Damit die Bahn endlich schneller wird als der Lkw

Das europäische Exzellenznetzwerk Eisenbahnforschung soll das Chaos auf Europas Gleisen beseitigen, die Bahnnetze auf dem Kontinent vereinheitlichen und dadurch den Schienenverkehr konkurrenzfähiger machen.

Starten ein Lkw und ein Güterzug zeitgleich in Rotterdam mit dem Ziel Turin, müsste theoretisch die Bahn früher das Ziel erreichen – schließlich geht es auf der Schiene schneller voran als auf den oft verstopften Autobahnen. In Wirklichkeit jedoch fährt der Zug dem Lastwagen weit hinterher: An jeder Grenze muss der Zug eine lange Pause einlegen, obwohl es in der EU Binnengrenzen nicht mehr gibt. Die Zwangspausen rufen die unterschiedlichen technischen Bahnsysteme in den einzelnen Ländern hervor: Die wechselnden Stromsysteme sind nur ein Beispiel.

Um die Bahn im internationalen Verkehr konkurrenzfähiger zu machen und europaweit einheitliche und leistungsfähige Eisenbahnsysteme zu schaffen, wurde nun in Berlin ein europäisches Exzellenznetzwerk der Eisenbahnforschung gegründet. Unter den 60 beteiligten Einrichtungen befindet sich auch das TU-Institut für Land- und Seeverkehr. „Das Netzwerk soll technische Innovationen vorantreiben“, sagt Prof. Dr. Markus Hecht vom Fachgebiet Schienenfahrzeuge des Instituts. Die EU fördert das Exzellenznetzwerk in den nächsten vier Jahren mit insgesamt sechs Millionen Euro.

Genauso wie die europäischen Eisenbahnsysteme ist auch die europäische Forschungslandschaft im Eisenbahnwesen bisher noch fragmentiert. Das Exzellenznetzwerk soll die Integration der Forschungsleistungen aus den verschiedenen Ländern vorantreiben und Kunden aus Industrie und Betreiberorganisationen exzellente Forschungsdienstleistungen anbieten. Für die EU spielt das Netzwerk deshalb eine zentrale Rolle, um ambitionierte verkehrspolitische Ziele zu erreichen: die Verdopplung des Passagier- sowie die Verdreifachung des Güterverkehrsaufkommens auf der Schiene. Der Anteil der umweltfreundlichen Bahn am internationalen Verkehr ist bisher noch gering – vor allem wenn man ihn mit dem am nationalen Verkehr vergleicht.

Die Forschungsprojekte im Rahmen des Exzellenznetzwerkes sollen sich vor allem mit der Konstruktion einheitlicher Schienenfahrzeuge, deren europaweiter Zulassung und einem koordinierten betrieblichen Einsatz befassen. Wie das Netzwerk zur Entwicklung der notwendigen neuen Schienenfahrzeuge und Infrastruktursysteme beitragen kann, zeigt ein Beispiel aus der Technischen Universität Berlin vom Fachgebiet Schienenfahrzeuge. Mit dem Projekt „LEILA – Leichtes und Lärmarmes Drehgestell“ wurde ein lärmarmes Drehgestell für Güterwagen entwickelt, das gleichzeitig die Betriebsabläufe deutlich beschleunigt. Wird ein Zug neu zusammengestellt – und ein Grenzübergang gilt im Schienenverkehr noch immer grundsätzlich als eine Neuzusammenstellung eines Zuges – überprüft ein Bahnmitarbeiter Fahrwerke und Bremsen per Hand. Sechsmal läuft er dabei den Zug entlang – ein immenser Zeitaufwand. Im Projekt LEILA ist jetzt beabsichtigt, die wagentechnische Prüfung und die Bremsprobe zu automatisieren. Dadurch soll die Sicherheit verbessert und vor allem der Zeitablauf deutlich verkürzt werden. Das neue Eisenbahnexzellenznetzwerk sorgt in diesem Zusammenhang dafür, dass diese Vorteile europaweit spürbar sein werden: „Mit EU-Mitteln können wir das Projekt stark voranbringen. Wenn das Drehgestell in vielen Ländern einsetzbar ist, verkürzt das die Wartezeiten an den Grenzen enorm“, sagt Hecht. Und dann schlägt auch irgendwann die Bahn den Lkw. Tilmann Warnecke

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Markus Hecht, Fakultät V – Verkehrs- und Maschinensysteme, Institut für Land- und Seeverkehr der TU Berlin, Fachgebiet: Schienenfahrzeuge, Salzufer 17-19, 10587 Berlin, Tel.: 030/314-25195, Fax: 030/314-22529, E-Mail: Markus.Hecht@tu-berlin.de

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Ramona Ehret idw

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