Jahrestagung der Verfahrenstechniker und Biotechnologen in Aachen eröffnet

„Wir haben eigentlich gar kein Energieproblem, wir haben ein Energieverteilungsproblem.“ erläuterte Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der TU Dresden im Festvortrag der Eröffnungssitzung, „Überall dort, wo man gut und viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen kann, brauchen wir ihn nicht.“

Sowohl dem Problem der Energieverteilung als auch der Herausforderung, sicheren und kostengünstigen Strom nachhaltig zu produzieren, will sich die von Prof. Müller-Steinhagen vorgestellte DESERTEC Industrial Initiative (Dii) stellen.

Ziel dieser Initiative aus 41 Mitgliedsfirmen ist es, bis 2050 15% des in Europa benötigten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen in Nordafrika zu beziehen. Die größte Rolle spielt dabei die Stromerzeugung aus Sonnenenergie durch solarthermische Kraftwerke. Der Strom soll dann mittels Hochspannungsgleichstromtechnik (HGÜ) verlustarm nach Europa transportiert werden. Was noch wie eine ferne Zukunftsvision anmutet, ist jedoch sowohl technisch als auch ökonomisch bereits realisierbar: „Wir reden hier nicht über Technologien, die noch einen Nobelpreis bekommen müssen, sondern über Technologien, die tatsächlich vorhanden sind“, stellte Prof. Müller-Steinhagen klar. In Kalifornien und Spanien sind bereits vergleichbare solarthermische Kraftwerke in Betrieb. Obwohl Sonnenenergie das größte Potential für die Stromerzeugung bietet, betonte der Vorsitzende des Beirats der Dii, dass die Stromversorgung der Zukunft aus einem Mix aus verschiedenen erneuerbaren Energien und fossilen Energieträgern bestehen wird.

Ein anderes weitreichendes Thema ist die Versorgung mit mineralischen Rohstoffen, wie Dr. Henrike Sievers von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) darstellte. Da Deutschland nur über wenig Bodenschätze verfügt, ist es auf internationale Kooperationen mit rohstoffreichen Ländern angewiesen. China ist beispielsweise Produzent von 97% des Weltbedarfs von Seltenen Erden, die für die Produktion vielfältiger elektronischer Produkte wie z.B. Bildschirmen und Mobiltelefonen benötigt werden. Auch bei anderen metallischen Rohstoffen wie Kobalt, das hauptsächlich aus dem Kongo stammt, ist Deutschland auf den Import angewiesen. Gerade für den Einsatz in Zukunftstechnologien wie Energie-, Umwelt- oder Medizintechnik wird ein steigender Bedarf an metallischen Rohstoffen erwartet. Sowohl Frau Dr. Sievers als auch Dr. Hans-Jürgen Wernicke, Vorsitzender der DECHEMA e.V., der im Rahmen der Pressekonferenz mit anwesenden Journalisten diskutierte, waren sich jedoch einig, dass aus wirtschaftlichen Abhängigkeiten innovative Technologien erwachsen, um diese Rohstoffe entweder zu recyceln, zu ersetzen oder ihre Materialeffizienz zu erhöhen. Hintergrundinformationen über die Rohstoffversorgung liefert auch die Studie „Rohstoffbasis im Wandel“ der DECHEMA e.V. und anderen wissenschaftlich-technischen Organisationen zu diesem Thema, die auch zum Download in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung steht.

Mit Japan, einem wie Deutschland rohstoffarmen, aber innovationsstarken Land war eine weitere asiatische Nation Gegenstand der Debatte: Dr. Ulrich Behrendt, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung deutscher Biotechnologie-Unternehmen (VBU) nutzte das Podium, um den 1520 Tagungsteilnehmern die neue Studie „Biotechnologie in Japan“ vorzustellen. Viele gemeinsame Themen, darunter auch ähnliche Probleme wie eine zunehmende Überalterung beider Gesellschaften, schaffen eine starke Basis für Kooperationen beider Länder. Die Studie ist bei der DECHEMA e.V. erhältlich und will deutsche Biotech-Firmen über wichtige Aspekte für den Markteinstieg in Japan informieren.

Auch in den kommenden Tagen ist für viel Diskussionstoff gesorgt: die ProcessNet-Jahrestagung und die 28. DECHEMA-Jahrestagung der Biotechnologen bietet noch bis zum 23. September 2010 ein facettenreiches Programm, unter anderem zu Themen wie nachwachsenden Rohstoffen, Bioraffinerien, Wärme- und Wasserstoffspeicherung. Am heutigen Mittwoch sorgt der von den kreativen jungen Verfahrensingenieuren (kjVI) organisierte ChemCar-Wettbewerb für rasante Unterhaltung. Neun studentische Teams gehen mit selbst konzipierten Fahrzeugen mit intelligenten chemischen Antriebsweisen an den Start, um den ChemCar-Pokal und das Preisgeld in Höhe von 2000 Euro zu erringen.

ProcessNet ist die deutsche Plattform für Verfahrenstechnik Chemieingenieurwesen und Technische Chemie. Hier treffen sich über 5.000 Mitglieder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung, um Erfahrungen auszutauschen, aktuelle Fragestellungen zu diskutieren und neue wissenschaftliche Trends zu identifizieren. ProcessNet ist eine gemeinsame Initiative von DECHEMA und VDI-GVC.

Media Contact

Dr. Christine Dillmann idw

Weitere Informationen:

http://events.dechema.de/jt2010

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Veranstaltungsnachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer