Internationale Epigenom-Forscher treffen sich in Berlin

„Als deutsche Beteiligung und zentraler Partner in IHEC hat DEEP in den vergangenen fünf Jahren nachhaltige Beiträge zur internationalen Epigenomforschung, einer Kerndisziplin der modernen personenorientierten Biomedizin, geleistet und das Konsortium maßgeblich mitgeprägt“, resümiert Prof. Jörn Walter, Universität des Saarlandes, Koordinator des DEEP-Konsortiums und stellvertretender Chair des IHEC International Scientific Steering Committee.

In den vergangenen fünf Jahren wurde in IHEC weltweit daran gearbeitet, 1.000 hochaufgelöste menschliche Referenz-Epigenomkarten für gesunde und krankhafte Zelltypen zu erstellen und der Wissenschaftsgemeinschaft frei zugänglich zu machen. Zu Beginn war die Bedeutung und Tragweite dieser Forschung nur schwer einzuschätzen. Deutschland beteiligte sich mit dem Programm DEEP und der Generierung von mehr als 70 Epigenomen.

Der Fokus von DEEP lag auf der Analyse von Zellen, die bei Stoffwechselerkrankungen und entzündlichen Erkrankungen eine zentrale Rolle spielen. Als eines der ersten Projekte weltweit konzentrierte sich DEEP hierbei auf die Untersuchung von Originalzellen menschlicher Probanden. In enger Zusammenarbeit mit Klinikern und Grundlagen-Forschern wurden neue experimentelle Methoden entwickelt, solche schwierigen Zellen schonend zu gewinnen und die epigenetischen Signalmoleküle möglichst unversehrt aus diesen zu extrahieren.

So wurde beispielsweise durch eine DEEP-Forschungsgruppe am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum erstmalig die komplexe epigenetische Entwicklung von langlebigen T-Gedächtniszellen nachvollzogen. Diese spezialisierten Zellen des Immunsystems sind einerseits essenziel für die Abwehr von Krankheitserregern, können andererseits jedoch auch Autoimmunerkrankungen verursachen, wenn die körpereigenen Kontrollmechanismen versagen.

Neue Erkenntnisse zur Rolle von angeborenen Immunzellen und deren Rolle bei der Entstehung von Krankheiten lieferte eine Zusammenarbeit von Forscherteams der Uni Duisburg-Essen und Klinikern der Uni Regensburg.

Gemeinsame Projekte des Instituts für Arbeitsmedizin in Dortmund, des deutschen Lebernetzwerkes „Hepatosys“ und der Universität Saarbrücken widmeten sich der Erforschung früher chronisch-epigenetischer Veränderungen von Leberzellen, die eine beginnende Fetteinlagerung aufweisen.

Der Ursache entzündlicher Prozesse in Bindegewebszellen von Gelenken sind Forscher aus Münster auf der Spur, die Gründe für chronische Entzündungen im Darm untersuchen Forscher aus Kiel. Das gemeinsame Ziel dieser Arbeiten ist es herauszufinden wann, warum und wie Zellen sich in chronischen Prozessen verändern.

In all diesen Projekten wurden im DEEP-Projekt seit 2012 große Mengen digitaler epigenetischer Daten für die einzelnen Zellen erstellt. Um diese Daten zu verarbeiten mussten sichere und nachhaltig arbeitende Datenbanken am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ aufgebaut werden. Von Kollegen in Saarbrücken, Berlin und Freiburg wurden dann neue Computerprogramme erstellt mit denen diese vielschichtigen, komplexen und neuartigen Daten verarbeitet und interpretiert werden konnten mit dem Ziel genau jene epigenetische Markierungen zu finden die man als „Zeichen“ der Erkrankung werten kann. Die Epigenome bergen aber noch eine Reihe tieferer Geheimnisse, deren Entschlüsselung die Aufgabe der nächsten Jahre sein wird. Dieser Schatz wird noch vielen Forschern als reiche Informationsquelle dienen – DEEP und IHEC haben die Grundlage für diese Forschung gelegt.

Die vergangenen Jahre galt es zunächst die Daten zu erzeugen. Nur ein Teil dieser Daten konnte bislang ausgewertet und in international anerkannten Journalen veröffentlicht werden – den überwiegenden Teil des Datenschatzes gilt es noch zu verstehen. Es zeigt sich aber, dass das genaue Betrachten dieses Datenschatzes einen tiefen Zugang in die epigenetische Programmiersprache von Zellen eröffnet. Hier bleibt auch zukünftig noch viel Raum für spannende Forschung. Die bisherigen Ergebnisse verdeutlichen dennoch, wie wichtig die Investition des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in das DEEP-Programm war und welche nachhaltigen Früchte es tragen wird.

