Analytica Conference in München: Nanoanalytik zwischen Physik, Chemie und Biologie

Einer der drei Plenarvortragenden, Professor Dr. Harald Fuchs von der Universität Münster, zeigt, wie man mit Hilfe der Nanoanalytik Materialuntersuchungen bis hin zur atomaren Ebene durchführen kann. Unter der Leitung von Dr. Tamara Appel, ThyssenKrupp Steel AG, Dortmund, wird in Beiträgen aus der Industrie der Stellenwert der Nanoanalytik in der Anwendung diskutiert. Hierbei soll insbesondere die Frage beantwortet werden, inwieweit die neuen Werkzeuge bereits eine ausreichende Hilfestellung bieten oder wo Nachbesserungsbedarf in der Entwicklung neuer Geräte oder der Ausbildung junger Akademiker besteht.

Die Nanowissenschaften dringen immer mehr auch in die Medizin vor. Einen aktuellen Überblick darüber gibt PD Dr. Patrick Hunziker vom Universitätsspital Basel in seinem Vortrag, dem sich weitere vier vertiefende Vorträge zur Nanomedizin anschließen. Hunziker selbst befasst sich im Rahmen des Schweizer Nationalen Schwerpunkts Nanowissenschaften mit winzigen Containern, die Medikamente zielgenau an ihren Wirkort bringen sollen.

Bevor die Medikamentenfähre zum Einsatz kommt, müssen mögliche toxische Wirkungen und die „Entsorgung“ der Nanocontainer geklärt sein. Die Nanoanalytik in Biologie und Medizin untersucht Oberflächenwechselwirkungen, beispielsweise an Biomembranen oder einem Biosensor, der z.B. der Blutuntersuchung dient. Die Nanomechanik leitet aus den analytischen Messungen mögliche molekulare Mechanismen oder Adhäsionskräfte an den Oberflächen ab. Für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes will man auf diese Weise neue Diagnoseverfahren und Therapiemöglichkeiten erarbeiten. In den Analysemethoden erzielt man durch Miniaturisierung eine höhere Sensivität. Für neue Nanobauteile in der medizinischen Analytik zeichnen die medizinischen Systemtechniker verantwortlich.

Schließlich geht es unter dem Titel „Klein aber effektiv“ um Kolloide und Nanopartikel in der Umwelt. In dieser Sitzung, die von Professor Dr. Fritz H. Frimmel von der Universität Karlsruhe (TH) geleitet wird, kommen neben zwei Vortragenden aus Karlsruhe und München zwei Wissenschaftler aus Kanada sowie je einer aus den Niederlanden und aus Österreich zu Wort.

Nanoanalytik zum Schutz des Wassers

Es geht um die Frage nach der Belastung unserer Gewässer – und damit letztlich auch um die Qualität unseres Trinkwassers, wenn Wissenschaftler Kolloide und Nanopartikel im Wasser untersuchen. Diese einfach erscheinende Aufgabe entpuppt sich im Detail als recht schwierig, wenn man zuverlässige und seriöse Ergebnisse erhalten will; denn in dem dynamischen System des Gewässers und auch durch Entnahme der Wasserprobe können sich die kleinen Teilchen in Größe und Struktur verändern. Im Visier sind sowohl natürliche Kolloide, zu denen das Eisenoxid im Boden sowie Huminstoffe wie Fulvinsäure, gebildet durch Mikroorganismen im Boden, oder wie Mixturen aus Polysacchariden zählen als auch gezielt hergestellte und technisch genutzte Nanopartikel. Kolloide haben eine Größe von etwa einem Nanometern bis zu einem Mikrometer und sind daher z.T. auch den Nanopartikeln zuzurechnen. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Wechselwirkungen zwischen Huminstoffen und den Metalloxiden bzw. -hydroxiden. Die molare Masse, der pH-Wert, die Ladung der Spezies und die Ionenstärke beeinflussen solche Wechselwirkungen und müssen in die analytischen Bestimmungen einbezogen werden.

