Müller-Zell-Forscher aus aller Welt tagen in Leipzig

Müllerzelle einer Kaninchen-Netzhaut

Vom 30. August bis 2. September 2001 treffen sich die Müller-Zell-Forscher aus aller Welt auf Einladung von Prof. Dr. Andreas Reichenbach, Paul-Flechsig- Institut für Hirnforschung, in Leipzig. Wissenschaftler beschäftigen sich weltweit mit dieser besonderen Art von Glia-Zellen, die neben den Neuronen (Nervenzellen) die zweite Zellart in Gehirn und Auge darstellen. Die Müllerzellen spielen daher für die Augenheilkunde eine große Rolle.

Müller-Zell-Forscher aus aller Welt tagen in Leipzig

Vom 30. August bis 2. September 2001 treffen sich die Müller-Zell-Forscher aus aller Welt auf Einladung von Prof. Dr. Andreas Reichenbach, Paul-Flechsig- Institut für Hirnforschung, in Leipzig. 150 Jahre ist es her, seit Heinrich Müller, die Müller-Zellen entdeckte und erstmals beschrieb. Inzwischen beschäftigen sich Wissenschaftler weltweit mit dieser besonderen Art von Glia-Zellen, die neben den Neuronen (Nervenzellen) die zweite Zellart in Gehirn und Auge darstellen.

Die Müllerzellen sind die Gliazellen der Netzhaut und spielen daher für die Augenheilkunde eine große Rolle. Man muß sie sich als längliche Balken vorstellen, die am einen Ende mit den sogenannten Mikrovilli faserig auslaufen. Etwa in der Mitte der Zelle verdickt sich der Balken zum Zellkörper oder Soma, um am anderen Ende in einer Art keulenartigem Fuß (Endfuß) auszulaufen. Parallel zueinander – wie die Grashalme einer Wiese – erstrecken sich Millionen solcher „Balken“ durch die gesamte Dicke der Netzhaut.

Die Müller-Zellen halten das Gewebe zusammen und sind entscheidend für die Festigkeit der Netzhaut. Sie bilden in ihrer Gesamtheit ein Gerüst, in das die Nervenzellen der Netzhaut eingebettet sind. Um ihre Beschaffenheit und Funktionalität genau erforschen zu können, müssen Augenärzte und Neurowisssenschaftler zusammenarbeiten. Deshalb ist die Tagung der Müller-Zell- Forscher natürlicherweise eine interdisziplinäre Tagung, die Grundlagenforschung mit angewandter Forschung verbindet. Ein wichtiger Tagesordnungspunkt beschäftigt sich mit der Bedeutung der Eigenschaften der Müllerzellen für die Netzhautchirurgie.

Der Neurowissenschaftler Prof. Reichenbach leitet konkrete Problemstellungen seiner Forschung u.a. ab von Fragen, die die Kliniker geklärt wissen wollen. Professor Wiedemann, Netzhautchirurg und Direktor der Leipziger Universitätsaugenklinik, ist deshalb auch Mitveranstalter der Tagung. Eine seiner Fragen ist: Wie entstehen „Löcher“ und „Aufspaltungen der Schichten“ in der Netzhaut?

Eine Möglichkeit, dem auf die Spur zu kommen, sieht Reichenbach in der Untersuchung der mechanischen Eigenschaften der Netzhautzellen. Die Frage in bezug auf die Netzhaut-Aufspaltung war: Haben die einzelnen Zellabschnitte unterschiedliche Festigkeiten? Also musste man Möglichkeiten finden, die Festigkeit einzelner Zellen und ihrer Bestandteile zu bestimmen. Dazu wurde ein sogenanntes „atomic force microskop“ eingesetzt, dessen Spitze (Abtaster) lebende Zellen abtastet. Die so entstandene Messergebnisse ließen den Rückschluss zu: Die Netzhautzellen weisen unterschiedliche Festigkeiten auf. Der „Balken“ erwies sich als stabiler als umliegende Nervenzellen. Das bedeutet, dass Müller- Zellen wirklich Halt bieten können, eine Eigenschaft, die ihnen bisher nur theoretisch wegen ihrer Form und Anordnung zugeschrieben wurde. Der Zellkern der Müller-Zelle wiederum ist aber weicher als seine Umgebung. Die Wissenschaftler nehmen deshalb an, dass sie den Nervenzellen „Platz machen“.

Die Neurowissenschaftler wollen sich nun die Beobachtung zunutze machen, dass sich das harte „Zellskelett“ der Gliazellen bei übermäßigem Lichteinfall verstärkt. Daraus entwickelten sie eine neue Fragestellung: Kann der Einsatz von starkem Licht eine Aufspaltung der Netzhaut verhindern? Bisher sind die Ursachen dieser Erkrankung nicht bekannt, so dass noch keine erfolgreiche Heilmethode zur Verfügung steht. Wenn man weiß, dass eine Netzhautaufspaltung zum Gesichtsfeldausfall, in einigen Fällen zur Blindheit führen kann, und dass diese Krankheit relativ häufig ist, wird dringender Handlungsbedarf deutlich.

Noch eine kleine Bemerkung am Rande: Es ist Prof. Reichenbach doch tatsächlich gelungen, die Firma Müller- Milch als Sponsor zu gewinnen. Wie lautet deshalb das Motto der Tagung? „Alles Müller oder was?“

Media Contact

Dr. Bärbel Adams idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-leipzig.de/~mcm2001/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Veranstaltungsnachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer