Sexualaufklärung in Europa

Auf der von heute bis zum 16. November 2006 in Köln stattfindenden internationalen Konferenz der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Thema „Sexualaufklärung für Jugendliche in einem multikulturellen Europa“ befassen sich 100 Fachkräfte aus 26 Nationen mit nationalen und internationalen Strategien zur Verbesserung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit Jugendlicher. Anlässlich der Konferenzeröffnung erklärt Gerd Hoofe, Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

„Ich begrüße die Zusammenarbeit zwischen BZgA und WHO in diesem Bereich sehr. Sie wird dazu beitragen, dass national wie auch international Fortschritte auf dem Gebiet der Sexualerziehung von Jugendlichen erzielt werden können. Unabhängig von den national und kulturell bedingten unterschiedlichen Herausforderungen und Wertvorstellungen, gilt es gemeinsam qualitätsgesicherte Konzepte zur Sexualpädagogik zu entwickeln. Wir brauchen ein Maßnahmenbündel, das ihre Zielgruppe in all ihrer Vielfalt erreicht. Ziel muss es sein, Jungen und Mädchen zu einem eigen- wie auch partnerverantwortlichen und gesundheitsgerechten Umgang mit Sexualität in einem umfassenden Sinne zu befähigen. Damit soll der Aufbau gleichberechtigter Geschlechterbeziehungen unterstützt werden.“

Der Austausch der verschiedenen Konzepte zur Sexualaufklärung dient dem Ziel die Sexualaufklärung zu verbessern, um in einer Region, die von Portugal bis zur Russischen Föderation reicht, die Zahl der Teenagerschwangerschaften zu reduzieren, Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden, sexuellen Missbrauch bei Madchen und Jungen zu verhindern und die alarmierende Entwicklung der HIV-Epidemie einzudämmen.

Innerhalb der europäischen Region bestehen große Unterschiede hinsichtlich der gesundheitlichen Situation junger Menschen. Gravierende Probleme ergeben sich in einigen Ländern Europas beispielsweise durch eine erschreckend hohe Rate an Teenagerschwangerschaften, an Schwangerschaftsabbrüchen oder durch eine sich dramatisch entwickelnde HIV/Aids-Infektionsrate.

Was die HIV/Aids-Infektionsrate betrifft, so liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf einem sehr niedrigen Niveau. Während in Deutschland 33 HIV-Infektionen auf 1 Mio Einwohner kommen, sind es in der Schweiz 108 und in Großbritannien 122 Neudiagnosen pro 1 Mio Einwohner. Diese Zahlen belegen den Erfolg der langjährigen und intensiven bundesweiten HIV-Prävention. Auch bei den Teenagerschwangerschaften liegt Deutschland international im unteren Bereich.

Die aktuelle BZgA-Studie zur Jugendsexualität zeigt, dass nur 9 Prozent der 14-17-jährigen Mädchen und 15 Prozent der gleichaltrigen Jungen beim ersten Geschlechtsverkehr keine Verhütungsmittel benutzen – so wenige wie niemals zuvor.

Die gemeinsamen Anstrengungen von BZgA und BMFSFJ im Bereich Sexualaufklärung Jugendlicher zeigen deutlich Früchte.

Staatssekretär Hoofe: „Die Strategie der Bundesregierung zur Sexualaufklärung ist überaus erfolgreich. In Deutschland ist die Sexualaufklärung seit der gesetzlichen Verankerung im Schwangeren- und Familienhilfegesetz im Jahr 1992 eine staatliche Aufgabe. Die Maßnahmen stellen eine ideale Unterstützung und Ergänzung zur Sexualerziehung in Schule und Elternhaus dar. Unverzichtbar sind darüber hinaus die Angebote der in diesem Feld tätigen Verbände und Nichtregierungsorganisationen. Diese Aufgabenteilung hat sich in Deutschland nachhaltig bewährt und kann beispielgebend für andere Länder wirken.“

Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten sowie Zuwanderung in vielen europäischen Mitgliedsstaaten führen zu einem multikulturellen Europa, das sich neuen Aufgaben stellen muss. Die Fragen, die sich dadurch in Deutschland, aber auch in den anderen europäischen Ländern für die Sexualaufklärung ergeben, bilden einen Schwerpunkt der Konferenz. In Deutschland leben beispielsweise 14 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, für die kultursensible Konzepte und Zugänge zu gesundheitlichen Informationen und zur Gesundheitsberatung geschaffen werden müssen. „Gerade im Bereich der Sexualaufklärung stehen wir hier vor besonderen Herausforderungen, um Medien und Maßnahmen zu entwickeln, die Menschen mit Migrationshintergrund erreichen“, erklärt Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Europaweit gibt es interessante und erfolgreiche Ansätze der Sexualaufklärung gerade bei Jugendlichen, die auf der Konferenz vorgestellt und zusammengeführt werden. Der Frage, welche sozialen Gruppen von Jugendlichen einen besonderen Bedarf im Bereich der Sexualaufklärung haben, gilt dabei eine besondere Aufmerksamkeit. Sprachkompetenz, kulturell bedingte unterschiedliche Wahrnehmungen und Lebensstile sowie migrationsbedingte spezifische Bedürfnisse an Beratung und Aufklärung spielen dabei eine besondere Rolle.

„Die Verbesserung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie der reproduktiven Rechte junger Menschen ist eine wesentliche strategische Priorität der WHO und besitzt eine hohe Aktualität in den 53 Mitgliedsstaaten der europäischen Region“, erklärt Dr. Gunta Lazdane, Regionalberaterin 'Reproduktive Gesundheit und Forschung' des WHO-Regionalbüros in Europa. „Dies wurde vom Regionalen Beraterstab der WHO anerkannt, insbesondere mit Blick auf die Bereitstellung jugendfreundlicher Gesundheitsdienste, die vor allem helfen sollen, die Situation besonders benachteiligter und unterversorgter Gruppen zu verbessern. Im Rahmen der Europäischen Strategie der WHO zu Kinder- und Jugendgesundheit und -entwicklung (2005) wurde diese Strategie von allen Mitgliedsstaaten der WHO unterstützt und beschlossen.“

„Mit der Konferenz wollen wir wichtige fachliche Impulse setzen und den Reichtum an Erfahrungen und Wissen aus über 26 Ländern teilen“, betont die Direktorin der BZgA, Dr. Elisabeth Pott. „Durch eine bessere Vernetzung mit den Fachkräften in den anderen europäischen Ländern, den Austausch von best-practice-Modellen und durch eine Stärkung unserer Kooperation mit der WHO können wir eine Sexualaufklärung für Jugendliche auf hohem Niveau weiterentwickeln. Diese Tagung kann ein Baustein zu einer gesamteuropäischen Strategie sein, bei der gleichzeitig die besondere Situation und Geschichte jedes einzelnen Landes Respekt und Beachtung findet.“

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