Erneuerbare ins Netz!

Beim bisher größten Kongress über die Integration Erneuerbarer Energien in das Stromnetz betonten fast alle Referenten die Dringlichkeit der Optimierung, der Verstärkung und des Um- und Ausbaus der Strominfrastruktur, damit der auch von der aktuellen Bundesregierung verfolgte Zubau von Wind- und Sonnenkraftwerken mit der derzeitigen Dynamik fortgesetzt werden kann.

Der Flaschenhals der Energiewende sei derzeit nicht der Zubau neuer regenerativer Erzeugungskapazität, sondern der natur- und sozialverträgliche Umbau und die Ausrichtung der Infrastruktur an den variabel eingespeisten Strom, betonten Redner aus Politik, Unternehmen, Wissenschaft und Verbänden.

Ein gewichtige Rolle spielte bei dem vom Forum Netzintegration Erneuerbare Energien der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ausgerichteten zweitägigen Fachkongress im Umweltforum der Auferstehungskirche in Berlin die Frage, unter welchen Bedingungen der notwendige Umbau der Netze und die Errichtung zusätzlicher Stromtrassen von betroffenen Bürgerinnen und Bürger besser als bisher akzeptiert werden würde, um die Planungs- und Realisierungszeiten zu verkürzen. Vertreter von Bürgerinitiativen, die einen Netzausbau zur Integration Klima schonender Erneuerbarer Energien nicht grundsätzlich ablehnen, forderten von Netzbetreibern, Politik und Verwaltungen vor allem mehr Transparenz und mehr Informationen (zum Beispiel über so genannte Lastflussdaten, die über die Dringlichkeit bestimmter Vorhaben Auskunft geben), frühe Einbindung in Entscheidungsprozesse und mehr Mitspracherechte. Nur dies berge die Chance auf eine gütliche Einigung und letztlich verkürzte Verfahren bei der Realisierung.

„Wir betrachten diesen Kongress als großen Schritt in die richtige Richtung, weil er nicht nur umfassend den aktuellen Stand der Debatte abgebildet, sondern auch sehr konstruktiv nach vorn diskutiert hat“, sagte Peter Ahmels, der Leiter Erneuerbare Energien der DUH. „Das Problem der Netzintegration der Erneuerbaren Energien brennt unter den Nägeln. Wir können die Energiezukunft nur gewinnen, wenn wir dafür die notwendige Infrastruktur schnell entwickeln. Deshalb war es so wichtig, dass hier alle Vertreter durchaus widerstreitender Interessen in einen intensiven Austausch getreten sind“.

Ein Brennpunkt der Auseinandersetzungen um neue Stromtrassen war bei der Tagung neben der Minimierung der Eingriffe in die Natur durch neue Stromtrassen, die Frage der Erdverkabelung neuer Übertragungstrassen, dort wo sie nahe an Siedlungsgebiete heranreichen. Während führende Vertreter der Übertragungsnetzbetreiber, des Bundeswirtschaftsministeriums und der Bundesnetzagentur als zuständiger Regulierungsbehörde vor allem die „Bezahlbarkeit“ des Infrastrukturumbaus anmahnten, forderten Bürgerinitiativen und Naturschützer eine möglichst vollständige Erdverkabelung neuer Trassen auf der Hochspannungsebene (110 kV) und die Teilverkabelung in Siedlungsnähe und ökologisch sensiblen Regionen.

Wissenschaftler und Stromnetzexperten forderten als Konsequenz aus dem notwendigen Um- und Zubau von Trassen in eng besiedelten und durch Infrastrukturen schon heute stark in Anspruch genommen Regionen Deutschlands und Europas vorrangig solche Leitungstechnologien zur Stromübertragung weiterzuentwickeln, bei denen Freileitungen und Erdkabel problemlos kombiniert und die gut in das bestehende, konventionelle Wechselstromnetz integriert werden können.

Anlässlich der Tagung diskutierten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen das ganze Spektrum der mit dem Umbau der Strominfrastruktur verbundenen Fragen: Welche Rolle können neue Technologien wie intelligente Netze („Smart Grid“) spielen, brauchen wir transnationale oder sogar transkontinentale Stromnetze, welche dezentralen und zentralen Stromspeichertechnologien stehen zur Verfügung oder können zeitnah entwickelt werden?

Auf großes Interesse unter den Experten stieß ein erstmals öffentlich vorgetragener technischer Vorschlag aus der RWTH Aachen und der Universität Duisburg zur drängenden Frage der Übertragung großer Strommengen aus den Erzeugungsschwerpunkten (zum Beispiel künftige Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee) in die traditionellen Verbrauchszentren in West- und Süddeutschland. In jüngster Zeit waren dafür verlustarme Hochspannungs-Gleichstromleitungen (HGÜ) diskutiert worden, die aber bisher für große Leistungen nur als Freileitungen gebaut werden können. Andererseits haben konventionelle Höchstspannungsleitungen den Nachteil hoher Stromverluste auf langen Distanzen. Nach dem neuen Vorschlag sollen Wechselstromleitungen mit einer Frequenz von nur noch 16,7 Hertz die Vorteile der anderen Technikvarianten verbinden und die Nachteile vermeiden. Die Komponenten dieser Technologie mit dem Namen „AC +“ stehen bereits zur Verfügung. So fährt beispielsweise die Bahn mit der gegenüber den üblichen 50 Hertz auf ein Drittel abgesengten Frequenz. Allerdings wäre für den Fernleitungstransport ein „Hochskalierung“ aller technischen Komponenten zu leisten. 16.7-Hertz-Hochspannungskabel können sowohl als Freileitung als auch als Erdkabel verlegt werden kann.

Die anlässlich des Kongresses vorgetragenen Präsentationen werden zeitnah ins Internet eingestellt und können dann www.forum-netzintegration.de abgerufen werden.

Das Projekt Forum Netzintegration Erneuerbare Energien der Deutschen Umwelthilfe versteht sich als Plattform für ein breites Spektrum von Akteuren, die in unterschiedlicher Weise am Umbau der Strominfrastruktur beteiligt sind. Ziel des Forums ist es, die gesellschaftlichen Debatten über den notwendigen Netzumbau voranzutreiben und dabei einen fairen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zu gewährleisten. Das wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gefördert.

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Dr. Gerd Rosenkranz DUH

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