Kaum Reibung zwischen Werkzeug und Werkstück

Hochviskoses Verhalten des Mediums, das im Umformprozess eingesetzt wird.

Leichtbau bedeutet einen gezielten Materialeinsatz: nur so viel soll aufgewendet werden, dass die Höchstbelastung aufgewogen wird, und das nur dort, wo es für die Konstruktion unerlässlich ist. Interessante Möglichkeiten dazu bietet das Innenhochdruck-Umformen, ein Verfahren, das noch sehr entwicklungsfähig ist. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat an der Universität Erlangen-Nürnberg ein Projekt am Lehrstuhl für Fertigungstechnologie von Prof. Dr.-Ing. Manfred Geiger bewilligt, das die bisherigen Grenzen dieses Produktionsverfahrens erweitern soll. Dipl.-Ing. Paolo Dal Bó setzt dazu beim Umformen von Rohren die Strömung einer hochviskosen Flüssigkeit ein.

Die Innenhochdruck-Umformung verspricht Bauteile in verbesserter Qualität, die zudem sehr kostengünstig sind und eine höhere Steifigkeit aufweisen. Im Fertigungsprozess kann Material auf diesem Weg teils gezielt angehäuft und an anderer Stelle je nach Vorgabe reduziert werden. Beim Umformen von langen und komplexen Rohren stößt das Verfahren jedoch derzeit an seine Grenzen. Aufgrund der Reibung zwischen Werkzeug und Werkstück wird ab einer bestimmten kritischen Länge der Führungszone (vgl. Abb.1) kein weiteres Material in die Aufweitzone des Rohres nachgeschoben. Stattdessen kommt es lediglich zum Aufstauchen in der Führungszone.

Ein hochviskoses, also äußerst zähflüssiges Medium soll die Reibung auf ein Minimum beschränken. Mit Hilfe der Strömung dieser Flüssigkeit wird der Spannungszustand entlang der Werkstoffoberfläche so beeinflusst, dass sich die Formgebungsgrenzen für Rohre erweitern. Das viskose Medium fließt entlang der Außenoberfläche eines Rohres durch Kanäle, die in das Werkzeug eingearbeitet sind. Auf diese Weise können axiale, quer zur Rohrlänge verlaufende Schubspannungen in das Werkstück eingeleitet werden, was den Materialfluss in Richtung der Aufweitzone unterstützt.

Über den Verlauf des Umformprozesses unter solchen Bedingungen ist noch wenig bekannt, so dass diese innovative Technologie in der Industrie bisher nicht verwendet werden konnte. Das Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Fertigungstechnologie soll die Wissenslücken schließen. Parallel dazu wird nach dem Medium gesucht, das für diesen Zweck am besten
geeignet ist. Die Flüssigkeit muss gleichermaßen Anforderungen an Hochviskosität und Wirtschaftlichkeit erfüllen und in der Industrieproduktion einsetzbar sein.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt „Strömungsbeeinflusstes Innenhochdruck-Umformen von Rohren“ für zwei Jahre. Am Erlanger Lehrstuhl für Fertigungstechnologie wird der Entwicklung von Produktionsverfahren für den Leichtbau besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Mehrere Untersuchungen zu dieser Thematik sind derzeit in Arbeit. Insbesondere in der Fahrzeugproduktion werden Leichtbaukonstruktionen, die den Kraftstoffverbrauch niedrig halten, künftig den Vorrang haben.

Weitere Informationen

Prof. Dr.-Ing. Manfred Geiger
Tel.: 09131/85 -27140
Dipl.-Ing. Paolo Dal Bó
Tel.: 09131/85 -28317
p.dalbo@lft.uni-erlangen.de

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Gertraud Pickel Universität Erlangen-Nürnberg

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Dieses Fachgebiet umfasst wissenschaftliche Verfahren zur Änderung von Stoffeigenschaften (Zerkleinern, Kühlen, etc.), Stoffzusammensetzungen (Filtration, Destillation, etc.) und Stoffarten (Oxidation, Hydrierung, etc.).

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