Autonome Straßenbahn im Depot

Technische und rechtliche Herausforderungen betrachtet das Projekt AStriD bei der Automatisierung von Straßenbahndepots. Foto: Sandra Göttisheim, KIT

Die Umsetzung des Forschungs- und Entwicklungsprojekts erfolgt auf dem Betriebshof des Verkehrsbetriebs Potsdam. Ziel ist die Entwicklung eines digitalen Betriebshofes auf Basis einer autonom fahrenden Tram. Die technische Machbarkeit wird mit autonomen Servicefahrten zu einem Abstellgleis demonstriert, beispielsweise durch eine Waschanlage.

Mittelfristig soll die Depotautomatisierung als eine erste Stufe des autonomen Fahrens kommerziell nutzbar gemacht werden. Bei der Entwicklung soll von Anfang an berücksichtigt werden, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für die Genehmigung und den Betrieb einer autonom fahrenden Straßenbahn zu beachten sind und in welchen ökonomischen Rahmen ein operativer Betrieb abzubilden wäre. Das Projekt AStriD startet jetzt im Oktober 2019, die Projektdauer beträgt drei Jahre.

Die Projektpartner bei AStriD sind das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Siemens Mobility, die Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH (ViP), das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), die Codewerk GmbH und Mapillary. Die Partner haben das Projekt in verschiedene Arbeitspakete unterteilt:

Das KIT bringt die Expertise zur Spezifikation und Digitalisierung der Betriebshöfe, der Automatisierung von Prozessen und der Identifikation der dafür benötigen Daten ein. „Automatisierte Systeme werden sich gerade in der Mobilität aus der Nische heraus entwickeln. Ich sehe in einem weitgehend abgeschlossenen Betriebshof ein ideales Anwendungsfeld“, sagt Professor Eric Sax, Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung des KIT. „Wir freuen uns darauf, unsere aktuellen Forschungsergebnisse in AStriD einzubringen und auf einem Straßenbahndepot umzusetzen.“

Die Siemens Mobility GmbH realisiert die autonom fahrende Tram im Depot, die über den Data-Hub vom Partner Codewerk in die Daten- und Systemlandschaft eingebunden ist und sich auf Basis einer digitalen Karte des Projektpartners Mapillary lokalisiert. „AStriD ist der nächste, große Meilenstein auf dem Weg zur autonom fahrenden Straßenbahn. Mit der Automatisierung von zeitintensiven Rangierprozessen im Betriebshof wollen wir unsere Kunden in Zukunft noch besser dabei unterstützen, eine nachhaltige Wertsteigerung über den gesamten Lebenszyklus sicherzustellen sowie Verfügbarkeit zu garantieren“ sagt Sabrina Soussan, CEO von Siemens Mobility.

Die ViP stellt das Fahrzeug und die Depot-Infrastruktur zur Verfügung, sie ermöglicht den Zugang zu den benötigten Daten, Systemen und Anlagen und bewertet die Ergebnisse aus Sicht eines Depotbetreibers. „Wir freuen uns, dass Potsdam erneut ausgewählt wurde. Die praktische Demonstration, welche Schritte zeitnah umgesetzt werden könnten, wird für uns und für die ganze Branche hilfreich sein. Es geht insbesondere um die Überprüfung, ob und wie zeitintensive Rangierprozesse auf einem Betriebshof automatisiert werden können. Dies ist für unseren derzeitigen Betriebshof und für einen möglichen weiteren Betriebsstützpunkt im Potsdamer Norden eine interessante Option“, sagt Monty Balisch, Geschäftsführer der ViP.

Das IKEM analysiert und bewertet die rechtlichen und ökonomischen Fragestellungen im Rahmen des Projekts. „Dass der Fahrer im System als Bezugspunkt von Verhaltensanforderungen, Verantwortung und Haftung fehlt, stellt das Recht und konkret die Genehmigung des Betriebs vor große Herausforderungen. Für Szenarien der kommerziellen Nutzung reicht es dagegen auf Seiten der Kosten und Einsatzplanung nicht, davon auszugehen, dass lediglich der Fahrer als Kostenposition auf dem Betriebshof fortfällt. Andere Aufgabenträger im System werden an Bedeutung gewinnen, die neue Technologie muss als Faktor im Betrieb und auf der Kostenseite berücksichtigt werden. Es handelt sich also um ein ganz neues Betreibermodell für den Betriebshof, das vorgezeichnet und soweit möglich mit Kostenschätzungen hinterlegt werden soll. Das IKEM wird die sich hier stellenden Fragen im Projekt im Austausch mit den Projektpartnern und relevanten externen Akteuren beantworten“, sagt Matthias Hartwig, Teamleiter Mobilität, IKEM.

Codewerk ist auf industrielle Systeme spezialisiert und entwickelt unter anderem Software für die Datenkommunikation auf Schienenfahrzeugen. Codewerk realisiert im Projekt die Cloud und Edge-Komponenten zur datentechnischen Integration aller Systeme. „Das automatische Fahren hat das Potenzial, den Schienenverkehr als Verkehrsmittel attraktiver zu machen. Mit AStriD wollen wir bei Codewerk in eine klimafreundliche Technologie investieren und unsere Wettbewerbsposition stärken“, sagt Christian Grund, Geschäftsführer von Codewerk.

Mapillary stellt eine cloudbasierte Online-Plattform zur gemeinschaftlichen Sammlung und öffentlichen Bereitstellung von Straßenbildern und -informationen bereit. Diese Daten werden mit Künstlicher Intelligenz analysiert und zu digitalem Kartenmaterial verarbeitet. „Das Spektrum der Mobilität ändert sich und in den kommenden Jahren werden sowohl autonom fahrende Autos als auch Straßenbahnen am Verkehr teilnehmen, wodurch völlig neue Anforderungen an digitale Karten entstehen. Karten werden nicht mehr nur für Menschen benötigt, um an ihr Ziel zu gelangen, sondern in digitaler Form ebenso für verschiedene Fahrzeuge, die ihre Routen autonom absolvieren werden. Hier kommt Mapillarys Expertise in der Auswertung von Bildern aus dem öffentlichen Raum ins Spiel. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Bildanalyse ermöglichen wir es der Straßenbahn, ihre Umgebung eigenständig zu erkennen und zu verstehen“, sagt Peter Kontschieder, Wissenschaftlicher Leiter von Mapillary.

Über den mFUND des BMVI

Im Rahmen der Forschungsinitiative mFUND fördert das BMVI seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um datenbasierte digitale Anwendungen für die Mobilität 4.0. Neben der finanziellen Förderung unterstützt der mFUND mit verschiedenen Veranstaltungsformaten die Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Forschung sowie den Zugang zum Datenportal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter http://www.mfund.de.

Details zum KIT-Zentrum Information · Systeme · Technologien (in englischer Sprache): http://www.kcist.kit.edu

Weiterer Kontakt:

Kosta Schinarakis, Redakteur/Pressereferent, Tel.: +49 721 608 21165, E-Mail: schinarakis@kit.edu

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 25 100 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.sek.kit.edu/presse.php

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