Wenn Kliniker und Forscher über den Tellerrand schauen – 1. ECRC „Franz-Volhard“ Symposium am MDC

Dem Holzforscher Prof. Francis W. M. R. Schwarze (Empa, Schweizerische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt1 St. Gallen, Schweiz) ist es gelungen, das Holz für eine Geige mit Hilfe von besonderen Pilzen so zu verändern, dass der Klang des Instruments einer Stradivari zum Verwechseln ähnlich ist.

In seiner Festrede beim 1. ECRC „Franz-Volhard“ Symposium am Max Delbrück Centrum (MDC) am 7. September 2012 in Berlin berichtete er über seine Forschungen und gab einen Ausblick, was seine Entwicklung gerade für junge Musiker bedeuten könnte.

Prof. Annette Grüters-Kieslich, Dekanin der Charité – Universitätsmedizin Berlin, hob zum Auftakt des Symposiums die Bedeutung der Verknüpfung von Grundlagenforschung mit klinischer Forschung hervor. „Ziel dieser engen Zusammenarbeit ist es, die dabei gewonnenen Erkenntnisse rascher für Diagnose und Therapie bei Patienten einsetzen zu können.“

„Die fachübergreifende Zusammenarbeit von Forschern und Klinikern, das hat sich das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch seit seiner Gründung vor 20 Jahren zur Maxime gemacht“, sagte MDC-Vorstandsvorsitzender Prof. Walter Rosenthal. Zugleich hob er die Bedeutung des Experimental and Clinical Research Center (ECRC) für die klinische Forschung hervor, welches das MDC und die Charité – Universitätsmedizin Berlin seit 2007 gemeinsam auf dem Campus Berlin-Buch betreiben und mit jährlich jeweils sechs Millionen Euro unterstützen. „Was wir hier im Kleinen erfolgreich begonnen haben, wollen wir in Zukunft in einem größeren Rahmen fortsetzen“, erklärten Prof. Grüters-Kieslich und Prof. Rosenthal mit Blick auf die geplante engere institutionelle Verzahnung von MDC und Charité weiter.

Die Organisatoren der Tagung, Prof. Friedrich Luft, Direktor des ECRC, und Prof. Dominik Müller (ECRC), wollen deutlich machen, dass Forscher und Kliniker überraschende neue Einsichten gewinnen, etwa über die Entstehung von schweren Krankheiten, wenn sie über den Tellerrand des eigenen Fachgebiets hinausschauen. So hat sich gezeigt, dass das Immunsystem nicht nur für die Abwehr von Krankheiten zuständig ist, sondern auch den Salz- und Flüssigkeitshaushalt sowie den Blutdruck beeinflussen kann. Darüber berichtet Prof. Jens Titze (University of Vanderbilt, Nashville, Tennessee, USA und Universität Erlangen), einer der führenden Experten auf diesem Gebiet, auf der Berliner Tagung.

Prof. Ken Bernstein (Cedars-Sinai Medical Center, Los Angeles, Kalifornien, USA) wird neue Erkenntnisse zu einem Enzym (ACE, Angiotensin Converting Enzyme) vorstellen, das unter anderem den Flüssigkeitshaushalt des Körpers reguliert. Neue Erkenntnisse legen nahe, dass ACE auch das Immunsystem beeinflusst und hilft, das Wachstum von Tumoren einzudämmen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Kongresses befasst sich mit einer Gruppe von Faktoren (VEGF, vascular endothelial growth factor), die der Körper produziert, um das Wachstum von Blut- und Lymphgefäßen zu steuern. Doch auch einige Tumoren produzieren VEGF, um ihre Blutversorgung zu sichern. Ein Ansatz der Tumortherapie ist daher die Blockade von VEGF, die unter anderem auf Forschungen von Prof. Kari Alitalo (Biomedicum Helsinki, Finnland), zurückgeht. Jedoch löst die Hemmung von VEGF Bluthochdruck aus. Prof. Alitalo wird auf dem Symposium einen Überblick über die zahlreichen Einsatzgebiete der Wachstumsfaktoren in der Herz-Kreislauf- und in der Krebsforschung geben.

Eine Untergruppe dieser Wachstumsfaktoren spielt außerdem eine wichtige Rolle bei Bluthochdruck in der Schwangerschaft (Präeklampsie), einer der gefährlichsten Komplikationen für Mutter und Kind. Über die nur schwer mit Medikamenten zu behandelnde Erkrankung referiert Prof. Ananth Karumanchi (Beth Israel Deaconess Medical Center & Harvard Medical School, Boston, Massachusetts, USA), der die Bedeutung der Wachstumsfaktoren für die Präeklampsie entdeckt hat.

Einen Übersichtsvortrag zum Immunsystem hält der Immunologe und Nobelpreisträger Prof. Zinkernagel (Universität Zürich, Schweiz). Er vertritt die Ansicht, dass das „immunologische Gedächtnis“ eine eher untergeordnete Rolle beim Schutz vor Krankheiten spielt, da dessen Entwicklung zu langsam und zu ineffektiv sei. Stattdessen müsse das Immunsystem immer wieder von Neuem mit den jeweiligen Erregern konfrontiert werden, damit genügend Antikörper und voraktivierte T-Zellen erhalten bleiben. Nach seiner Ansicht ist dieses Verständnis wichtig, um eine schützende Immunität in der Bevölkerung vor alten und neuauftretenden Infektionskrankheiten aufrechterhalten zu können.

An dem zweitägigen Symposium nehmen rund 220 Wissenschaftler aus den USA, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz teil. Es ist benannt nach Franz Volhard (1872 – 1950), einem deutschen Internisten, der die Nierenheilkunde als eigenständiges Fachgebiet begründete. Der Schwerpunkt seiner Arbeiten galt der Funktion der Nieren, dem Bluthochdruck sowie den Herz-Kreislauferkrankungen. Er erkannte als erster, dass Nierenerkrankungen zu Bluthochdruck führen können. Seine Forschungen gelten als richtungsweisend und viele seiner Erkenntnisse sind bis heute gültig.

1Empa, Swiss Federal Laboratories for Materials Science and Technology

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