Dem Bewusstsein auf der Spur

Lange Zeit wurde das Bewusstsein als metaphysisches und somit naturwissenschaftlich nicht ergründbares Phänomen betrachtet. Es war daher lediglich ein Untersuchungsgegenstand der Geistes- und Sozialwissenschaften. Heutzutage gelten Denken, Vorstellen, Fühlen und bewusstes Erleben jedoch als naturwissenschaftlich erforschbar.

In seinem Vortrag „Wie entsteht Bewusstsein im Gehirn?“, den er am 9. Dezember 2003 um 19.00 Uhr im Bonner Forschungszentrum caesar hält, schildert Prof. Dr. Andreas K. Engel, wie die Kognitionswissenschaft – ein interdisziplinärer Verbund aus Hirnforschung, Psychologie, Philosophie und Neuroinformatik – sich mit dem Problem des Bewusstseins auseinandersetzt. Engel ist Professor für Physiologie und Direktor des Instituts für Neurophysiologie und Pathophysiologie im Universitätsklinikum Eppendorf der Universität Hamburg. Sein Vortrag setzt die Reihe der erfolgreichen Begleitveranstaltungen zur Ausstellung „science + fiction“ fort, die noch bis zum 4. Januar 2004 sonntags bis freitags von 12.00 –18.00 Uhr bei caesar, Ludwig-Erhard-Allee 2 in Bonn zu sehen ist.

Durch die Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie ist das Bewusstsein schon sehr lange als integrativer Prozess bekannt. Dies bedeutet, dass verschiedene Sinnesdaten zu einheitlichen Wahrnehmungseindrücken zusammen geführt werden. Ohne diese Leistung wäre unsere Wahrnehmungswelt nur eine Anhäufung bedeutungsloser Farbflecken, Geräusche und Gerüche, vergleichbar dem Blick in ein Kaleidoskop.

Über die physiologischen Grundlagen dieser Integrationsprozesse ist bis heute relativ wenig bekannt. Die Zusammenführung der Sinneseindrücke ist aus neurophysiologischer Sicht schwer zu verstehen, da die an der Wahrnehmung von Objekten jeweils beteiligten Nervenzellen nicht in einem eingegrenzten Hirnareal liegen, sondern über verschiedene Hirnbereiche verteilt sind. So werden beispielsweise die durch das Auge aufgenommenen Merkmale eines Objekts – wie Farbe, Form oder Bewegung – in ganz unterschiedlichen Arealen des Gehirns weiterverarbeitet. Dadurch stellt sich für die Wissenschaftler die Frage, auf welche Weise die räumlich verteilten Nervenzellen als zusammengehörig gekennzeichnet und zur zusammenhängenden Präsentation eines Objekts vereinigt werden können.

Engel stellt als einen möglichen Mechanismus für die Lösung dieses Problems die „zeitliche Bindung“ neuronaler Signale vor. Obwohl die neuronale Aktivität, die durch Sinneseindrücke wie Form und Farbe eines Objekts ausgelöst wird, auf verschiedene Bereiche des Gehirns trifft, wird durch eine Synchronisation die Gleichzeitigkeit ihres Eintreffens als zusammenhängender Wahrnehmungseindruck erreicht.

Die Ausstellung „science + fiction – zwischen Nanowelt und globaler Kultur“ ist ebenso Kunstausstellung wie Wissensschau: Künstler und Wissenschaftler wurden eingeladen, im Dialog miteinander zu Brennpunkten der gegenwärtigen Forschung zu arbeiten. In Pavillons und Installationen werden die Themen Hirnforschung, Nanotechnologie, Globalisierung sowie „Fremdes“ und „Eigenes“ und darüber hinaus die „Zukunft der Wissensgesellschaft“ künstlerisch dargestellt. Eines der Exponate, der Hirnpavillon des Atelier van Lieshout, an dem auch Engel mitgewirkt hat, stellt außen die objektive wissenschaftliche Sicht der Hirnforschung dar und konfrontiert diese im Inneren mit van Lieshouts subjektivem Kosmos. Die VolkswagenStiftung hat diese Ausstellung anlässlich ihres – im vergangenen Jahr begangenen – 40-jährigen Jubiläums als Wissenschaftsförderer konzipiert und präsentiert sich damit nun auch als Förderer des Transfers wissenschaftlicher Inhalte in die Öffentlichkeit.

Das internationale Forschungszentrum caesar (center of advanced european studies and research) hat 1999 die Arbeit aufgenommen. Mit inzwischen 200 Mitarbeitern forschen interdisziplinäre Teams in den Bereichen Materialwissenschaften/ Nanotechnologie, Medizintechnik und Biotechnologie. Forschung und industrielle Anwendung gehen Hand in Hand: caesar entwickelt innovative Produkte und Verfahren und unterstützt die Wissenschaftler bei Firmenausgründungen.

Media Contact

Francis Hugenroth Forschungszentrum caesar

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