Schutz der biologischen Vielfalt als Gesundheitsvorsorge?

Vom 16.-18. April treffen sich internationale Forscher in Berlin, um die Bedeutung der biologischen Vielfalt für unsere Gesundheit zu diskutieren.

Im Zentrum der 2. Internationalen Konferenz zu Biodiversität und den UN-Millennium-Entwicklungszielen der Leibniz-Gemeinschaft stehen sowohl Erreger von Infektionskrankheiten, die dem Menschen und seinen Nutzpflanzen und –tieren schaden, als auch die Gesundheit ganzer Ökosysteme, die unsere Lebensgrundlage bilden.

Da das Wissen um die ökologischen Zusammenhänge der Ausbreitung von Krankheiten die Grundlage für Gefahrenanalysen und eine effektive Kontrolle dieser Krankheiten bildet, dürfte das Thema in künftigen globalen Politikdebatten über den Schutz der biologischen Vielfalt eine wesentliche Rolle spielen. NeFo stellt im Experteninterview einige Aspekte und die Organisatoren vor.

Weltweit sind Infektionskrankheiten die Todesursache Nummer eins. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO starben 2001 rund 15 Millionen Menschen an den Folgen von Infektionskrankheiten. Längst als besiegt geltende Krankheiten erleben eine Rückkehr. Durch die globale Mobilität verbreiten sich Erreger in Regionen, wo es sie früher nie gab, der Klimawandel ermöglicht ihr Überleben.

Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung erfordern Wissen über die Ausbreitungswege und die Interaktionen der beteiligten Organismen. Diese Schnittstelle zwischen Medizin und Ökologie ist bisher kaum beachtet. „Einmal mehr braucht es inter- und transdisziplinäre Forschung, um jetzt und in Zukunft wirksame Maßnahmen treffen und die Lebensqualität der Weltbevölkerung verbessern zu können“, meint Prof. Klement Tockner, Leiter des Leibniz-Verbundes Biodiversität.

Mit der zweiten „Internationalen Konferenz zu Biodiversität und den Millennium-Entwicklungszielen der Vereinten Nationen“ will Tockner Forscher zusammenbringen, die genau an dieser Schnittestelle arbeiten.

Experten aus aller Welt präsentieren in Berlin ihre Erkenntnisse zu Ausbreitungswegen und -bedingungen von Humankrankheiten wie SARS, HIV und Hantavirus, aber auch solchen, die indirekt unsere Gesundheit schädigen können, wie z.B. Pilzsporen in Nutzpflanzen. Organisiert wird die Konferenz vom Leibniz-Verbund Biodiversität und dem französischen Institut Ecologie et Environnement-Centre National de la Recherche Scientifique (InEE-CNRS), kofinanziert wird sie von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Derzeit durchlaufen die Medien Meldungen zu einer neuen Variante von SARS. Solche so genannten Corona-Viren werden vorrangig von Fledermäusen übertragen – allerdings meist in den tropischen Regenwäldern. Da der Mensch immer weiter in ihre bisher verborgenen Lebensräume eindringt, kommen beide immer häufiger in Kontakt. Die Viren passen sich an und werden zu neuen Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung.

„Bei uns unterstützt u.a. der Mangel an biologischer Vielfalt in der Agrarlandschaft, aber auch die geringe Vielfalt landwirtschaftlicher Nutzung, die Ausbreitung von Krankheiten“, weiß Prof. Arthur Geßler vom Leibniz Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg. So steige bspw. durch die rückläufige Zahl im Freiland gehaltener Wiederkäuer das Risiko, sich mit Borreliose anzustecken. Die bakteriellen Erreger werden von Zecken übertragen. „Saugt eine infizierte Zecke jedoch auf Wiederkäuern, sterben die Bakterien aufgrund bestimmter Antikörper ab.“

Geßler leitet zusammen mit seinem Institutskollegen Dr. Michael Glemnitz eine Session zu der Frage, welchen Einfluss Landschaftsstrukturen auf die Verbreitung von Krankheitserregern und ihrer Überträger (Vektoren) wie z.B. Mücken, Zecken und deren Wirtstiere haben. Ziel des wissenschaftlichen Austauschs soll auch sein, Maßnahmen zur Eindämmung solcher Krankheiten zu finden und Politikempfehlungen geben zu können. Durch die derzeit starke Förderung in der EU von Energiepflanzen und den Umbruch von extensiv genutztem Weideland ist die Haltung von Rindern, Schafen und Ziegen im Freiland wenig attraktiv. „Ein wirksames Management der Borreliose könnte also beispielsweise eine stärkere Förderung von Grünland und extensiver Rinder- und Schafhaltung in der Agrarpolitik sein“, meint Geßler.

Im NeFo-Interview erzählen Geßler und Glemnitz, welche Faktoren zur Ausbreitung von Infektionskrankheiten beitragen, wozu das Wissen über die Zusammenhänge zwischen Krankheiten, Landschaftsstruktur und biologischer Vielfalt wichtig ist und wie dieses Wissen in die praktische Bekämpfung von Krankheiten einfließen könnte. Organisator Prof. Klement Tockner spannt im zweiten NeFo-Interview den Bogen zur Bedeutung der Thematik und interdisziplinärer Konferenzen für die internationalen Politikprozesse rund um die Biodiversität und Ökosysteme.

Den gesamten Artikel und die Interviews finden Sie unter:
http://www.biodiversity.de/index.php/de/fuer-presse-medien/top-themen-biodiversitaet
Das Programm zur Konferenz finden Sie unter:
http://www.leibniz-verbund-biodiversitaet.de/aktuelles-aktivitaeten/konferenzserie/upcoming-conferences/

Presseakkreditierung bitte unter biodiv-conf-2013(at)wgl.de

Ansprechpartner:
Sebastian Tilch
NeFo-Pressereferent
Telefon: 0341-235-1062
E-Mail: sebastian.tilch@ufz.de
Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland (NEFO) ist eine Kommunikationsplattform für Wissenschaftler und Anwender von Wissen zur biologischen Vielfalt. Das Projekt wird im Rahmen von DIVERSITAS-Deutschland e.V. (www.diversitas-deutschland.de) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Ein wichtiges Ziel ist es, die Forschung unterschiedlicher Disziplinen, die sich mit gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zur Biodiversität befasst, stärker ins öffentliche Licht zu stellen. Hierzu stehen direkte Ansprechpartner für Fragen aus Medien, Politik und Öffentlichkeit bereit, arbeiten aktuelle Themen auf und vermitteln Experten.

Projektpartner sind das Museum für Naturkunde Berlin, Universität Potsdam und Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ.

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Sebastian Tilch UFZ News

Weitere Informationen:

http://www.biodiversity.de

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