Im Jahr vor seinem Abschluss präsentiert DEEP seine aktuellen Ergebnisse im Rahmen der IHEC-Tagung in Berlin. Hier diskutieren die Forscher vornehmlich noch unveröffentlichte Daten und neue Ansätze zur Datenanalyse mit den IHEC Kollegen aus aller Welt diskutiert.

IHEC/DEEP Meeting & Science Days
Das IHEC Annual Meeting findet am 12. Oktober 2017 im Kaiserin-Friedrich Haus in Berlin Mitte statt, gefolgt von den „Science Days“ am 13. und 14. Oktober 2017 im gleichen Veranstaltungsort.
Referenz: http://www.deutsches-epigenom-programm.de/de/forschung/publikationen/

Zugang zu Epigenom-Daten: Über das IHEC Data Portal können die von den verschiedenen IHEC-Mitgliedsprojekten veröffentlichten Daten abgerufen, dargestellt, durchsucht und heruntergeladen werden.

Über DEEP
Das Deutsche Epigenom Programm „DEEP“ ist ein interdisziplinäres Forschungsnetzwerk, das mit der Erstellung und Auswertung von bis zu 80 Referenz-Epigenomen einen innovativen Beitrag zum „International Human Epigenome Consortium“ leistet. DEEP konzentriert sich auf die Analyse von Zellen, die mit komplexen Erkrankungen von großer sozio-ökonomischer Bedeutung in Verbindung stehen: Stoffwechselerkrankungen wie Steatose und Adipositas sowie entzündliche Erkrankungen der Gelenke und des Darms. Ziel ist es, qualitativ hochwertige Daten für eine umfassende biomedizinische Analyse gesunder und kranker Zellen zu erzeugen. Das Programm trägt damit zur Entdeckung neuer, funktionaler epigenetischer Verbindungen bei, die zur klinischen Diagnose, Therapie und Prävention genutzt werden können. Alle erzeugten Daten werden öffentlich zugänglich gemacht und dauerhaft in die IHEC-Datenstruktur integriert. DEEP wird über eine Laufzeit von fünf Jahren (2012–2017) mit rund 20 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Die Partner in DEEP sind: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Deutsches Rheumaforschungs-Zentrum Berlin, EURICE – European Research and Project Office GmbH, IFADO Dortmund, Institut für Arbeitsmedizin Dortmund, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) Berlin, Max-Planck-Institut für Immunologie und Epigenetik Freiburg, Max-Planck-Institut für Informatik Saarbrücken, Max-Planck-Institut für molekulare Genetik Berlin, Qiagen AG Hilden, Sanofi-Aventis Höchst, Universität Duisburg-Essen, Universität Kiel, Universität Münster, Universität Regensburg, Universität des Saarlandes (Koordinator).

Weitere Informationen: http://www.deutsches-epigenom-programm.de/

Über IHEC
Das International Human Epigenome Consortium (IHEC) ist ein globales Konsortium mit dem primären Ziel, der wissenschaftlichen Gemeinschaft freien Zugang zu hochaufgelösten menschlichen Referenz-Epigenomkarten für gesunde und krankhafte Zelltypen zur Verfügung zu stellen. IHEC-Mitglieder unterstützen entsprechende Forschungsprojekte zur Verbesserung epigenetischer Technologien sowie zur Erforschung der Rolle epigenetischer Regulierungsprozesse und Genom/Umwelt-Interaktionen bei der Entstehung von Krankheiten. Basierend auf weltweiten Standards und experimentellen Ansätzen unterstützt IHEC die Systematisierung der internationalen epigenetischen Forschung und ermöglicht damit zum ersten Mal eine vergleichbare Datenanalyse. IHEC-Mitglieder sind derzeit: AMED-CREST/IHEC Team Japan; DLR-PT für das BMBF Deutsches Epigenom Programm DEEP; CIHR Canadian Epigenetics Environment, and Health Research Consortium (CEEHRC); European Union FP7 BLUEPRINT Project; Hong Kong Epigenomics Project; KNIH Korea Epigenome Project; the NIH/NHGRI ENCODE Project; the NIH Roadmap Epigenomics Program; and the Singapore Epigenome Project.

Über das IHEC Data Portal können die von den verschiedenen IHEC-Mitgliedsprojekten veröffentlichten Daten abgerufen, dargestellt, durchsucht und heruntergeladen werden.

Weitere Informationen: http://ihec-epigenomes.org/

Kontaktinformationen:
DEEP-Koordination
Professor Dr. Jörn Walter
Dept. of Genetics & Epigenetics
Universität des Saarlandes
Tel.: (0681) 3024367
E-Mail: j.walter@mx.uni-saarland.de

http://www.deutsches-epigenom-programm.de/

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Thorsten Mohr Universität des Saarlandes

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