lters- und Speziesbestimmungen anhand von Knochendünnschliffen

Workshop für Osteonen-Forscher im Institut für Zoologie und Anthropologie

Vom 5.-7. September treffen sich im Institut für Anthropologie Wissenschaftler aus ganz Europa zu einem Erfahrungsaustausch über Methoden der histologischen Diagnose. Das Thema dieses Workshops ist die Alters- und Speziesbestimmung anhand histologischer Untersuchungen von Knochendünnschliffen.

Osteone sind kleine, sich ständig durch Umbau verändernde Bausteine der kompakten Knochenrinde. Sie verlaufen überwiegend parallel zur Knochenlängsachse. Durch den ständigen An-, Ab- und Umbau im Knochengewebe kommt es mit zunehmenden Lebensalter zu charakteristischen Veränderungen der mikroskopischen Knochenstruktur. Durch Zählung der Strukturen auf definierten Flächen können die Forscher z.B. das Sterbealter belegen. Durch die Analyse von Form und Größe der Osteone kann die Spezies bestimmt werden. Diese speziellen Untersuchungsmethoden greifen vor allem, wenn kein Gesamtskelett zur komplexen Beurteilung vorliegt, oder wenn der schlechte Zustand der Knochen z.B. nach einer Brandbestattung nur noch eine eingeschränkte morphologische Analyse zulässt. Wissenschaftler aus der Anthropologie, Archäologie und Rechtsmedizin sind daher die häufigsten Auftraggeber für osteologische Untersuchungen. Bei der Lebensaltersbestimmung der Eisleiche „Ötzi“ vom Hauslabjoch wurde diese Methode von einem osteologischen Forschungslabor eingesetzt. Die Genauigkeit der Einordnung liegt derzeit bei plus/minus sieben Jahren.

Finden Archäologen auf einem Grabungsfeld Knochenfragmente, kann eine Osteonen-Analyse auch klären, ob es sich um menschliche oder tierische Knochen handelt. Anhand dieser Ergebnisse kann u.U. entschieden werden, ob weitere Grabungen am Ort, die ja oft mit hohen Kosten- und Logistikaufwand verbunden sind, vorgenommen werden.

Die Osteonenanalyse als wissenschaftliches Untersuchungsverfahren wurde Mitte der 60er Jahre entwickelt und ist hier in Göttingen seit Jahren als Standardmethode etabliert. Die Analysen werden in der Abteilung von Prof. Dr. Bernd Herrmann, Institut für Zoologie und Anthropologie, Abteilung historische Anthropologie und Humanökologie durchgeführt. Die Göttinger Forscher genießen aufgrund ihrer Erfahrungen und Kompetenz ein hohes Ansehen bei ihren Fachkollegen. Die Diplombiologin Birgit Großkopf, die den Workshop gemeinsam mit dem Ethnologen Kim Dammers, A.B. organisiert, ist stolz darauf, viele Anfragen aus anderen Ländern zu erhalten: „Wir bekommen Proben von Kollegen zugeschickt, um ihre Ergebnisse zu überprüfen oder werden zu Rate gezogen, wenn es um Präparationsmethoden geht“, sagt Großkopf.

Der letzte Workshop fand 1990 unter dem Thema Paläohistologie in Göttingen statt. Neu entwickelte und verfeinerte Analysemethoden sind der Anlass, einen neuen Workshop abzuhalten. „Wir wollen ganz konkrete Fragestellungen am Objekt bearbeiten, diskutieren und Lösungen erarbeiten“ erläutert Großkopf. Gespannt ist sie besonders auf den Vortrag der Dipl. Biologin Karola Dittmann vom Institut für Anthropologie und Humangenetik in München, die anhand bestimmter Mikrostrukturen von Osteonen auf die Fortbewegungsart von Primaten schließen will. Sollten die Ergebnisse überzeugen, wäre es denkbar, auch Knochenanalysen zu entwickeln, die Aufschluss über die Lebensweise und vielleicht sogar Statur von Menschen geben, erörtert Großkopf.

Die Forscher gehen davon aus, auf dem Workshop viele neue Ideen zu entwickeln und möchten die Ergebnisse in einem Tagungsband publizieren. Noch werden Sponsoren gesucht, die bereit sind, sich an den Druckkosten zu beteiligen.

Weitere Informationen:
Birgit Großkopf
Tel: 0551/39-3649
E-Mail: bgrossk1@gwdg.de

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