Vom Denken in Kreisläufen und moderner Technik

Experten diskutieren Wissensstand und Handlungsempfehlungen für die Politik

„Bodenschutz und eine rentable landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung sind keine Gegensätze.“ Dies betonte Eckhard Uhlenberg, Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, auf der Fachveranstaltung „Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit“ des Instituts für Landwirtschaft und Umwelt (ilu) und der Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung e.V. (GKB) am 22. September in Bonn. Neue Techniken für die Bodenbearbeitung machten deutlich, so Uhlenberg, dass eine moderne Landwirtschaft umweltverträglich und standortangepasst wirtschafte. Sie bediene sich innovativer Verfahren, um wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten. Die Nutzung pflugloser Bestelltechniken oder technischer Möglichkeiten zur Minderung des Bodendrucks hätten dabei eine herausragende Bedeutung, um Verdichtung und Bodenerosion zu vermeiden.

Uhlenberg betonte, dass sich Wissenschaft, landwirtschaftliche Beratung, Landtechnik und landwirtschaftliche Praxis auch weiterhin intensiv mit neuen Verfahren der Bodenbewirtschaftung auseinandersetzen müssten. Ziel sei, die organische Substanz im Boden zu erhalten und damit auch den Anforderungen von Bundesbodenschutzgesetz und Cross Compliance gerecht zu werden. Grundlage dafür seien wissenschaftliche Erkenntnisse, vor allem aber auch die Nutzung der langen Erfahrung der landwirtschaftlichen Praxis. „Beides wollen wir sinnvoll miteinander verbinden“ sagte Uhlenberg. Er betonte, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung trotz knapper werdender Mittel an der Förderung von Maßnahmen zum Erosionsschutz festhalten wolle. „Wir wollen auch in der neuen Förderperiode ab 2007 einen Förderbaustein zum Erosionsschutz anbieten“, sagte Uhlenberg.

Die gemeinsam von ilu und GKB organisierte, hochkarätig besetzte und sehr gut besuchte Fachveranstaltung im Wissenschaftszentrum Bonn bot den Teilnehmern einen umfassenden Überblick zum Stand des Wissens und zu den zukünftigen Herausforderungen zum Thema Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit. Zahlreiche Experten aus Wissenschaft, Behörden, Beratung und Praxis informierten die Teilnehmer unter anderem über Kennwerte zur Bodenfruchtbarkeit, über Strategien zur Vermeidung von Erosion und Verdichtung sowie über die globalen Herausforderungen im Boden- und Klimaschutz. Darüber hinaus stellten sie Strategien zur Verbesserung der Humusbilanz und aktuelle Entwicklungen im Bereich „Bodenleben und Pflanzenschutz“ dar.

Einhellige Übereinstimmung herrschte in der Frage, dass ein gesundes funktionierendes Bodenleben für die Fruchtbarkeit der Böden von entscheidender Bedeutung ist. Dabei wurde erkennbar, dass die Intensität der mechanischen Bodenbearbeitung einen sehr viel stärkeren Einfluss auf des Bodenleben ausübt als beispielsweise mineralische Düngung oder Pflanzenschutz. In verschiedenen Vorträgen wurde ebenfalls sehr deutlich, dass die konservierende Bodenbearbeitung – d.h. der Verzicht auf den Pflug – bei gekonnter Handhabung auch im Hinblick auf den Ertrag und die Qualität der angebauten Kulturen im Vergleich zum Pflug in vielen Fällen überlegen oder zumindest gleichwertig ist.

Mehrere Experten betonten bei der Tagung insbesondere die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes im Bodenschutz. Bodenbearbeitung sei keine Einzelmaßnahme, die losgelöst von anderen gesamtbetrieblichen Abläufen gesehen werden könne. Hochaktuell ist aus Sicht der Wissenschaft zudem die Frage einer neuen Begriffsdefinition vom eher Ertrags-orientierten Begriff der „Bodenfruchtbarkeit“ hin zu dem umfassenderen und damit sachgerechteren Begriff der „Bodenqualität“.

Professor Dr. Olaf Christen von der Universität Halle-Wittenberg stellte in seiner Zusammenfassung der Tagung und seinem Ausblick auf zukünftige Herausforderungen die immense Bedeutung von Stoffkreisläufen und einer gesamtbetrieblichen Sichtweise heraus. „Wir müssen dahin kommen, bei divergierenden Zielgrößen verantwortlich abzuwägen und der Unterschiedlichkeit der Böden – innerbetrieblich, regional, national und insbesondere im europäischen Maßstab – gerecht zu werden“, gab er den Teilnehmern mit auf den Weg. Seiner Einschätzung nach kommt es darüber hinaus in Zukunft insbesondere auch darauf an, Methoden in der Grundlagenforschung und das Monitoring weiterzuentwickeln. Dazu seien geeignete Maßzahlen zum Thema „Bodenschutz“ ebenso wie wissenschaftlich begleitete Dauerversuche unabdingbar. Ebenso dringend ist seiner Auffassung nach die Modellentwicklung für globale und nationale Probleme, wobei die Modelle aber immer wieder an Daten aus Versuchen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden müssten. Die Innovation im Konzept der Nachhaltigkeit liege dabei nicht in der besonderen Herausstellung des Umweltbereichs, so Christen. „Die Innovation besteht vielmehr gerade darin, die Bereiche Ökonomie, Soziales und Ökologie zusammen zu betrachten und gegeneinander abzuwägen.“

Rückfragen bitte an das
Institut für Landwirtschaft und Umwelt (ilu)
Konstantinstraße 90,
53179 Bonn,
Tel. (0228) 9 79 93 25, Fax (0228) 9 79 9340
e-Mail: ilu@fnl.de,

Verantwortlich:
Dr. Andreas Frangenberg ilu@fnl.de,
Thomas Kutzner t.kutzner@fnl.de

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Dr. Andreas Frangenberg FNL

Weitere Informationen:

http://www.fnl.de/ilu/iluindex.html

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