Leichtbauteile rissfest fertigen

Im Versuch wird die Materialprobe bis zur Schweiß-Temperatur erhitzt, um ihre kritischen Bedingungen zur Kaltrissbildung zu ermitteln.<br>© Lehrstuhl Fügetechnik der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus<br>

Autos, Dachkonstruktionen und Brücken sollen bei gleicher Stabilität immer leichter und damit energie- und materialsparender werden. Neue, hochfeste Stähle eignen sich hervorragend für die dafür benötigte Leichtbauweise, da sie auch sehr hohen Belastungen standhalten.

Doch diese Werkstoffe haben auch einen Nachteil: Je fester sie sind, desto anfälliger für Kaltrisse sind sie beim Schweißen. Diese feinen Brüche können entstehen, während geschweißte Verbindungen wieder abkühlen – meist unterhalb einer Temperatur von 200 °C. Im schlimmsten Fall bricht die Schweißnaht. Viele Industriebereiche setzen darum die vielversprechenden hochfesten Stähle nur zögerlich ein.

Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg haben gemeinsam mit dem Lehrstuhl Füge- und Schweißtechnik LFT der BTU Cottbus ein neues Verfahren entwickelt, das Kaltrisse vorhersehbarer macht. »Wir können bereits im Entwurfsstadium eines Bauteils die Wahrscheinlichkeit von Kaltrissen berechnen und auch gleich Abhilfemaßnahmen durchspielen«, erklärt Frank Schweizer vom IWM. Denn ob und wie schnell solche Kaltrisse entstehen, hängt davon ab, wie hoch die Konzentration von Wasserstoff im Stahl ist, wie die Eigenspannung des Materials ausfällt und wie seine Mikrostruktur beschaffen ist. Bislang ließ sich die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Rissen kommt, schlecht vorhersagen. Die Hersteller mussten aufwändige Versuche durchführen, beispielsweise ein Probeteil einer immer höheren Zugspannung aussetzen und beobachten, bei welcher Belastung Risse entstehen. Doch diese Tests sind sehr zeit- und kostenintensiv und auch nicht eins zu eins auf das spätere Bauteil übertragbar: Denn dessen Geometrie beeinflusst die Rissbildung entscheidend. Auch die verfügbaren Computersimulationen brachten bisher nicht die gewünschten Vorhersagegenauigkeiten für reale Bauteile.

Produktionskosten senken, Entwicklungszeiten verkürzen

Der neue Ansatz könnte solche aufwändigen Methoden zukünftig deutlich reduzieren – und damit Produktionskosten senken sowie Entwicklungszeiten verkürzen. Die Experten am LFT haben einen speziellen Versuchsaufbau entwickelt, um an Proben von hochfesten Stählen das Risskriterium präzise zu ermitteln. Neben den typischen Einflussfaktoren wie Wasserstoffgehalt, Eigenspannungen und Materialgefüge, die parallel eingestellt werden können, ziehen sie dabei die starken Temperaturgradienten in Betracht, die beim Schweißen auftreten.

Mit diesem Kriterium füttern die Fachleute am IWM eine Computersimulation, um für beliebige Bauteile und Geometrien zu analysieren, ob Kaltrisse drohen. »Auf diese Weise sind wir in der Lage, für jede Stelle und jeden Zeitpunkt des simulierten Schweißprozesses kaltrissgefährdete Bereiche einer Schweißnaht ausfindig zu machen«, erläutert Schweizer. Auch die Auswirkungen von Gegenmaßnahmen können die Forscher so im Vorfeld überprüfen und nötigenfalls anpassen: Dazu übertragen sie die Ergebnisse wieder in die Simulation zurück, um sie dort weiter anzupassen.

Hersteller von Fahrzeugen oder Maschinen könnten mithilfe dieses Verfahrens also zukünftig für ihre Werkstoffe schon im Vorfeld unkritische Schweißparameter und Randbedingungen festlegen – und so den Fertigungsprozess deutlich effizienter und sicherer gestalten. Dies gilt besonders für schwer zu schweißende Materialien mit sehr engen Prozessfenstern hinsichtlich Schweißparametern oder Vor- und Nachwärmtemperaturen. Fraunhofer IWM und LFT testen ihr neues Verfahren derzeit in Kooperation mit der Robert Bosch GmbH und der ThyssenKrupp Steel Europe AG an laserstrahlgeschweißten Demonstratoren aus hochfesten Stählen.

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Frank Schweizer Fraunhofer Forschung Kompakt

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