Auch im Kleinsten von der Natur lernen: RNA Technologien, Nanobiotechnologie, Infektionsforschung und Onkologie

Tagungslogo der GBM-Herbsttagung Berlin-Potsdam 2005

Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie tagt mit rund 700 Teilnehmern an der Freien Universität Berlin

Die Life Sciences sind eine der Schlüsseltechnologien dieses Jahrhunderts – so die Prognosen nicht zuletzt der Wahlkämpfer der großen Parteien. Beispiele von Forschungsfeldern mit möglichem Potential für spätere medizinische und industrielle Anwendungen sind etwa RNA Technologien wie die RNA Interference, die Analyse der Funktion ganzer Genome, Biomimetik und Nanobiotechnologie oder die Infektionsbiologie und die Onkologie. Einen aktuellen Überblick über diese und weitere Forschungsgebiete im Bereich der Lebenswissenschaften bietet die internationale Herbsttagung der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM), zu der vom 18. bis 21. September 2005 rund 700 Teilnehmer aus aller Welt an der Freien Universität Berlin erwartet werden.

Das Wissenschaftliche Programm mit der Vergabe der OttoWarburg-Medaille wird von Wolf-Michael Catenhusen, Staatssekretär im BMBF, eröffnet werden.

Die unter Federführung von Prof. Dr. Volker A. Erdmann, Institut für Biochemie der Freien Universität Berlin und Prof. Dr. Frieder Scheller, Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Potsdam organisierte Tagung umfasst neben dem wissenschaftlichen Hauptprogramm unter anderem zwei öffentliche Vorträge über neueste Entwicklungen in der Infektionsbiologie (18. September um 16.30 Uhr im Audimax des Henry Ford Baus, Garystr. 35, Berlin-Dahlem) sowie einen parallel stattfindenden Schülerkongress zum Thema „Faszinierende Biowissenschaften“.

Lokale und internationale Bezüge

Neben 40 eingeladenen Rednerinnen und Rednern aus neun europäischen Ländern, Israel, den USA und Singapur erhalten bei der Herbsttagung auch führende lokale Experten die Möglichkeit, die Stärke der Forschung in der Region darzustellen. Die Liste der wissenschaftlichen Organisatoren macht dabei den interdisziplinären Charakter der Forschungsaktivitäten in den Life Sciences in Berlin und Potsdam deutlich. Vertreten sind neben der Freien Universität und der Humboldt Universität Berlin und der Universität Potsdam die regionalen Forschungsinstitute der Max Planck- der Helmholtz- der Leibniz- und der Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Biotechnologienetzwerke BioTOP Berlin-Brandenburg und RiNA-Netzwerk RNA-Technologien sowie die Schering AG.

Schwerpunkte RNA Technologien und Biomimetik

Im Mittelpunkt vieler Vorträge bei der diesjährigen Herbsttagung stehen RNA-Technologien, die in der Biotechnologie und Medizin in jüngster Zeit sehr an Bedeutung gewonnen haben. Nicht nur in zwei Symposien im Kernprogramm der Tagung und in den ergänzenden Posterpräsentationen, sondern auch in Satelliten-Tagungen des Nationalen Genomforschungsnetzes und der Schering Stiftung im direkten Anschluss an die Tagung werden neueste Entwicklungen auf den Gebieten der RNAi-, micro RNA-, Ribozyme- und Antisenseforschung vorgestellt. Mit diesen vielseitigen Verfahren versuchen die Wissenschaftler fieberhaft molekulare Scheren zu entwickeln, die dann in der molekularen Medizin ihren Eingang finden werden.

Auch die Entwicklungen auf dem Gebiet der hochaffinen RNA-Moleküle (Aptamere und Spiegelmere) gewinnen für die Biotechnologie und Medizin zunehmend an Bedeutung. Diese Nukleinsäuren werden mit Hilfe der molekularen Evolution hergestellt und besitzen nicht nur ähnliche Eigenschaften wie herkömmliche Antikörper sondern auch zusätzliche Vorteile wie z.B. leichtere Herstellung, geringeres Allergierisiko und höhere Spezifität.

