Wenn sich Eichen im doppelten Sinne lohnen

Für die Artenvielfalt sind Alt- und Totholz besonders wichtig. Andreas Mölder

Über 1.000 Insektenarten konnten an Eichen festgestellt werden. „Der Erhalt der Artenvielfalt ist eng mit dem Lebensraumschutz verknüpft – alte Eichen und Eichenwälder spielen dabei eine herausragende Rolle“, sagt Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Einige von ihnen sind jahrhundertealte Relikte historischer Waldnutzungsformen wie Mittel-, Nieder- und Hutewälder. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA, Göttingen) hat in einem von der DBU fachlich und finanziell geförderten Projekt Eckpunkte für ein zielgerichtetes Management von Eichenwäldern erarbeitet.

Es wird aufgezeigt, wie Wälder verjüngt werden können, aber auch, dass systematische Bewirtschaftungskonzepte auf Waldlandschaftsebene notwendig sind. Demnach könnten zum Beispiel nicht standortgemäße und geschädigte Fichtenwälder gezielt in Eichenbestände überführt werden.

Dabei wird deutlich, dass der ökonomische Erfolg der Eichenwirtschaft eine wesentliche Motivation darstellt, struktur- und artenreiche Eichenwälder zu erhalten und zu begründen. Wenn solche Eichenlebensräume wirtschaftlich rentabel sind, lohnt es sich im doppelten Sinne, sie langfristig zu erhalten.

Zielkonflikte bei Verjüngung und Ernte von Eichenwäldern

Derzeit nehmen Eichenwälder laut Bundeswaldinventur rund zehn Prozent der Waldfläche Deutschlands ein. International bedeutsam sind gleich mehrere Eichen-Lebensraumtypen innerhalb des zusammenhängenden Natura-2000-Schutzgebietnetzes der Europäischen Union. „Gerade im hohen Alter sind Eichenwälder für den Naturschutz durch ihre Arten- und Strukturvielfalt bedeutsam“, betont Dr. Reinhard Stock, DBU-Fachreferent Naturschutz.

Wer einen Eichenwald begründen will, müsse jedoch mit hohen Anfangskosten und langen Produktionszeiträumen rechnen. Finanziell lohne sich der Holzverkauf erst, wenn die Bäume eine gewisse Dimension erreicht hätten. Prof. Dr. Hermann Spellmann, Projektleiter und Leiter der NW-FVA, sagt: „Ausgeprägte Zielkonflikte zwischen Ökonomie und Naturschutz ergeben sich damit häufig bei der Verjüngung und der Ernte von Eichenwäldern.“

Insgesamt wurden rund 350 Wälder in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Sachsen-Anhalt systematisch untersucht.

Viel Licht und wenig Konkurrenz ausschlaggebend

Frei gewordene Waldflächen, auf denen beispielsweise ehemals Fichten oder vom Triebsterben geschädigte Eschen standen, könnten sich laut Projektbearbeiter Dr. Andreas Mölder von der NW-FVA als Chance für den Anbau der Licht liebenden Eiche entpuppen. Sie sollten aber mindestens in etwa die Größe eines Fußballfeldes haben. „Ein entscheidender Faktor, der sowohl naturschutzfachlich als auch wirtschaftlich für Eichenwälder enorme Bedeutung hat, ist, wie viel Licht die Bäume bekommen“, so Mölder.

Deshalb könne ein flächenhaftes Anpflanzen sogar ökonomisch sinnvoller sein, als zwischen alten Eichen auf kleiner Fläche unsichere und teure Verjüngungsmaßnahmen durchzuführen, die wegen der mangelnden Schattentoleranz der Eiche oft erfolglos seien. Wichtig für die Wiederausbreitung der typischen Lebensgemeinschaften reifer Eichenwälder seien die Nachbarschaft alter Eichengruppen und der Erhalt von Eichen-Habitatbäumen.

Andererseits sollten Buchen, die im Schirm über der Eichenverjüngung zu viel Schatten spenden, entfernt werden. Mölder: „Um eine hohe Vielfalt von Arten, die an die Baumart Eiche gebunden sind, zu erreichen, ist es sinnvoll, eine Kombination aus wirtschaftlich genutzten Wäldern und Habitatbaumgruppen sowie -flächen zu entwickeln. Auch ist es zielführend, stehendes und liegendes Eichentotholz im Wald zu belassen. Die Reste historischer Bewirtschaftungsformen wie Nieder- oder Hutewald sollten erhalten und diese historischen Wirtschaftsformen wieder aufgenommen werden, wo es möglich und sinnvoll erscheint.“

Pflanzungen aus wirtschaftlicher Sicht erfolgreicher als Naturverjüngung

Für Forstbetriebe, die von den Erträgen aus dem Holzverkauf abhängen, empfiehlt Projektbetreuer Ralf-Volker Nagel, überwiegend auf Pflanzungen zu setzen. „Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass es zahlreiche negative Einflussgrößen gibt, die waldbaulich nicht steuerbar und häufig zufällig sind. So führen Fraß, Pilzbefall oder Witterung dazu, dass selbst bei vorbildlicher Vorgehensweise des Forstpersonals Naturverjüngungsmaßnahmen oft misslingen“, so der Waldbauexperte.

Die systematische Inventur von Eichen-Jungbeständen in den genannten Bundesländern habe gezeigt, dass dort die Eichennaturverjüngung mit einem Anteil von vier Prozent nur eine sehr untergeordnete Rolle spiele. Nagel betont schließlich, dass eine Betrachtungsweise auf Bestandsebene nicht ausreiche, um die Eichenlebensräume langfristig zu sichern. Vielmehr seien systematische Bewirtschaftungskonzepte auf Waldlandschaftsebene notwendig.

https://www.dbu.de/123artikel38579_2442.html Online-Pressemitteilung

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Jessica Bode idw - Informationsdienst Wissenschaft

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