Voller Energie: Generationendialog unter Spitzenforschern

„Ich bin beeindruckt von der Kompetenz, der Neugierde und der Energie der jungen Teilnehmer. Die Tagung bietet ihnen eine einzigartige Gelegenheit zum interkulturellen und generationenübergreifenden Wissens- und Ideenaustausch und zum Aufbau von Netzwerken“, betont der deutsche Chemienobelpreisträger Hartmut Michel. Ein Schwerpunktthema in den Vorträgen und Diskussionen sind Zukunftsmodelle zur Erzeugung, Umwandlung und Speicherung von Energie.

Man könnte von einem Energie-Gipfel der besonderen Art sprechen, wenn in der ersten Juliwoche 35 Nobelpreisträger zur 63. Lindauer Nobelpreisträgertagung am Bodensee zusammenkommen. Denn die Erzeugung, Umwandlung und Speicherung von Energie gehört zu den derzeit wichtigsten Forschungsfeldern in der Chemie, der diesjährigen Tagungsdisziplin.

„Es ist faszinierend, von der Natur zu lernen, wie beispielsweise die bestehenden Verfahren zur Nutzung der Sonnenenergie verbessert werden können“, sagt der 25-jährige Chemiker David Bialas. Der Doktorand der Universität Würzburg ist einer von über 600 Nachwuchswissenschaftlern aus fast 80 Ländern, die vom 30. Juni bis 5. Juli an der Tagung teilnehmen. Sie repräsentieren die nächste Generation führender Wissenschaftler und Forscher.

„Ich bin beeindruckt von der Kompetenz, der Neugierde und der Energie der jungen Teilnehmer. Die Tagung bietet ihnen eine einzigartige Gelegenheit zum interkulturellen und generationenübergreifenden Wissens- und Ideenaustausch und zum Aufbau von Netzwerken“, betont der deutsche Chemienobelpreisträger Hartmut Michel, der zum 16-ten Mal an einer Lindauer Nobelpreisträgertagung teilnehmen wird. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten der diesjährigen Vorträge und Diskussionen gehören auch biochemische Prozesse und Strukturen sowie das Thema „Grüne Chemie“.

David Bialas erforscht im Rahmen seiner Doktorarbeit organische Solarzellen. In ihnen wird der klassische Halbleiter Silizium durch preiswertere organische Materialien ersetzt. Noch ist ihr Wirkungsgrad relativ gering, aber schon in zehn Jahren könnten solche Solarzellen als ausrollbare und durchsichtige Schichten ganze Gebäude überziehen, um mehr als genug Sonne für deren Energieversorgung einzufangen.

Bialas freut sich darauf, in Lindau dem Chemienobelpreisträger Rudolph Marcus (Nobelpreis 1992) zu begegnen, der über seine Arbeit mit Solarzellen am California Institute of Technology berichten wird. „Marcus hat die Arbeit mit Elektronentransferprozessen revolutioniert, seine Erkenntnisse sind für meine eigene Forschung unerlässlich“, sagt Bialas. Elektronentransferprozesse liegen unter anderem der Photosynthese bei Pflanzen zugrunde. Die Energie des Sonnenlichts wird hierbei in blitzschnellen Sprüngen von Elektronen weitergeleitet. Zwar lässt sich die natürliche Photosynthese noch nicht künstlich kopieren, sie dient jedoch als Vorbild für eine optimale Verwertung der Sonnenenergie und beflügelt die Entwicklung neuartiger Solarzellen.

Mit welchen Mechanismen und Verfahren verfügbare Energie wie Sonnenlicht künftig noch effizienter in Strom umgewandelt und dieser wiederum gespeichert werden kann, soll auf der Lindauer Tagung unter anderem im Rahmen der Podiumsdiskussion „Chemical Energy Storage and Conversion“ erörtert werden. Graham de Ruiter, Postdoktorand am israelischen Weizmann-Institut für Wissenschaften, sieht der Debatte mit Spannung entgegen, weil hierbei auch seine eigenen Forschungsfelder, die Oberflächenchemie und die Katalyse, im Fokus stehen werden. Zu den Experten auf diesen Gebieten zählen die Chemienobelpreisträger Gerhard Ertl (Deutschland, Nobelpreis 2007), Robert Grubbs (USA, 2005), und Richard Schrock (USA, 2005).

Sie nehmen zusammen mit den Laureaten Walter Kohn (USA, 1998) und Hartmut Michel (Deutschland, 1988) an der Diskussion teil. Mit Michel sitzt ein ausgewiesener Photosynthese-Spezialist auf dem Podium, der sich vehement gegen Biokraftstoffe für Verbrennungsfahrzeuge ausspricht und stattdessen dafür plädiert, den aus Solarzellen gewonnenen Strom in den Batterien von Elektroautos einzusetzen.

Batterien mit höherer Speicherkapazität zu entwickeln, ist eine zentrale Aufgabe der Elektrochemie. Dabei kommt der Entwicklung neuer Materialien erhebliche Bedeutung zu. Ein vielversprechender chemischer Energiespeicher ist Wasserstoff: Die Energie, die man aufwenden muss, um ihn durch Wasser-Elektrolyse herzustellen, gewinnt man zu einem beachtlichen Teil zurück, wenn man ihn später in Brennstoffzellen wieder in Wasser verwandelt. Erneuerbare Energie für die Elektrolyse kann man schon heute mit einem Wirkungsgrad von deutlich über zehn Prozent aus Solarzellen beziehen. Wesentlich kostengünstiger wäre es aber, wenn das Sonnenlicht unmittelbar und wirksam Wasser spalten könnte.

Heute hat die photokatalytische Wasserspaltung erst eine Effizienz von knapp drei Prozent. Deshalb ist sie für viele der Nachwuchsforscher, die nach Lindau kommen, ein großes Zukunftsthema: „Ich forsche an Eisenoxid-Photoelektroden für die Spaltung von Wasser“, berichtet der 31-jährige Israeli Hen Dotan, Doktorand am Technion in Haifa. „Dieses Forschungsgebiet verspricht, gangbare Wege zur Umwandlung und Speicherung von Sonnenenergie zu öffnen. Es ist ein Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung.“

Seit 1951 bieten die alljährlichen Lindauer Nobelpreisträgertagungen Wissenschaftlern ein weltweit beachtetes Forum für den Austausch und die Kontaktpflege. Der Generationendialog zwischen Nobelpreisträgern und Nachwuchswissenschaftlern liefert wichtige Impulse und neue Ideen für die internationale Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung.

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