Der Proteinbioreaktor, ebenfalls ein Produkt der RNA-Technologien, erlaubt die in vitro Synthese von Proteinen, den Einbau von unnatürlichen oder isotopenmarkierten Aminosäuren in bestimmten Positionen und die Synthese von toxischen Proteinen. Diese modifizierten Proteine sind dann wiederum in der Biotechnologie oder in der medizinischen Forschung von großem Nutzen.
Passend zu dieser Thematik wird Frau Prof. Dr. Ada Yonath vom Weizmann Institute in Rehovot, Israel, mit der Lipmann-Lecture ausgezeichnet.

Ein zweiter Themenschwerpunkt widmet sich der Biomimetik und der Nanobiotechnologie.
Biomimetik, also die Nachahmung biologischer Strukturen mit synthetischen Materialien zur Realisierung biologischer Funktionen im Kleinstmaßstab der Nanowelten ist ein international stark wachsendes Wissenschaftsfeld. Die Thematik ist auch ein Forschungsschwerpunkt in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg.

Auf der Herbsttagung wird in zwei Symposien ein ganzer Strauß neuester Technologien im Bereich der Biomimetik im Mikro- und Nanomaßstab vorgestellt. So etwa Mittel und Wege von Nanometer kleinen Kapseln zu künstlichen Zellen zu gelangen oder vollsynthetische Erkennungselemente für die Bioanalytik, die – in Analogie zu den Antikörpern – auch als „plastibodies“ bezeichnet werden. Weitere Vorträge berichten über neueste Ergebnisse über Peptid-Nukleinsäuren – d. h. Hybride aus den zwei wichtigsten Molekülklassen in der Biologie, den Grundsteinen der Proteine (Peptide) und der Erbsubstanz (Nukleinsäuren) bzw. über „Legosysteme“ aus Nukleinsäuren, die die Fähigkeit zur Selbstreplikation besitzen.

Warburg Medaille für Krebsforscher Ullrich

Für seine Forschung im Bereich der Onkologie wird Prof. Dr. Axel Ullrich, Martinsried und Singapur, auf der Tagung mit der höchsten Auszeichnung im Bereich der Biochemie in Deutschland, der Otto Warburg-Medaille ausgezeichnet. Ullrich war einer der ersten Wissenschaftler, der die Rolle von spezifischen Genen („Krebsgenen“) bei der Entstehung von Tumoren erkannte. Neben seinen bahnbrechenden Arbeiten zu den Grundlagen von Krebs ist Ulrich auch erfolgreicher Mitgründer verschiedener Biotechnologiefirmen. Und ein prominentes Beispiel des Brain Drain – er forscht derzeit in Singapur.

Young Investigator Award und Nachwuchsförderung

Mit 40 Kurzvorträgen und gut 250 Posterbeiträgen ist der wissenschaftliche Nachwuchs zentral in die Tagung eingebunden. Erstmalig wird auf der Tagung der mit 10.000,- Euro dotierte Young Investigator Award der Schering Stiftung vergeben und damit die herausragende Rolle des Nachwuchses an der Weiterentwicklung von Forschung und Wissenschaft prominent ausgezeichnet. Auch vergibt die GBM zwei Preise für die besten Doktorarbeiten des letzten Jahres.

