Wüstensonne als Lösung des Energieproblems?

Mit dem hochaktuellen Thema der globalen Energiekrise beschäftigt sich am 9. und 10. Juni 2008 der 1. Gießener Workshop zur Solarenergie-Partnerschaft mit Afrika (SEPA08).

Zu der Tagung kommen Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachgebieten zusammen, um über Solarenergie-Erzeugung in der Sahara zu diskutieren. An der Justus-Liebig-Universität hatte sich bereits im Sommersemester 2007 eine interdisziplinäre Forschergruppe zusammengefunden. Ziel ist es, die Chancen und Probleme einer Energie-Partnerschaft Europas mit Afrika auszuloten.

Schon heute verbraucht die Menschheit täglich eine Erdölmenge, die erdgeschichtlich in 1.000 Jahren gebildet wurde. Mit einer wachsenden Weltbevölkerung und gleichzeitig steigendem Pro-Kopf-Energieverbrauch – speziell auch in Ländern mit bisher unterdurchschnittlichem Energiebedarf wie Indien und China – wird sich das Problem noch verschärfen. Der Verbrauch fossiler Brennstoffe setzt so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre frei, dass sich das Weltklima massiv verändern wird.

In zahlreichen Regionen der Welt, unter anderem auch in Afrika, werden Migrationsströme von vielen Millionen Menschen, die der Dürre, dem Hunger oder den Überschwemmungen auszuweichen versuchen, die Folge sein.

Diese „Naturkatastrophen“ werden die Menschen nicht mehr als naturgegeben hinnehmen, sondern aller Voraussicht nach den Industriestaaten zur Last legen und Entschädigung verlangen.

Energiesparen und die Steigerung der Energieeffizienz sind wichtige kurzfristige Lösungsansätze, die von großer Bedeutung sind, aber alleine nicht ausreichen. Der Umstieg auf Kernenergie bietet ebenfalls keine Lösung des globalen Energieproblems, da etwa 13.500 neue Kernreaktoren überall auf der Welt gebaut werden müssten, um die fossilen Brennstoffe zu ersetzen. Wegen der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und der Gefahr terroristischer Anschläge, insbesondere in instabilen Regionen der Welt, würde ein konsequentes Ausbauen der Kernenergie ein hohes Sicherheitsrisiko darstellen. Die verstärkte Nutzung von Biomasse in großem Stil wird sehr schnell in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion treten und ist mit Blick auf den steigenden Hunger in der Welt nicht zu verantworten. Was bleibt, sind im Wesentlichen die Potentiale der Wind-, Wasser- und Solarenergie.

„Die Energiemenge, die unser 'Fusionsreaktor' Sonne an einem Tag innerhalb von sechs Stunden in die Wüstenregionen der Erde einstrahlt, entspricht dem Weltenergiebedarf eines ganzen Jahres“, erläutert Prof. Dr. Michael Düren (II. Physikalisches Institut), einer der Organisatoren der Tagung. Ein kleiner Bruchteil der in die Wüste eingestrahlten Solarenergie könnte also die Energieprobleme der Welt lösen – wenn es gelingen würde, sie nutzbar zu machen. Mit solarthermischen Kraftwerken kann Solarenergie in der Wüste kostengünstig in Wärme und Strom umgewandelt werden, und es ist kein technisches Problem mehr, aus Anlagen in der Sahara rund um die Uhr den Strom für ganz Europa zu liefern. „Aus physikalischer Sicht gibt es in dem Sinne keine Energiekrise, solange die Sonne scheint“, betont Prof. Düren.

Die Idee ist nicht neu, sie wird im Gegenteil seit 20 Jahren immer wieder diskutiert. Dennoch wurde ihre Umsetzung bis heute nicht ernsthaft vorangetrieben. Das lässt erahnen, dass es weniger technische Probleme waren, die die effiziente Nutzung dieser Ressourcen bisher verhinderten, als wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Gründe, die dem Bau solcher Anlagen im Wege standen. „Historische und politische Belastungen, wie beispielsweise die Erinnerung an die Epoche kolonialer Ausbeutung, und die ganz aktuellen, gewaltsamen Auseinandersetzungen um Energieressourcen in Afrika, wie zum Beispiel die Ölförderung in Nigeria, spielen hier eine Rolle“, sagt Prof. Dr. Winfried Speitkamp (Historisches Institut), der die Tagung zusammen mit Prof. Düren ins Leben gerufen hat.

Mit der Verschärfung der Energie- und Klimaprobleme wird die Nutzung der regenerativen Ressourcen aber für beide Kontinente immer dringender. Es ist das Ziel des Workshops, das Zusammenspiel der technischen Optionen und ihrer wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen eingehender zu analysieren, um so die Möglichkeiten einer für beide Seiten vorteilhaften, klimafreundlichen Energieversorgung ausloten zu können. „Eine Solarenergie-Partnerschaft zwischen Europa und Afrika sollte überdies nicht nur zur Lösung der Energieprobleme im engeren Sinne beitragen“, betont Prof. Speitkamp. „Sie sollte darüber hinaus in der Lage sein, die zu erwartenden politischen und humanitären Probleme der Zukunft zu entschärfen. Mit unserem Workshop 'SEPA08' wollen wir dazu einen Beitrag leisten.“

Die Tagung im Senatssaalt im Hauptgebäude der Universität (Ludwigstr. 23, Gießen) beginnt am Montag, 9. Juni 2008, um 14 Uhr mit einer Begrüßung durch Universitätspräsident Prof. Dr. Stefan Hormuth und schließt am Dienstag, 10. Juni 2008, um 11 Uhr mit einer Podiumsdiskussion zu der Frage „Was ist nötig, um in Ägypten, Marokko und Namibia Solarkraftwerke zu bauen?“.

Kontakt:
Ulrike Kammer, Historisches Institut
Otto-Behaghel-Straße 10 C, 35394 Gießen
Telefon: 0641 99-28177, Fax: 0641 99-28169
E-Mail: sepa@geogr.uni-giessen.de

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Lisa Arns idw

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