Neue Wirkstoffe, neue Kombinationen, neue Galenik: Innovative Medikamente für die Schmerztherapie

Die Substanz Zikonotid ist ein neuer Wirkstoff und verkörpert ein neues Wirkprinzip in der Schmerzmedizin. Bei dem Medikament handelt es sich um das synthetische Äquivalent eines Giftes der Kegelschnecke (Conus Magus). Zikonotid wird über eine Medikamentenpumpe direkt in den Wirbelkanal in die Nähe des Rückenmarks appliziert. »Zikonotid ist die erste Substanz, bei der in umfangreichen klinischen Studien der Nachweis erbracht wurde, dass sie bei dieser Form der Applikation wirksam ist«, erklärt DGS-Vizepräsident Dr. Michael Überall vom Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie in Nürnberg. Das Medikament wirkt anders als etwa Opioide.

Es beeinflusst bestimmte Calciumkanäle, die bei der Weiterleitung von Schmerzimpulsen im Rückenmark eine Rolle spielen. Bislang wurde das Medikament bei Patienten mit starken chronischen eingesetzt, deren Schmerzen durch eine Behandlung mit Opioiden und anderen verfügbaren Therapien nicht ausreichend gelindert werden konnten.

Allerdings profitieren nicht alle Patienten von der Substanz. Darum wird eine Studie anlaufen, bei der Michael Überall und seine Kollegen untersuchen und dokumentieren, an welchem Schmerztyp Patienten leiden, die mit Zikonotid behandelt wurden. »So hoffen wir, dass wir jene Patienten identifizieren können, die von dieser Therapie profitieren«, erklärt Überall.

Auch die Kombination des Opioids Oxycodon mit einem Opioid-Gegenspieler Naloxon gehört zu den Innovationen dieses Jahres. Das Medikament wurde auch von den Zulassungsbehörden als besonders wichtig eingestuft und daher in einem beschleunigten Verfahren zugelassen. Die intelligente Wirkstoffkombination reduziert eine unerwünschte Nebenwirkung jedweder Opioid-Therapie: Darmfunktionsstörungen. Diese können die Lebensqualität der Patienten gravierend beeinträchtigen. Im Gegensatz zu anderen Nebenwirkungen der Opioide, etwa Übelkeit oder Müdigkeit, die sich in den meisten Fällen binnen kurzer Zeit bessern, verschwinden die Nebenwirkungen am Darm nicht: Denn auch dort gibt es jene Bindungsstellen (Rezeptoren), an denen Opioide angreifen. Der Opioid-Gegenspieler Naloxon blockiert diese Rezeptoren im Darm und verhindert so, dass sich das Opioid anlagern kann.

Kurz vor der Zulassung steht ein Impfstoff gegen die Gürtelrose (Herpes Zoster) und ihre gefürchteten Komplikationen: chronische Nervenschmerzen. »Auslöser einer Gürtelrose sind Varizella-Zoster-Viren, die Erreger der Windpocken«, erklärt DGS-Vizepräsident Dr. Uwe Junker vom Sana-Klinikum in Remscheid. Bei Menschen, die in ihrer Jugend mit diesen Erregern infiziert wurden, gehen die Erreger in Ganglienzellen auf Tauchstation. Wird die zelluläre Immunabwehr bei älteren Menschen schwächer oder durch Erkrankungen gehemmt, werden die Viren erneut aktiv und verursachen dann eine Gürtelrose. Bei etwa der Hälfte der betroffenen Patienten kommt es dann zu Komplikationen, die umso problematischer verlaufen, je älter die Patienten sind. Zwar können die Viren mit Medikamenten bekämpft werden, doch bei den oft folgenden langanhaltenden oder chronischen Nervenschmerzen sieht es schwieriger aus. »Wir können diese Schmerzen mit verschiedenen Medikamenten behandeln«, sagt Junker. »Doch die Therapie ist schwierig, oft können wir nur lindern.« Hinzu kommt, dass ältere Patienten oft viele andere Medikamente benötigen, so dass es zu Wechselwirkungen kommen kann. »Darum stellt der Impfstoff eine Bereicherung dar«, so Junker. Es handelt sich bei dem Impfstoff um einen Lebendimpfstoff aus abgeschwächten Viren. »Dieser sorgt dafür«, erklärt Michael Überall, »dass die zelluläre Immunabwehr auf die Erreger gelenkt wird.« Als Impfstoff für Kinder gibt es die Vakzine schon seit einiger Zeit – für die erwachsenen Patienten wurde der Gehalt an abgeschwächten Viren um den Faktor 14 erhöht. Getestet wurde der Impfstoff an rund 40 000 Patienten. Resultat: Bei den Geimpften sinkt die Häufigkeit einer Gürtelrose um die Hälfte, die Häufigkeit der akuten Belastungen durch die Erkrankungen sinkt um 61 Prozent, die Häufigkeit der nachfolgenden Neuralgie um 65 Prozent.

Innovationen gibt es auch im Bereich der Galenik von Arzneimitteln. »Die Behandlung chronischer Schmerzen erfordert eine Rund-um-die-Uhr-Analgesie, und nicht eine Analgesie nur bei Bedarf«, erklärt DGS-Präsident Dr. Gerhard Müller-Schwefe. Mit einem schnellen Konzentrationsanstieg einer Substanz sind auch mehr Nebenwirkungen verbunden. Darum sind retardierte Darreichungsformen, welche die Wirkstoffe verzögert und kontinuierlich freisetzen, von großer Bedeutung. So steht seit diesem Jahr beispielsweise die Substanz Flupirtin in einer retardierten Form zur Verfügung. Das Medikament wird zur Behandlung von Rückenschmerzen eingesetzt. »Das Medikament kann die Intensität von Rückenschmerzen binnen einer Woche hochsignifikant senken«, sagt Müller-Schwefe.

Auch für Opioide gibt es neue »Verpackungen«, etwa für Hydromorphon. Eine spezielle Galenik sorgt dafür, dass das Medikament nur einmal täglich eingenommen werden muss. Wenn Patienten keine Tabletten oder Kapseln mehr schlucken können, können die Schmerzen durch opioidhaltige Pflaster behandelt werden. Hier stehen ebenfalls neue langwirksame und niedrig dosierte Versionen zur Verfügung.

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Barbara Ritzert presseportal

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