Fragen der Karriereentwicklung stehen im Mittelpunkt bei zwei Informationsveranstaltungen des Arbeitskreises Studierende der GBM. „Besonders wichtig ist uns das Forum Kinder und Karriere“, so Dr. Jörg Maxton-Küchenmeister, Geschäftsführer der GBM. „Familiengründung und Forschungskarriere sind immer noch schwer miteinander vereinbar. Hier müssen Gesellschaft und Politik, aber auch wir Wissenschaftler selber intensiv weiter daran arbeiten, Rahmenbedingungen etwa in der Kinderbetreuung, aber auch bei Karrieremechanismen in der akademischen Forschung zu verbessern.“

Öffentliche Vorträge, Kommunikationspreis und Schülerkongress

Eröffnet wird die Tagung mit zwei Vorträgen über neueste Entwicklungen in der Infektionsbiologie, zu der die interessierte Öffentlichkeit herzlich eingeladen ist.
Der Eintritt ist frei. Mit Blick auf aktuelle Herausforderungen wie der Ausbreitung der Vogelgrippe werden Prof. Reinhard Kurth, Präsident des Robert-Koch-Instituts und Prof. Stefan H.E. Kaufmann, Direktor am Max-Plank-Institut für Infektionsbiologie, am Wahlsonntag, dem 18. September um 16.30 Uhr im Audimax des Henry Ford Baus, Garystr. 35, Berlin-Dahlem neueste Entwicklungen im Bereich der Infektionsforschung vorstellen. 100 Jahre nach Vergabe des Nobelpreises an Robert Koch für seine grundlegende Forschung zur Behandlung bakterieller Infekte mahnen beide Redner, die aktuelle Bedrohung durch neue Epidemien wie der Vogelgrippe, aber auch altbekannte Krankheiten wie die Tuberkulose nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Ein die Fachtagung begleitender Schülerkongress bietet in Kooperation mit dem Netzwerk Berliner Schülerlabore unter Leitung von Dr. Ulrich Scheller vom Gläsernen Labor Berlin-Buch weitere Vorträge für die Allgemeinheit, so am 19.9. einen Vortrag zu neuronalen Stammzellen und am 20.9. einen Vortrag zur Beziehung der dreidimensionalen Struktur von Proteinen zu ihrer Funktion. „In ergänzenden halbtägigen Experimentierkursen und Institutsführungen bieten wir den Schülern in Kleingruppen aktuelle Wissenschaft im wahrsten Sinne des Wortes zum begreifen“, so Ulrich Scheller. „Wir freuen uns über die große Resonanz aus der Region und erwarten an den drei Tagen mehrere hundert Schülerinnen und Schüler aus dem Großraum Berlin / Brandenburg.“

Auch mit der Vergabe des jährlichen Kommunikationspreises bekennt sich die GBM zum Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Der mit 1000,- Euro dotierte Preis wird in diesem Jahr an Frau Dr. Eva-Maria Neher, Leiterin des XLAB – Göttinger Experimentallabor für Junge Leute vergeben.

Für Journalisten ist die Teilnahme an der Tagung frei. Der Kongress findet in englischer Sprache statt.

Am 19. September 2005, wird im Anschluss an die Eröffnung der Tagung um 10.30 Uhr eine Pressegespräch mit Prof. Dr. Volker A. Erdmann (Schwerpunkt RNA-Technologien) und Prof. Dr. Frieder W. Scheller (Schwerpunkt: Nanobioanalytik) sowie mit Warburg-Preisträger Prof. Dr. Axel Ullrich stattfinden. Sie erhalten in den nächsten Tagen hierzu eine gesonderte Einladung.

Die Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM) e.V. ist mit etwa 5500 Mitgliedern aus Hochschulen, Forschungsinstituten und der Industrie die große wissenschaftliche Fachgesellschaft auf dem Gebiet der Biochemie, Molekularbiologie und Molekularen Medizin in Deutschland. Die GBM fördert Forschung und Lehre der Biochemie und molekularen Biologie und die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf dem Gebiet der Biotechnologie und Medizin und deren Verbreitung in der Öffentlichkeit.

Weitere Informationen und Pressekontakt:

Geschäftsstelle der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.V.
Dr. Jörg Maxton-Küchenmeister,
Tel.: 069 – 660 567-12 (während der Tagung: Tel. 0173 – 157 28 35)

BioTOP Berlin-Brandenburg
Thilo Spahl
Tel: 030 -3186 2214

Media Contact

Dr. Jörg Maxton-Küchenmeister idw

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