5. Internationale Konferenz zur Systembiologie (ICSB) tagt vom 9. -13. Oktober 2004 in Heidelberg

Biologische Prozesse und das „Phänomen Leben“ quantitativ und ganzheitlich zu verstehen, ist eine neue interdisziplinäre Herausforderung für Biologen, Informatiker, Ingenieure und Systemwissenschaftler. Auf der 5. Internationalen Konferenz für Systembiologie vom 9. bis 13. Oktober in Heidelberg werden mehr als 500 Experten aus der ganzen Welt ihre neuesten Erkenntnisse zu dieser jungen Forschungsdisziplin austauschen, die neue innovative Ansätze für erfolgreiche biotechnologische Verfahren in der Medizin und Industrie aufzeigen wird.

Wird Leben berechenbar? Lassen sich Zellen oder gar Organe in der Gesamtheit der komplexen Abläufe wie Umweltanpassung, Alterung oder Immunabwehr quantitativ verstehen und abbilden? Kann man die „gläserne Zelle“ am Computer simulieren und dazu gleich die passenden Medikamente berechnen? Wie ist der Stand der internationalen Projekte und wie steht es um den Förderschwerpunkt Systembiologie in der EU und in Deutschland? Nicht zuletzt wurde Heidelberg mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ als einer der renommierten „Pionier-Standorte“ in der Systembiologie für die Austragung dieser Konferenz ausgewählt.

Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin für Bildung und Forschung Edelgard Bulmahn. Organisiert wird diese Konferenz von der DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., Frankfurt am Main, in Kooperation mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ, dem European Molecular Biology Laboratory EMBL und der EML Research gGmbH in Heidelberg.

In diesem Jahr startet die in 2000 von Hiroaki Kitano in Japan initiierte ICSB am 9. und 10. Oktober 2004 mit einem zweitägigen Tutoriums- und Workshop-Programm im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Vom 11. bis zum 13. Oktober werden im Kongresshaus Stadthalle Heidelberg über 40 hochkarätige Vorträge zu den Themen Metabolic Systems, Signal Transduction, Microbial Systems Biology, Methods and Software for Systems Biology, Spatial Models und Systems Biology for Medicine präsentiert. Abgerundet wird das Konferenzprogramm auch in diesem Jahr durch eine Poster-Präsentation mit über 300 Postern und eine darin integrierte Firmenausstellung.

Unter den eingeladenen Sprechern sind so herausragende Experten wie Prof. Masura Tomita von der Keio Universität in Fujisawa/Japan, Prof. Marc Kirschner von der Harvard Medical School in Boston, MA/USA, Prof. Denis Noble von der University Oxford/UK und Prof. Bernhard O. Palsson von der University of California, San Diego, CA/USA.

Prof. Tomita zählt zu den Pionieren der Systembiologie. Mit Ph.A. Abschlüssen in Mathematik, Computerwissenschaften und Molekularbiologie begann er als einer der ersten Forscher weltweit mit der Systematisierung und Quantifizierung der Datenflut aus der Genom- und Proteom-Forschung, um daraus neue Synergiepotentiale zu erschließen. Der Direktor des Instituts für Advanced Bioscience an der Keio Universität in Japan leitet seit Jahren das renommierte internationale e-cell-Projekt zur Modellierung und Simulation biologischer Phenomene in silico.

Im Rahmen dieses Projektes ist es bereits 1998 gelungen, ein abstrahiertes Modell des Mycoplasma genitalium mit 127 Genen im Computer zu modellieren. Dieses erste software-basierte Modell einer vollständigen Zelle verfügte über einen minimalen zellulären Stoffwechsel für Glucose, Proteine und Fettsäuren und war damit bis hin zur Zellteilung hypothetisch im Computer lebensfähig. Aktuelle Forschungsschwerpunkte von Prof. Tomita gelten der Modellierung von humanen Erythrozyten, Mitochondrien und der Chemotaxis in Bakterien wie E. coli. Mit seinen Arbeiten hat er nicht nur einen der Grundsteine für die Systembiologie gelegt, sondern gilt durch seinen Forschungsansatz auch als einer der Vordenker der Synthetischen Biologie.

Prof. Kirschner ist Direktor des Department of Systems Biology, der ersten Neugründung eines Instituts an der Harvard Medical School seit den 40er Jahren. Er ist Experte auf den Gebieten der Biochemie, Molekular- und Zellbiologie und neben seiner wissenschaftlichen Arbeit und als Präsident der ACSB über viele Jahre ein engagierter Fürsprecher für eine Intensivierung der öffentlichen Förderung der Zellbiologie in den USA gewesen. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Regulation des Zellzyklus, die Rolle des Zytoskeletts bei der Morphogenese und die Entwicklungsbiologie.

Marc Kirschner vergleicht das Geschehen in sich entwickelnden Organismen mit dem Ablauf eines Theaterstückes. Timing sei alles, nicht nur die zelluären Signale seien entscheiden, sondern ihre richtige zeitliche Abfolge. Sonst käme es zu einem Desaster, das in Zelltod oder Krebs münden könne. Von seinem systembiologischen Forschungsansatz verspricht sich Kirschner daher einen immensen Fortschritt im Verständnis des komplexen Bauplans des Lebens.

Prof. Denis Noble, am University College London promovierter Physiologe, ist Professor für Kardiovaskuläre Physiology an der Universität Oxford und Leiter der Oxford Cardiac Electrophysiology Group und befasst sich seit über 40 Jahren mit der Modellierung der Eigenschaften von Herzmuskelzellen und der Funktion des Herzmuskels. Die Kombination verschiedener Einzelzellmodelle hat unter seiner Regie zur Entwicklung eines „Virtuellen Herz-Organs“ geführt, dass nicht nur zur Entwicklung von neuen Medikamenten und Defibrillation-Geräten genutzt wird, sondern bereits in FDA Zulassungsstudien seine prediktiven Qualitäten unter Beweis stellen konnte.

Prof. Noble ist überzeugt, dass Modellierung und Simulation unverzichtbare Werkzeuge sind bei der Erschließung des Verständnisses komplexer biologischer Systeme. Trotz aller „Berechenbarkeit“ in den modernen Bio-Wissenschaften bleibt seiner Meinung nach das Laborexperiment und die schrittweise Verbesserung von Modellen und Simulationen im Kontext der Experimente in den kommenden Jahren die Forschungsstrategie der Wahl. Bis im Rahmen eines „Physiom-Projektes“ ein Computermodell des menschlichen Körpers zur Verfügung stehe, sei es seiner Erfahrung nach aber noch ein weiter Weg. Allein die Beschleunigung der Rechenleistung von Computern, die seine in-silico Experimente von mehreren Stunden auf wenige Millisekunden reduziert hätten, stimme Ihn optimistisch für solche ehrgeizigen zukunftsweisenden Projekte.

Media Contact

Dr. Christine Dillmann idw

Weitere Informationen:

http://www.icsb2004.org

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