Internationales Meeting zu Neuroakanthozytose-Syndromen

Sidney (links) und sein Bruder Lieven leiden unter dem Chorea-Akanthozytose, einer seltenen, nicht heilbaren neurodegenerativen Erkrankung. Foto: Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden / Stephan Wiegand

Sidney Volger ist heute 28. Seit seinem 14. Lebensjahr leidet er an Chorea-Akanthozytose, einer seltenen neurodegenerativen Erkrankung, die Bewegungsstörungen und epileptische Anfälle hervorruft. Behandelt wird er von Prof. Andreas Hermann. „Einmal nach Sydney reisen, das wäre mein Traum“, sagt der junge Mann in einem Behandlungsraum der Neurologischen Poliklinik. Sidney ist seit acht Jahren Patient in der Ambulanz bei Prof. Hermann. Um seinen Traum zu erfüllen, müsste Sidney mit einer Begleitung reisen, denn er läuft permanent Gefahr, dass ihn seine Epilepsie für einige Momente der Wahrnehmung beraubt.

Die Anfälle sind eine Auswirkung der Chorea-Akanthozytose, einer seltenen neurodegenerativen Erkrankung. „Die Patienten, die mit diesem Syndrom zu uns kommen sind mit Bewegungsstörungen konfrontiert“, sagt Prof. Hermann, Leiter des Bereichs Neurodegenerative Erkrankungen an der Klinik und Poliklinik für Neurologie. „Oft haben sie kognitive Defizite und leiden häufig an einer Epilepsie.“

Mit diesen Problemen hat Sidney in den vergangenen Jahren gelernt umzugehen. Er war damals 14 als ihn sein Bruder vor dem Bett gefunden hat, damals mit den ersten Symptomen. Wenige Jahre später wird die genetisch bedingte Erkrankung auch bei seinem Bruder Lieven diagnostiziert. Beide Brüder waren sportlich, hatten viele Freunde und waren immer unterwegs. Ihr Blick zurück ist schmerzhaft.

Bislang ist die Erkrankung Chorea-Akanthozytose, die zu den Neuroakanthozytose-Syndromen zählt, nicht heilbar. Mit Medikamenten lassen sich die Symptome zumindest zeitweise behandeln. Im Rahmen eines von Prof. Hermann geleiteten europäischen Forschungskonsortiums (EMINA-2; gefördert im Rahmen des E-Rare JTC 2012) entwickelten die Dresdner erste Konzepte zur zugrundeliegenden Pathophysiologie.

Dabei zeigte sich zum einen eine Überaktivität des Lyn-Kinase-Signalweges, andererseits eine Fehlfunktion der sogenannten ORAI-Kanäle. Für beides gibt es bereits in anderen Indikationen zugelassene Arzneimittel. Lieven und Sidney bekommen im Rahmen eines individuellen Heilversuches ein bereits zur Leukämiebehandlung zugelassenes Medikament, das aber bei Chorea-Akanthozytose noch nie eingesetzt wurde – und es wirkt.

Das internationale Meeting zu Neuroakanthozytose-Syndromen wird vom 23. bis 25. März 2018 erstmalig in Dresden stattfinden und steht in der Tradition vorangegangener Konferenzen unter internationaler Beteiligung von Wissenschaftlern, Ärzten sowie Patienten und deren Betreuern. Es ist gelungen, sämtliche führenden Wissenschaftler aus Europa, USA und Japan nach Dresden einzuladen.

Programm link: https://www.uniklinikum-dresden.de/neuroacanthocytosis-syndromes-meeting

„Dass die Konferenz nun in Dresden stattfindet zeigt, dass die hier ansässige Arbeitsgruppe mittlerweile eines der größten Zentren in Europas bildet, das Patienten mit diesen seltenen neurodegenerativen Erkrankungen behandelt. Über die etablierte – symptomatische Therapie hinaus ist die frühe klinische Translation grundlagenwissenschaftlicher Er-kenntnisse eines der erklärten Ziele“, erklärt Dr. Kevin Peikert, Mitarbeiter der Dresdner Spezialambulanz für Neuroakanthozytose-Syndrome und Kongresssekretär (www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institute/neu/ambulanzen-1/neuroakanthozytosesyndrome).

Der letzte Kongress dieser Art fand vor zwei Jahren in Ann Arbor, Michigan, USA statt. In Dresden geht es nun darum, mit sämtlichen führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet weitere grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse der vergangenen beiden Jahre auszutauschen. Die frühe klinische Translation dieser Erfahrungen gewinnt immer mehr an Bedeutung, ebenso das Erreichen von „clinical trial readiness“.

Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Bereich Neurodegenerative Erkrankungen
Leiter: Prof. Dr. med. Dr. rer. med. Andreas Hermann
Telefon: 0351 458 25 32
E-Mail: andreas.hermann@uniklinikum-dresden.de

http://www.uniklinikum-dresden.de/neu
http://www.emina2.de/

Media Contact

Stephan Wiegand idw - Informationsdienst Wissenschaft

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