Artenvielfalt trotz Ackerbau

Deutschland gleicht von der Luft aus betrachtet in vielen Gegenden einem Flickenteppich: Eine abgegrenzte Ackerfläche liegt neben der anderen. Auch Wiesen und Weiden haben klare Konturen. Kaum ein Hektar bleibt vom Menschen ungenutzt. Selbst der Wald, den wir beim Durchwandern als urwüchsige Natur empfinden, ist vom Menschen angepflanzt worden. In einem so engen Spielraum zwischen Rapsfeldern und Fichtenschonungen fällt es schwer zu glauben, dass darin botanische Vielfalt möglich ist. Doch diese ist in Mitteleuropa sowohl durch natürliche Entwicklung als auch durch Landnutzung entstanden.

Wie man die verschiedenen Landnutzungen in die Bemühungen zum Erhalt der pflanzlichen Vielfalt einbeziehen kann, darüber wollen Botaniker, Ökologen und Landnutzer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz während einer Tagung an der Universität Jena diskutieren. Deshalb laden Biologen des Instituts für Spezielle Botanik der Friedrich-Schiller-Universität zur Veranstaltung „Landnutzungssysteme und pflanzliche Biodiversität: historische Entwicklung – aktueller Stand – künftige Integration“ vom 12. bis 15. Mai ein. Die Anmeldung ist ab sofort bis zum 31. März möglich. Interessenten können sich an Organisator Thomas Rohde wenden (thomas.rohde@uni-jena.de).

„Nicht nur Urwälder sind ein Ausdruck biologischer Vielfalt“, erklärt der Jenaer Botaniker Thomas Rohde. „In vielen Fällen ist die biologische Vielfalt durch unterschiedliche Landnutzung beeinflusst und verändert worden. Schließlich formt der Mensch seine Umgebung – und damit die Natur – bereits seit mehreren Tausend Jahren. Viele durch Nutzung entstandene Lebensräume sind von besonderer Bedeutung. Daher können Landnutzungssysteme etwa der Landwirtschaft auch geeignet sein, einen wirksamen Beitrag zur Vielfalt des Lebens zu leisten“, sagt der Mitorganisator der Tagung. Ackerwildkräuter beispielsweise würden ohne Ackerbau bei uns nicht existieren.

Um herauszustellen, wo man den Hebel ansetzen kann, wollen die Forscher während der Tagung erst einmal einen Blick zurückwerfen. „Wir wollen diskutieren, wie die Menschen in der Vergangenheit Flächen nutzten und wie dies die biologische Vielfalt beeinflusste“, sagt der Biologe von der Universität Jena. Auch wenn man das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen wolle, so könne man doch aus den Erfolgen und Fehlern der Vergangenheit Lehren für die Zukunft ziehen.

„Momentan findet ein großer Umbruch in der Landwirtschaft statt“, sagt Rohde. „Ackerbau wird in Deutschland zunehmend nicht mehr nur betrieben, um Nahrungsmittel herzustellen. Mehr und mehr geht es um den Anbau von Pflanzen zur alternativen Energiegewinnung.“ Dieser Paradigmenwechsel zeigt sich auch in den staatlichen Förderungen der Land- und Energiewirtschaft. Der Bund unterstützt die Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen und beeinflusst so die Märkte für landwirtschaftliche Produkte. Daran sollten aber Auflagen geknüpft sein, die den Erhalt der biologischen Vielfalt ins Zentrum rücken, damit Biodiversität nicht nur in isolierten Naturschutzgebieten möglich ist. „Diese Inseln müssen zu einem Netz miteinander verbunden werden, um den Arten und Lebensgemeinschaften ein Überleben zu erlauben.“ Eine Möglichkeit dazu bestehe darin, die Biodiversitätsziele insbesondere in neue Anbaumethoden und -kulturen einzubringen und bei deren Förderung zu berücksichtigen. Um die Vielfalt des Lebens auch in Landnutzungssystemen erhalten oder fördern zu können, sei eine intensive Zusammenarbeit mit den Landnutzern erforderlich. Der Bewirtschafter solle zwar als Markteilnehmer, aber auch als Partner und nicht als Gegner gesehen werden.

Die Tagung wird nicht ohne Grund in diesem Jahr abgehalten. Nach 2013 gelten neue Richtlinien für die Förderinstrumente von Bundesrepublik und Europäischer Union, die jetzt erarbeitet werden. Die Wissenschaftler wollen durch die Darlegung und Diskussion der Fakten wichtige Argumente in diesen Prozess einbringen. „Was jetzt beschlossen wird, hat Auswirkungen auf das gesamte kommende Jahrzehnt“, resümiert Thomas Rohde.

Die Tagung findet vom 12. bis 15. Mai in der Aula des Universitätshauptgebäudes (Fürstengraben 1) statt. Eine Anmeldung ist noch bis 31. März möglich. Nähere Informationen zum Programm unter: http://www2.uni-jena.de/biologie/spezbot/.

Kontakt:
Thomas Rohde
Institut für Spezielle Botanik mit Herbarium Haussknecht und Botanischem Garten der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Philosophenweg 16, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949254
E-Mail: thomas.rohde[at]uni-jena.de

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Sebastian Hollstein idw

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