Israelische und deutsche Wissenschaftler feiern das 40jährige Bestehen ihrer Zusammenarbeit

Schrittmacher zur Überwindung einer gewaltigen Tragödie – 40 Jahre wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Weizmann Institute of Science und Max-Planck-Gesellschaft / Festveranstaltung in Berlin

Was als vorsichtige „Fühlungnahme“ begann, hat sich zu einem „feinmaschigen Netzwerk“ entwickelt: Mit einer Festveranstaltung am Mittwoch, 3. März 2004, 15.00 Uhr, im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem feiern israelische und deutsche Wissenschaftler das 40jährige Bestehen ihrer Zusammenarbeit. Im Jahr 1964 haben das Weizmann Institute of Science, Rehovot/Israel, und die Max-Planck-Gesellschaft mit ihrem Tochterunternehmen Minerva-Stiftung den ersten Vertrag über die Förderung gemeinsamer Forschungsprogramme unterzeichnet.

Im Mittelpunkt der Feier stehen Ansprachen von Prof. Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Ilan Chet, Präsident des Weizmann Institute of Science, und Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Anschließend berichten vier Wissenschaftler über die Ergebnisse gemeinsamer Forschungsarbeiten: Prof. Amiram Grinvald, Weizmann Institute, Department of Neurobiology, über „Seeing the brain in action“, Prof. Axel Ulrich, Max-Planck-Institut für Biochemie, über „From genes to cancer therapies“, Prof. Michal Schwartz, Weizmann Institute of Science, Department of Neurobiology, über „A novel therapy for neurodegnerative diseases: T-cell-based vaccination with universal weak agonist“ und Prof. Florian Holsboer, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, über „From serendipity to studies of causality via genomic research: A novel avenue for antidepressant drug discovery“.

Beim gemeinsamen Abendessen werden zwei Ehrengäste sprechen: Prof. Kurt Biedenkopf, der ehemalige Ministerpräsident des Freistaats Sachsen, sowie der Physiker Uzi Smilansky, einer der ersten israelischen Wissenschaftler, der an einem deutschen Forschungsinstitut gearbeitet hat: Er berichtet über seine Eindrücke während seines Forschungsaufenthalts von 1968 bis 1971 am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg.

Bei der jetzt 40 Jahre bestehenden Wissenschafts-Kooperation mit Israel hat die Minerva-Stiftung der Max-Planck-Gesellschaft die längste Tradition und bietet die – von Anfang an mit bisher insgesamt 200 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanzierten – Programme mit dem breitesten Förderspektrum.

Die Programme der Minerva-Stiftung beruhen im wesentlichen auf vier Säulen:

Die Minerva-Weizmann-Projektförderung
Diese besteht seit 1964. Für ungefähr 80 Forschungsvorhaben am Weizmann Institute of Science stellt die Minerva-Stiftung mittlerweile jährlich 3,6 Millionen Euro bereit. Damit werden vor allem jüngere, hervorragend qualifizierte Wissenschaftler unterstützt, die an Einzelprojekten höchster wissenschaftlicher Qualität international, auch mit deutschen Forschungseinrichtungen eng zusammenarbeiten. Im Rahmen dieses Programms wurde 2003 erstmals der „Minerva Lecture Award“ an Prof. Daniel Zajfman verliehen. Der Astrophysiker des Weizmann Institutes erhielt so Gelegenheit, seine gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Kernphysik unternommenen bahnbrechenden Arbeiten über interstellare Materie auch in Heidelberg der Öffentlichkeit vorzustellen (siehe auch MPG-Presseinformation 113/2003: „Wie Gas und Staub sich zu neuen Sternen zusammenballen“).

Bis zum Jahr 2003 haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung und seine Vorgänger insgesamt rund 123,5 Millionen Euro für die Minerva-Weizmann-Projektförderung aufgewendet – mit außergewöhnlichem Erfolg: Aus diesen Forschungsarbeiten sind mehr als zehn Prozent aller Publikationen des Weizmann-Instituts der vergangenen zehn Jahre entstanden.

Das Minerva-Austauschprogramm für Wissenschaftler (Minerva Fellowship Program)
Im Jahr 1973 wurde das auf alle israelischen und deutsche Forschungseinrichtungen erweiterte Minerva-Austauschprogramm für Wissenschaftler (Minerva Fellowship Program) eingerichtet. Damit fördert die Minerva-Stiftung derzeit mit jährlich 1,2 Millionen Euro etwa 50 israelische und deutsche Stipendiaten bis zu drei Jahre lang, im Land des Gastgebers zu forschen. Dabei rückt die gezielte Unterstützung des Nachwuchses immer stärker in den Vordergrund, um auch die nachfolgende, jüngere Wissenschaftler-Generation für die israelisch-deutsche Kooperation zu ermuntern. Außer Stipendien auch für Kurzzeit-Aufenthalte („Minerva Seed Grants“ und „Short-Term-Research-Grants“) von etwa drei Monaten Dauer werden abwechselnd in beiden Ländern so genannte Minerva-Schulen oder nach einem der „Gründungsväter“ benannte Gentner-Symposien organisiert. Bei diesen Veranstaltungen erhalten größere Gruppen aus beiden Ländern Gelegenheit nicht nur zum wissenschaftlichen Gedankenaustausch, sondern auch um erste Kontakte für spätere Zusammenarbeit zu knüpfen.

