Von schlummernden Viren und geruchsgesteuerten Pflanzenläusen

Jetzt reift unser heimisches Beerenobst. Kirschen und Himbeeren kitzeln den Gaumen. Doch reiche Obst-Ernten sind keine Selbstverständlichkeit, denn die süßen Früchte munden Schädlingen ebenso wie uns.

Während man die Maden von Kirschfruchtfliegen noch mit bloßem Auge auf frischer Tat ertappt, braucht es für den Nachweis schädlicher Viren ein gehörige Portion Expertenwissen. Die internationalen Forscher, die sich mit Viruskrankheiten und anderen durch Pfropfung übertragene Obst-Krankheiten auskennen, treffen sich noch bis 10. Juli in Neustadt an der pfälzischen Weinstraße.

Die 21te Konferenz zu „Virus and other Graft Transmissible Diseases of Fruit Crops“ versammelt auf Einladung des Julius Kühn-Instituts (JKI) und der RLP AgroScience GmbH 200 Wissenschaftler aus 43 Ländern. Auf der Konferenz werden Viruskrankheiten und ihre Erreger von Apfel und Pflaume über Pfirsich und Walnuss bis hin zu Zitrusfrüchten behandelt.

Viruskrankheiten an Obst sind wegen ihrer unspezifischen Symptome oft schwer nachzuweisen was ihre Bekämpfung erschwert. So wurden am Julius Kühn-Institut in Dossenheim (ehemals Biologische Bundesanstalt) Labormethoden (basierend auf RT-PCR) entwickelt, mit denen sich das tückische Apfelstammfurchungsvirus, kurz ASGV, eindeutig in verschiedenen Geweben nachweisen lässt. Das Virus schlummert in den Apfelbäumen und lässt Baum und Früchte schlecht wachsen. Da bisher nicht bekannt ist, wie das Virus in die Bäume gelangt, kann seiner Ausbreitung nur vorgebeugt werden, indem vor jeder Veredlung überprüft wird, ob das Pflanzenmaterial virusfrei ist. Sowohl Apfelreiser die innerhalb Deutschlands verschickt werden, als auch Pflanzenmaterial, das aus anderen Ländern oder Übersee stammt, müssen in Laboren untersucht werden und ein Zertifikat erhalten.

Ein weiterer Schwerpunkt am Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (Standort Dossenheim) ist die Erforschung so genannter Phytoplasmen. Das sind pflanzenpathogene Bakterien ohne Zellwand, die ähnlich wie Viren nur in lebendem Wirtsgewebe wachsen. Sie werden durch Insekten übertragen. Ihr eigener Stoffwechsel ist so stark reduziert, dass lebensnotwendige Bio-Moleküle aus den Wirtszellen importiert werden müssen. Mehr als 700 Pflanzenkrankheiten werden von Phytoplasmen verursacht, darunter auch die Apfeltriebsucht. Die Forscher konnten zeigen, dass die Überträger der Phytoplasmen, springenden Läuse namens Cacopsylla picta, einen mit Phytoplasmen infizierten Baum am Geruch erkennen und ansteuern. Diese Geruchsänderung wird durch die Krankheitserreger hervorgerufen, die damit ihre Überträger manipulieren und zu sich locken und so die weitere Ausbreitung der Krankheit vorantreiben.

Dies ist nur eine Auswahl der Ergebnisse, die auf der internationalen Konferenz vorgestellt werden. Zur gestrigen Eröffnung dieser größten Konferenz zu Viruserkrankungen bei Früchten begrüßten der Staatssekretär des Rheinland-Pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft, Transport Land- und Weinwirtschaft, Siegfried Englert, der Bürgermeister von Neustadt, Hans Georg Löffler, sowie der Präsident des gastgebenden Julius Kühn-Instituts, Dr. Georg Backhaus, die Gäste aus Nah und Fern.

Kontakt über die Pressestelle des JKI oder bis 10.7. über das Tagungsbüro in Neustadt Tel: 06321 / 926840

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Wilhelm Jelkmann
Leiter des Instituts für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau am
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
E-Mail: wilhelm.jelkmann (at) jki.bund.de

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Stefanie Hahn idw

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