In Kanada hängen fast neun Millionen Menschen vom Grundwasser als Trinkwasserquelle ab. Auch bei dieser Ressource besteht die Möglichkeit, dass sie durch mikrobielle pathogene Keime oder winzige Parasiten verunreinigt wird – durch Infiltration mit Abfallstoffen aus der Tierhaltung oder aus undichten Faulgruben oder Abwasserkanälen. Wenig ist darüber bekannt, wie toxigene Mikroorganismen als pathogene Biokolloide mit dem Grundwasser transportiert werden und wie lange sie dort verbleiben. Erst moderne Analysenmethoden machen es möglich, in Modellversuchen z.B. mit sandgepackten Säulen, Veränderungen der Biokolloide zu verfolgen und vor allem die bakteriellen Zelloberflächen zu charakterisieren, von denen es auch abhängt, ob oder wie lange die Teilchen an Sand oder Erde haften.

Auch über Müllkippen und -deponien gelangen die unterschiedlichsten kolloidalen Stoffe ins Grundwasser. Mit Hilfe der analytischen Chemie ließ sich feststellen, dass es offenbar eine wirkungsvolle physikalisch-chemische Barriere zwischen dem Müll und dem Grundwasser gibt: der Wechsel des Redoxpotentials. Von ihm scheint es abzuhängen, in welchem Maße die Kolloide die Grundwasser führende Schicht in der Nähe der Deponie mit einer recht widerstandsfähigen Beschichtung quasi auskleiden – versiegeln.

Bei den Nanopartikeln interessieren vor allem auch die anthropogenen Ursprungs, beispielsweise Titandioxid, das als das wichtigste Weißpigment in der Farben-, Lack-, Kunststoff- oder Papierindustrie Einsatz findet. Die Wasserchemiker müssen auf unterschiedliche Methoden zurückgreifen, wollen sie die nanoskaligen Systeme charakterisiern. Dazu gehören die Rasterkraftmikroskopie, die Rasterelektronenmikroskopie, die Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie, die dynamische Lichtstreuung oder die Kapillarelektrophorese – recht junge analytische Methoden, die durch ständig neue Anwendungen eine stetige Entwicklung erfahren.

Mit der Nanotechnologie will man neue Materialien mit verbesserten Eigenschaften entwickeln. Schon jetzt finden die so genannten Nanoprodukte Anwendung im täglichen Leben und in der Industrie, beispielsweise in der Kosmetik, in der Medizin, bei katalytischen Verfahren oder der Behandlung von Oberflächen. So gelangen Nanopartikel immer mehr in die Umwelt. Wie sie sich dort, vor allem auch im Wasser, verhalten, ist wenig bekannt. Die Wissenschaftler experimentieren mit bekannten analytischen Methoden und entwickeln sie für ihre Fragestellungen weiter. Ein Zauberwort heißt Kopplungstechniken: analytische Trennverfahren, z.B. Säulenchromatographie oder die asymmetrische Fluss Feld-Fluss Fraktionierung, gekoppelt mit elementspezifischer Detektion, z.B. Massenspektrometrie.

Besonders interessiert die Frage, wie schnell Nanopartikel in Oberflächenwässern vom Sediment festgehalten werden. Auch hier spielt die chemische und physikalische Oberflächenbeschaffenheit der Nanopartikel und des Sediments eine entscheidende Rolle und ganz offenbar auch die Bildung so genannter Biofilme auf der Oberfläche der Sedimente. Deren Bildung und Stärke ist von vielen Parametern abhängig, so von dem pH-Wert oder der Art und Konzentration elektrisch geladener Teilchen, der Ionen, im Wasser.

Die GDCh hat aus ihrer Organisationsstruktur heraus jene Fachgruppen mit der wissenschaftlichen Programmgestaltung der Analytica Conference beauftragt, die sich ganz wesentlich mit analytischen Fragestellungen beschäftigen. Dazu gehört zu vorderst die Fachgruppe Analytische Chemie, aber natürlich auch die Wasserchemische Gesellschaft als Fachgruppe in der GDCh. Die DGKL hat zum Programm die Session Nanomedizin beigesteuert. Die GBM bietet u.a. eine Vortragsreihe über „Protein Microassay Technology“ an. (Aktuelles Programm unter www.gdch.de/analytica2008 )

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Dr. Renate Hoer idw

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