Dafür sind bis zum Jahr 2003 insgesamt 31 Millionen Euro bereitgestellt und von knapp 700 israelischen und mehr als 800 deutschen Wissenschaftlern für längerfristige Forschungsaufenthalte im anderen Land genutzt worden.

Die Minerva-Forschungszentren
Als weiteres neues Förderinstrument begann im Jahr 1975 der Aufbau von Minerva-Forschungszentren. Die Grundlage dafür bildet das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitgestellte Stiftungskapital in Höhe von 65 Millionen Euro. Aus den Erträgen, durch Zuwendungen aus Israel jeweils verdoppelt, werden die jährlichen Budgets der Minerva-Zentren finanziert. Ein paritätisch mit israelischen und deutschen Wissenschaftlern besetzter Beirat begutachtet die wissenschaftlichen Arbeiten und entscheidet über neue Forschungsvorhaben und den Einsatz der Mittel.

Die derzeit bestehenden, insgesamt 41 Minerva-Forschungszentren an sieben Wissenschaftseinrichtungen Israels sind als „Centers of Excellence“ zur Förderung von Spitzenwissenschaft in enger Zusammenarbeit mit deutschen Forschungseinrichtungen angelegt. Die Arbeitsgebiete dieser Zentren reichen von deutscher Geschichte über Menschenrechte und deutsch-jüdische Literatur- und Kunstgeschichte, über die Anwendung der Genetik und Biotechnologie in der Landwirtschaft oder die Umwandlung von Lichtenergie bis zur Meeresbiogeochemie und den Computerwissenschaften.

Die Minerva-Nachwuchsgruppen (Minerva Junior Research Groups)
Eine Lücke im israelisch-deutschen Forschungs-Förderprogramm hat die Minerva-Stiftung seit dem Jahr 2001 mit der Einrichtung von bisher fünf Minerva-Nachwuchsgruppen (Minerva Junior Research Groups) an mehreren Universitäten und Forschungseinrichtungen Israels geschlossen. Dafür stellt die Minerva-Stiftung pro Jahr etwa 100 000 Euro bereit. Nach dem Vorbild der Max-Planck-Gesellschaft ist auch die Arbeit der israelischen Nachwuchsgruppen auf fünf Jahre begrenzt. In dieser Zeit haben hervorragende junge Wissenschaftler die Chance, sich für künftige Leitungspositionen in der Forschung zu qualifizieren und frühzeitig die israelisch-deutsche Wissenschaftskooperation zu stärken. Inzwischen laufen Auswahlverfahren, um am Weizmann Institute of Science – neben der bereits arbeitenden Nachwuchsgruppe – Wissenschaftler für zwei weitere Minerva Junior Research Groups zu finden.

Unabhängig von den einzelnen Minervaprogrammen haben Max-Planck-Institute zusätzlich ihre Zusammenarbeit mit israelischen Partnern systematisch ausgebaut: Derzeit bestehen 85 gemeinsame Forschungsvorhaben, pro Jahr arbeiten ungefähr 70 israelische Wissenschaftler als Gäste an Max-Planck-Instituten.

Auf „Gegenseitigkeit“ ist ein weiteres, erfolgreiches Forschungsinstrument angelegt: Als erster israelischer Wissenschaftler leitet Dr. Erez Raz seit November 2000 eine Selbständige Nachwuchsgruppe der Max-Planck-Gesellschaft am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Das „Gegenstück“ mit einem deutschen Nachwuchsforscher an der Spitze soll noch in diesem Jahr am Weizmann-Institut in Rehovot etabliert werden.

Max-Planck-Präsident Prof. Peter Gruss erinnerte daran, dass es Wissenschaftler waren, die „erste Schrittmacherdienste zur Überwindung einer gewaltigen Tragödie geleistet haben, die das israelische vom deutschen Volk unüberwindlich zur trennen schien“. Auf Einladung von Joseph Cohn, Gerhardt Schmidt und Amos de Shalit vom Weizmann-Institut war eine Delegation der Max-Planck-Gesellschaft Anfang Dezember 1959 zu einem ersten offiziellen Besuch nach Israel gereist: Der Präsident Otto Hahn und die beiden Wissenschaftler Wolfgang Gentner und Feodor Lynen.

Was als behutsame „Fühlungsnahme“ (Otto Hahn) begann, fand die Unterstützung der damaligen Regierungschefs David Ben-Gurion und Konrad Adenauer und führte 1964 – bereits ein Jahr vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen – zum ersten Minerva-Vertrag über die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Israel und Deutschland. „Aus diesen Anfängen, die dazu beigetragen haben, die Wissenschaft im Nachkriegs-Deutschland aus der internationalen Isolierung zu lösen, hat sich“, so Gruss, „in den vergangenen 40 Jahren ein ständig wachsendes und verfeinertes Netzwerk entwickelt, das jetzt vor den Herausforderungen der fortschreitenden Globalisierung und Schaffung eines ‚Europäischen Forschungsraums’ steht“. In diesem Prozess, erläutert Gruss, „verfolgen das Weizmann-Institut und die Max-Planck-Gesellschaft gemeinsame Ziele: International die Exzellenz und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Institute, Abteilungen und Forscher zu sichern.“

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Felix Kahle
Max-Planck-Gesellschaft, München
Tel.: 089 2108-1420, Fax: -1451
E-Mail: kahle@gv.mpg.de

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Felix Kahle Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://minerva.mpg.de http://www.mpg.de

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