Mit den Augen der TITANEN die Atome im Visier

Das Ernst Ruska-Centrum im Forschungszentrum Jülich wird eingeweiht

Das erste nationale Nutzerzentrum für Elektronenmikroskopie wurde heute in Anwesenheit von Dr. Beatrix Vierkorn-Rudolph, Leiterin „Großgeräte, Grundlagenforschung“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Dr. Reinhard Grunwald, Generalsekretär der Deutschen Forschungsgemeinschaft, und Vertretern des Innovationsministeriums des Landes NRW seiner Bestimmung übergeben. Mit der Eröffnung des Zentrums steht nun ein weltweit einmaliger Zugang zur atomaren Welt offen, wie die beiden betreibenden Institute, das Forschungszentrum Jülich und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, betonen. Die beiden Hauptgeräte des Zentrums vom Typ TITAN haben mit fast vier Metern Höhe und einem Gewicht von zwei Tonnen nur noch wenig gemein mit dem Tischmikroskop, das manchem noch vom Biologieunterricht in der Schule im Gedächtnis geblieben ist. Die je fast vier Millionen Euro teuren Spitzengeräte liefern Vergrößerungen um den Faktor eine Millionen und beruhen auf Innovationen in der Elektronenoptik, an denen das Forschungszentrum Jülich entscheidenden Anteil hatte.

Von der Nanotechnologie bis zu neuen Werkstoffen, von der Elektronik bis zur Automobiltechnik – überall geht es heute um Einsichten in die atomare Welt. Das Zusammenspiel der Atome bestimmt die Eigenschaften der Materialien und Bauelemente. Um dies zu erforschen, entwickelten Forscher vor 15 Jahren einen neue Art der fehlerkorrigierten Elektronenoptik. Aus der Kooperation der Technischen Universität Darmstadt, des Forschungslabors EMBL in Heidelberg und des Forschungszentrums Jülich ging ein Gerät hervor, das Mikroskopbilder von kaum vorstellbarer Auflösung erzeugt.

„Als wir 1991 mit den Arbeiten an fehlerkorrigierten Elektronenlinsen begannen, bescheinigte uns der Rest der Fachkollegen, dass so etwas niemals funktionieren würde. Heute hat die neue Optik die einschlägige Industrie weltweit revolutioniert“, sagt Professor Knut Urban, Direktor am Jülicher Institut für Festkörperforschung, der sich damals mit seinen Kollegen Professor Harald Rose und Dr. Maximilian Haider zusammenschloss und von der Volkswagen-Stiftung gefördert wurde. Heute ist die Technologie im Ernst Ruska-Centrum allen interessierten Forschern zugänglich.

„Indem wir diese hochentwickelten, aber teuren Mikroskope auch einzelnen Universität oder Industrielaboren in Form einer Kompetenzplattform zur Verfügung stellen, ist die neue Elektronenoptik auch der breiten Forschung zugänglich“, fügt Urban hinzu. In Professor Joachim Mayer von der RWTH Aachen, dem Leiter des dortigen Gemeinschaftslabors für Elektronenmikroskopie, haben die Jülicher einen hervorragenden Partner gefunden. „Die mit den TITAN-Geräten zusätzlich verfügbaren spektroskopischen Daten geben uns Aufschluss über den Bindungszustand der Atome und die elektronische Struktur in den untersuchten Materialien“, sagt Mayer. „Damit können wir die Eigenschaften von inneren Grenzflächen in Verbundmaterialien verstehen und verbessern lernen, was ja eine große Hoffnung für die moderne Technik, vom Mikrochip bis zum Flugzeugbau, darstellt.“

Professor Burkhard Rauhut, Rektor der RWTH, und Professor Joachim Treusch, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich, heben in ihren Grußworten den richtungsweisenden Charakter des Ernst Ruska-Centrums als einer paritätisch partnerschaftlich betriebenen Einrichtung hervor, die eine deutschlandweite Ausstrahlung haben wird. Der Generalsekretär der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die eines der beiden TITAN-Geräte finanziert hat, Dr. Reinhard Grunwald, bezeichnet das Ernst Ruska-Centrum als ein leuchtendes Beispiel des Miteinanders von universitärer und außeruniversitärer Forschung in Deutschland, von dem beide nur profitieren könnten.

Zum Abschluss der Veranstaltung wird in Anwesenheit der Witwe Ernst Ruskas und seiner Söhne eine Büste des 1988 verstorbenen Forschers und Ingenieurs enthüllt. Der Würdigung des Lebenswerks des Nobelpreisträgers (1986), der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, ist ein am folgenden Tag stattfindendes Symposium gewidmet, zu dem die Spitzen der internationalen Elektronenmikroskopie nach Jülich reisen werden.

Pressekontakt: Kosta Schinarakis, Wissenschaftsjournalist, Öffentlichkeitsarbeit, Forschungszentrum Jülich Tel. 02461 61-4771, Fax 02461 61-4666, E-Mail: k.schinarakis@fz-juelich.de

Das Forschungszentrum Jülich ist das größte multidisziplinäre Forschungszentrum in Europa. Seine Themen spiegeln die großen Herausforderungen der Gesellschaft wider: Versorgung mit Energie, Schutz der Umwelt, Umgang mit Information sowie Erhalt von Gesundheit. Jülicher Wissenschaftler arbeiten in den Disziplinen Physik, Chemie, Biologie, Medizin und Ingenieurwissenschaften. Langfristige, grundlagenorientierte und fächerübergreifende Beiträge zu Naturwissenschaft und Technik werden ebenso erarbeitet wie konkrete technologische Anwendungen für die Industrie. Das 1956 gegründete Forschungszentrum Jülich ist Mitglied der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Media Contact

Kosta Schinarakis FZ Jülich

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