Das Fließen hochkonzentrierter Schlicksuspensionen

An den deutschen Küsten ist eine zunehmende Verschlickung in Häfen, Hafenzufahrten und auch in einigen Abschnitten der Unterläufe von Flüssen zu beobachten. Um kostspieligen Unterhaltsmaßnahmen vorzubeugen und um neue Lösungsstrategien für diese Problematik zu finden, wurde in einem Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), Dienststelle Hamburg in Zusammenarbeit mit der Universität der Bundeswehr München ein Verfahren zur mathematischen Simulation des dynamischen Verhaltens von Flüssigschlick entwickelt.

Das neue Verfahren kann dazu genutzt werden, die Entstehung und die Dynamik der Schlickstrecken in den Seeschifffahrtsstraßen zu untersuchen, derartige Systeme besser zu verstehen und entsprechende Gegenmaßnahmen in Angriff zu nehmen.

Besonders betroffen von der Verschlickung ist die Ems zwischen Herbrum und Emden. Dort führt der Fluss eine so hohe Feststofffracht aus Sedimenten mit sich, dass sich je nach den wechselnden hydrologischen Verhältnissen hochkonzentrierte Flüssigschlickbereiche ausbilden.
Die besonderen Eigenschaften von Flüssigschlick
Flüssigschlick entsteht, wenn sich feinste Sedimentpartikel in einem außergewöhnlich großen Umfang in einem Fließgewässer etwa aufgrund von Kohäsion zusammenfinden und akkumulieren. Besonders in strömungsberuhigten Zonen setzt sich der Schlick ab und konsolidiert letztendlich. Die hochkonzentrierten Schlicksuspensionen bilden innere Strukturen heraus, die das Fließverhalten gegenüber gering konzentrierten Suspensionen verändern.
Im Fließgewässer können Flüssigschlickschichten von unterschiedlicher Mächtigkeit auftreten. Je nach Tideverhältnissen wird der Flüssigschlick mit dem darüber liegenden Wasserkörper vermischt und bildet sich auch wieder von neuem aus. Bildet sich eine Flüssigschlickschicht bodennah aus, entsteht meist ein ausgeprägter Dichtesprung zwischen Wasser- und Flüssigschlickkörper.

Während Wasser physikalisch betrachtet einem Newtonschen Fluid entspricht, folgt die Fließdynamik von Flüssigschlick nicht-Newtonschen Gesetzmäßigkeiten. Derzeit etablierte hydrodynamische Modelle, mit denen auch Fragestellungen des Suspensionstransports untersucht werden, berücksichtigen jedoch lediglich Newtonsches Fließverhalten. Im BAW-Forschungsprojekt wurde nun ein herkömmliches numerisches Verfahren so erweitert, dass es auch nicht-Newtonsches Verhalten abbilden kann.

Schichten gleicher Dichte sind Ausgangspunkt der Simulation
Um nun die Flüssigschlickdynamik korrekt simulieren zu können, musste zunächst ein rheologisches Modell entwickelt werden, das Forscher des Instituts für Wasserwesen der Universität der Bundeswehr in München aus rheometrischen Messungen ableiten konnten. Bei der BAW in Hamburg entstand das numerische Modell, in dem die Projektleiterin Dr. Denise Wehr ein bestehendes numerisches Verfahren an die rheologischen Eigenschaften und die spezifischen Transportprozesse von Flüssigschlick angepasste und entsprechend weiterentwickelte.

Einer der wichtigsten charakterisierenden Parameter für das Verhalten von Flüssigschlick ist der Feststoffgehalt bzw. die dazu proportionale Dichte. Dieser Parameter wird nun für die numerische Modellierung genutzt, indem sowohl der Wasserkörper als auch der Flüssigschlickkörper im Modell in Schichten gleicher Dichte (Isopyknen) diskretisiert, also unterteilt werden. Jeder Isopykne wird dann ein bestimmtes rheologisches Verhalten (Newtonsches, nicht-Newtonsches Fluid) zugeordnet. Im Ergebnis konnte Denise Wehr das Fließverhalten von Flüssigschlick detailreich simulieren und zum Beispiel realitätsnah aufzeigen, wie sich Flüssigschlick in einem tidebeeinflussten Flussabschnitt entwickelt.

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Sabine Johnson idw

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