein-Westfalen durchgeführt, um die tatsächlichen Auswirkungen der Maut-Einführung zu erfassen. Dieses Meinungsbild wird durch zusätzliche Angaben von Befragten aus dem Sonderbereich Schwer- und Großraumtransport ergänzt.

Die Auswertung der durchgeführten Befragung ergibt ein vielschichtiges Ergebnis. Teilbereiche der gegebenen Antworten zeigen ein durchaus eindeutiges Bild. Beispielsweise ist die Ausrüstung der von der LKW-Maut betroffenen Fahrzeugflotten mit On-Board-Units (OBUs) bei den Befragten nahezu vollständig erfolgt. Hingegen zeigt sich bei den Angaben zu den ersten von Toll Collect erstellten Rechnungen ein uneinheitliches Meinungsbild.

Bei der Befragung haben bereits 97% aller Spediteure ihren gesamten Fuhrpark mit OBUs ausgestattet und lediglich einige Neufahrzeuge warten noch auf deren Einbau. Ein sehr geringer Bruchteil arbeitet alleine aufgestellten Mautterminals (2%) oder bucht ausschließlich über das Internet (1%). Diejenigen Speditionen, die mit OBUs arbeiten, gaben – bis auf eine Ausnahme – an, ihren gesamten Fuhrpark mit OBUs ausrüsten zu wollen und waren mit der Funktion der OBUs gegenwärtig sehr zufrieden. Insgesamt ergibt sich trotz aller im Vorfeld geäußerten Kritik ein sehr positives Bild über OBUs.

Die Buchung über das Internet wurde von 78% der befragten Spediteure bisher getestet, jedoch lehnen 43% das System als „unpraktisch“ oder „zu zeitaufwändig“ ab. Bei den Mautterminals sieht es ähnlich aus: 83% der befragten Spediteure haben bereits die Maut über Terminals entrichtet, aber für nur 39% der Spediteure kommen diese als Alternative zur OBU in Betracht. Die mögliche Buchung über einen der drei am Markt agierenden SMS-Dienstleister wurde überhaupt nur von 6% der befragten Spediteure getestet.

Bereits 47% der befragten Spediteure hatten zum Zeitpunkt der Befragung eine Abrechnung von Toll Collect erhalten und konnten Auskunft dazu geben. Die Angaben waren hier sehr uneinheitlich: 10% der Spediteure empfanden die Rechnungen als sehr detailliert und leicht zu überprüfen, 5% führen eine Überprüfung EDV-unterstützt durch. 9% gaben sogar an, die Rechnung nicht zu kontrollieren, da der potenzielle Nutzen den Aufwand für eine Kontrolle nicht rechtfertige. Die Speditionen, welche eine detaillierte Kontrolle der ersten Rechnung bereits durchgeführt haben, äußerten sich ausschließlich positiv über die Korrektheit der Rechnung, jedoch ist trotz allem die Skepsis gegenüber Toll Collect groß.

Die BAG-Kontrollen werden von den Spediteuren positiv gesehen (87%), da zumeist durch ein vorbeifahrendes Fahrzeug die OBU innerhalb weniger Sekunden ausgelesen werden kann und in den meisten Fällen die Fahrt nicht unterbrochen werden muss. Ärgerlich ist weiterhin der immer noch fehlende Wille der Verlader die Mautkosten vollständig zu übernehmen – zwar wird die anfallende Maut bei Lastfahrten fast immer vollständig übernommen (96%), doch auf den Kosten für die Maut bei Leerfahrten bleiben viele Spediteure (47%) nach eigenen Aussagen sitzen.

Zusätzlich zum Stückgutbereich wurde die Schwertransportsparte näher zu den Auswirkungen der erhobenen Maut untersucht. Spediteure aus diesem Transportsegment können kaum flexibel auf die neuen Anforderungen reagieren. Bei einem auftretenden Leerfahrtanteil von 50-70% schlagen die Mautkosten überproportional hoch zu Buche. Zudem ist bei den entstehenden Kosten durch die Maut zu unterscheiden, ob es sich um einen reinen Transportauftrag handelt, oder ob der anfallende Sondertransport durch den Transport von erforderlichem Equipment für Arbeitsmaschinen notwendig wird. Alle der befragten Schwergutspediteure haben den kompletten Fuhrpark mit OBUs ausgestattet oder planen dies zu tun. Zudem besteht bei einigen Schwergutspediteuren der Wunsch, die Rechnung für die entstandenen Mautkosten beispielsweise nicht erst am Ende eines jeden Monats gesammelt für alle durchgeführten Fahrten zu erhalten, sondern zeitnah zu jedem einzelnen Transport diese durch Toll Collect zu erfahren.

Insgesamt ergibt sich allerdings – trotz der höheren Kosten – ein sehr positives Bild sowohl über die Maut selbst, als auch über die gut gelungene Einführung. Die Spediteure erhoffen sich durch die Maut eine höhere Gerechtigkeit und Chancengleichheit gegenüber ausländischen Spediteuren – es gibt bereits erste Zeichen, dass Aufträge wieder vermehrt an deutsche Speditionen vergeben werden, pessimistische Stimmen prognostizieren eine mautbedingte Pleitewelle unter deutschen Speditionen. Genaueres wird sich wohl aber erst in den kommenden Monaten zeigen.

Media Contact

Ole Lünnemann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-dortmund.de/

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