Land-, Energie- und schon bald Pharmawirt?

Viele Pflanzen enthalten bioaktive Substanzen, die eine große industrielle Nachfrage entfachen: Entsprechende Neuzüchtungen könnten schon bald eine wirtschaftliche Nische schaffen

Kolloquium „Sekundäre Metabolite“ am Donnerstag, 15. November 2007, ab 13:00 Uhr, Aula, Schloss-Mittelbau, Universität Hohenheim, 70599 Stuttgart

Ein Großteil von Pflanzen produziert Wirkstoffe, die sie für ihr primäres Wachstum nicht brauchen: Die Rede ist von so genannten sekundären Metaboliten. Das 22. Kolloquium des Forschungsschwerpunktes Biotechnologie und Pflanzenzüchtung beschäftigt sich mit zwei Wirkungsweisen solcher Sekundärmetaboliten, die zum einen von Pflanzen zur Abwehr von Schädlingen eingesetzt werden, zum anderen mit ihrer gesundheitsfördernden Wirkung die Gesundheit des Menschen unterstützen und Krankheiten vermeiden können.

Bei Befall von Schädlingen reagieren Pflanzen mit Widerstand. Durch Botenstoffe setzen sie bei sich und anderen Pflanzen ein exzellentes Abwehrsystem in Gang: Zur Schadenbegrenzung werden befallene Zellen abgekapselt, unangenehme Geschmacksstoffe verderben den Schädlingen den Appetit, Duftstoffe wehren die ungebetenen Gäste ab oder locken deren natürliche Feinde an.

„Unser Ziel ist es, Pflanzen zu züchten, bei denen solche Mechanismen verstärkt ausgeprägt werden“, bringt Prof. Dr. Gerd Weber, Sprecher des Forschungsschwerpunktes Biotechnologie und Pflanzenzüchtung, seine Zukunftsgedanken zum Ausdruck. „Dadurch können künftig weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden.“

Entsprechend ist die Schädlingsbekämpfung auch Schwerpunkt im ersten Programmteil des Kolloquiums. Als Einstieg beleuchten die Forscher den Pflanzenstoffwechsel, die Entstehung von sekundären Metaboliten und erläutern, wo die Züchtung ansetzen kann. Zwei weitere Vorträge behandeln Beispiele der Schädlingsabwehr: Signale zwischen Pflanzen, Insekten und deren Feinde sowie die Verteidigungsstrategie der Sonnenblume.

Besonders lukrativ könnte auch der Einsatz sekundärer Metaboliten in der Pharmazie sein. „Viele dieser Substanzen sind bioaktiv und werden zum Teil schon lange eingesetzt, um Krankheiten zu heilen oder die Nahrung zu verbessern“, sagt Prof. Dr. Weber. Dazu gehört zum Beispiel Herzmittel aus Fingerhut, Beruhigungsmittel aus Baldrian, entzündungshemmende Kamille oder wundheilende Ringelblume.

Besonders intensiv erforscht die Universität Hohenheim derzeit die Produktion von Wirkstoffen im Hopfen, mit denen Ärzte Tumore bekämpfen und Beschwerden in den Wechseljahren lindern. Der Umsatz im Hopfenbereich ist beeindruckend, denn für Letzteres wird für ein Gramm fast 10.000 Euro verlangt. „Gleichzeitig ist der Bedarf enorm: In Belgien wurde die gesamte Hopfenproduktion von einem Pharmakonzern aufgekauft. Hier wird eine ökonomische Lücke sichtbar“, sagt Prof. Dr. Weber. Für Landwirte tut sich in diesem Bereich auch eine interessante wirtschaftliche Nische auf.

Der zweite Teil des Kolloquiums beginnt deshalb mit einem medizinischen Vortrag über die Wirkung von sekundären Metaboliten auf Menschen am Beispiel des Wirkstoffs Quercetin. Am Beispiel Hopfen wird gezeigt, wie mit Hilfe biotechnologischer Verfahren die Produktion bioaktiver sekundärer Metabolite verbessert werden kann.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Gerd Weber, Universität Hohenheim, Sprecher des Forschungsschwerpunktes Biotechnologie und Pflanzenzüchtung

Tel.: 0711 459-22341, E-Mail: weberg@uni-hohenheim.de

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Florian Klebs idw

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