Internationale Tagung: "Alterskulturen und Potentiale des Alterns"

Alter und Medizin sind in der öffentlichen Meinung moderner Gesellschaften eng miteinander verbunden. Das „Alter“ ist aber nicht nur eine biologische, sondern auch eine soziale und kulturelle Tatsache. Als Objekt der Verhandlungen zwischen Wissensdiskursen ist es ein ebenso heterogenes wie problematisches Phänomen, das von Werturteilen und Weltanschauungen bestimmt wird.

Im Rahmen der internationalen Tagung „Alterskulturen und Potentiale des Alterns“ werden sich Vertreter der Disziplinen Medizingeschichte, Soziologie der Medizin, Germanistik, Anglistik, Kunstgeschichte und Wissenschaftsgeschichte gemeinsam mit dem Phänomen „Alter“ auseinandersetzen und die Chancen und Möglichkeiten des interdisziplinären Arbeitens ausloten.

Die Tagung umfasst vier Themenfelder, anhand derer das Phänomen Alter untersucht werden soll:

– Soziologische und psychologische Aspekte des Alterns
– Repräsentationen des Alters
– Diskursgeschichte des Alters
– Medizin- und Wissenschaftsgeschichte des Alters
In der Sektion „Soziologische und psychologische Aspekte des Alterns“ werden aktuelle Forschungen aus dem Umfeld der Share-Studie (Survey of Health, Age and Retirement in Europe) vorgestellt. Der Zusammenhang von sozialer Produktivität und Gesundheit wurde bislang z.B. in der Diskussion um neue Aufgabenfelder für aktive Senioren weitgehend vernachlässigt. Im Rahmen der auf der Tagung vorgestellten soziologischen Forschungsprojekte steht dieser Aspekt im Zentrum des Interesses. Die Untersuchungen wollen den öffentlichen Diskurs anregen, die Potentiale des Alters neu zu entdecken.

Altersrepräsentationen stellen vor allem in den Kulturwissenschaften ein zentrales Thema der Alternsforschung dar. Repräsentationen des Alters wollen keine naturgetreuen Abbilder alter Menschen entwerfen. Die Altersdarstellungen stellen vielmehr Sinnkonstruktionen dar, die neben einer realistischen Lesart mindestens eine weitere Bedeutungsebene eröffnen. Das Symbolfeld, in dem das „Alter“ eine übertragene Bedeutung gewinnt, wird aus Sicht von Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte über verschiedene Epochen hinweg verfolgt. Dabei wird das weite Spannungsfeld von schönem Alter in Heiligendarstellungen bis zu negativen Repräsentationen des Alters z.B. im Zusammenhang mit der „zänkischen Alten“, die sogar der Teufel fürchtet, aufgezeigt.

Auch in der Diskursgeschichte wird weniger nach den realen Lebensbedingungen alter Menschen gefragt, sondern in dieser Sektion wird an unterschiedlichste Texte die Frage gestellt, welche Deutungsmuster des Alters sie anbieten und welche Normen und Konventionen im Zusammenhang mit dem Leben alternder Menschen sie formulieren. In dieser Sektion werden neben literarischen Texten aus unterschiedlichen Epochen und Kulturräumen auch politische Texte wie z.B. die von der Bundesregierung herausgegebenen Altersberichte untersucht. In diesem Zusammenhang wird nicht nur der gesellschaftliche Leistungsdruck thematisiert, der auf alte Menschen ausgeübt wird, wenn Alter und Altern zunehmend als soziale Leistung verstanden wird. Es wird auch gezeigt, wie in literarische Darstellungen das Sterben der Eltern nicht nur in seinen psychischen Auswirkungen auf die Erfahrung des Alterns der Kinder ausübt. Zugleich lässt sich anhand literarischer Beispiele auch aufzeigen, dass mit dem Altern der Eltern selbstverständlich die gesellschaftliche Erwartung verbunden ist, die Pflege der eigenen Eltern zu übernehmen

In der abschließenden Sektion werden mit Medizin und Wissenschaftsgeschichte zwei auf den ersten Blick recht unterschiedliche Teilbereiche der Alter(n)sforschung verknüpft. Verbunden sind die Vorträge durch ihren historischen Ansatz. Über das gemeinsame Erkenntnisinteresse – Wie und seit wann wird „Alter“ erforscht? Welche kulturellen Konstrukte des Alters sind in unterschiedlichen Epochen zu entdecken? – suchen die Referenten einen Überblick über die wissenschaftliche Erforschung des Alters selbst zu geben. Zudem wird herausgearbeitet, mit welchen Zuschreibungen das Alterswerk von Autoren bedacht wird. Alte Künstler dienen in populärwissenschaftlichen Darstellungen zum Phänomen „Alter“ oft dazu, den Zusammenhang zwischen Produktivität und Langlebigkeit herzustellen. Sie werden aufgrund ihrer langen Produktivität zu einem positiven Beispiel für ein neues Altersbild stilisiert. Im Rahmen des Tagungsthemas stellt sich die Frage, ob diese positive Sichtwiese sich auch auf das Werk des Künstlers übertragen lässt.

Das Tagungskonzept wurde von der Projektgruppe „Kulturelle Variationen und Repräsentationen des Alter(n)s“, die 2005/2006 im Rahmen der Exzellenzinitiative „Geisteswissenschaften gestalten Zukunftsperspektiven“ des Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wurde, entwickelt. Dieser Projektgruppe gehören an:

Prof. Dr. Monika Gomille (Anglistik)
Prof. Dr. Herniette Herwig (Germanistik)
Dr. Christoph auf der Horst (Germanistik)
Prof. Dr. Andrea von Hülsen-Esch (Kunstgeschichte)
Prof. Dr. Hans-Georg Pott (Germanistik)
Prof. Dr. Johannes Siegrist (Medizinische Soziologie)
Prof. Dr. Jörg Vögele, Dr. Heiner Fangerau und Thorsten Noack (Geschichte der Medizin).

Neben Mitgliedern aus der Projektgruppe, konnten zahlreiche renommierte Altersforscher wie z.B. Prof. Dr. Gerd Göckenjan (Universität Kassel), Prof. Dr. Peter Rusterholz (Universität Bern), Prof. Dr. Jean-Claude Schmitt (Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales, Paris) und Prof. Dr. Pat Thane (Institute of Historical Research, London) als Referenten gewonnen werden.

Die Teilnahme an den Vorträgen ist kostenlos.

Rahmenprogramm: „Zum Sterben schön! Der Tod in Literatur, bildender Kunst und Musik“ – Ausstellung vom 3. Dezember 2006 bis 21. Januar 2007

Lesung von Tatjana Kuschtewskaja „Hier liegt Freund Puschkin …“, Komposition von Marina Kalmykova, 6. Dezember 2006 um 18 Uhr

Veranstaltungsort:
Goethe-Museum Düsseldorf. Schloss Jägerhof, Jacobistraße 2, 40211 Düsseldorf
Tagungskonzept: Projektgruppe „Kulturelle Variationen und Repräsentationen des Alter(n)s“, Dr. Christoph auf der Horst, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf,

Universitätsstr. 1, Geb. 16.11, D-40225 Düsseldorf , http://www.uni-duesseldorf.de/alternsforschung

Information:
Miriam Seidler, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Germanistisches Seminar II, Lehrstuhl Prof. Dr. Henriette Herwig, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf

Tel. 0211-8115907; Fax 0211-8115941, seidler@phil-fak.uni-duesseldorf.de

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Rolf Willhardt idw

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