Robust, Sauber, Ausdauernd: Neuartige Mikro-KWK-Pilotanlage geht nach erfolgreichem Labor-Langzeitversuch in Feldtest

Aufbau der Mikro-KWK-Anlage (Darstellung ohne Isolierung und Instrumentierung) FAU

Strom mit bisher ungenutzten biogenen Reststoffen erzeugen – eine Marktlücke, für die es aktuell im kleinskaligen Bereich noch keine technische Lösung gibt. Wissenschaftler am Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik an der FAU Erlangen-Nürnberg wollen das nun ändern.

Gemeinsam mit den Projektpartnern SWW Wunsiedel und Frauscher Thermal Motors entwickeln sie derzeit ein hocheffizientes, brennstoffflexibles und skalierbares Mikro-KWK-System, bestehend aus einer Wirbelschichtfeuerung und einem Stirlingmotor.

Die Nutzung von kleinsten Wirbelschichtfeuerungen für Mini-KWK-Konzepte (siehe Kasten unten) verspricht eine effiziente Kühlung der Feuerung mittels eines Stirlingmotors und vermeidet gleichzeitig die Verschmutzung von Wärmeübertragern. Der für die Kühlung notwendige Luftüberschuss ist damit geringer und hohe Feuerungswirkungsgrade können erreicht werden.

An diesem Konzept forschen Wissenschaftler am Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik bereits seit einigen Jahren. Das laufende Projekt „BioWasteStirling“ soll dies nun weiter vorantreiben & fokussieren. Bis Anfang 2019 führten die Forscher im Labor stundenweise Versuche durch. Diese Tests eröffnen jedoch nur sehr schwer Erkenntnisse zum Betrieb der Gesamtanlage in stationären Betriebspunkten.

Auch das Betriebsverhalten des beigestellten Motors (Frauscher Thermal Motors) konnte in der neuartigen Kombination mit der Wirbelschichtfeuerung dabei noch nicht mehrere Tage im Betrieb erprobt werden. Erst ein Langzeittest im Labor im Februar ermöglichte es den Forschern, die neu entwickelte Anlage mehrere Tage im Dauerlastfall zu beobachten. Damit konnten Rückschlüsse auf Teillastverhalten, Regelungsstrategien und Bettmaterialmanagement getroffen werden.

Die Ergebnisse im Detail

Die Anlage erreichte während des Versuchs je nach Lastzustand einen maximalen elektrischen Wirkungsgrad von ca. 15 % und einen feuerungstechnischen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 90 %. Die Nennleistung des Motors von 5 kWel konnte bereits vor dem Versuch in der ersten Inbetriebnahme erreicht werden. Sowohl die CO- als auch Feinstaubemissionen blieben über den kompletten Versuchszeitraum unter den geltenden Grenzwerten der 1. BImSchV.

Die Dauerlastfähigkeit des Anlagenkonzepts konnte damit erfolgreich unter Beweis gestellt werden. Darüber hinaus entstanden während des Versuchs keine Verschlackungen, Anbackungen oder Erosionserscheinungen im Reaktorbehälter oder an den Wärmeübertragerflächen des Motors.

Ausblick – Feldtest ab Ende Juni 2019

Die durch den Langzeittest im Labor erlangten Erkenntnisse waren in den letzten Wochen Grundlage für konstruktive und regelungstechnische Verbesserungen der Anlage. Gleichzeitig strebten die Forscher den schnellstmöglichen Umbau der Anlage an den Standort der SWW Wunsiedel in den autarken Container (Feldtestumgebung) an, um die Versuchszeiten auf den wochenweisen Betrieb und weitere Brennstoffe auszuweiten.

Die im Labor entwickelte Mikro-KWK-Anlage wird nun Ende Juni den nächsten Schritt „vom Labor in die Praxis“ durch den Feldtest begehen. Dann steht vor allem die Langzeitstabilität im Fokus – und eine Bestätigung der bisherigen guten Laborergebnisse.

Ist das der Fall, so hoffen die Mitarbeiter der FAU auf eine Möglichkeit zur Kommerzialisierung und die Erweiterung der möglichen Produktpalette auch auf weitere Einsatzszenarien kleinskaliger Wirbelschichtfeuerungen im Wärme- und Stromsektor.

Was macht die Mikro-KWK-Anlage besonders?

Die Mikro-KWK-Anlage beruht auf einem Konzept, welches eine kleinskalige Wirbelschichtfeuerung mit einem Stirlingmotor kombiniert, indem die Erhitzerkopfflächen des Motors direkt in das Wirbelbett eingebracht werden. Dadurch kann die Feuerung aktiv gekühlt werden, was den Betrieb mit einem niedrigeren Luftüberschuss ermöglicht und somit höhere Feuerungswirkungsgrade erreicht werden können. Projektmitarbeiterin Tanja Schneider (FAU) erklärt:

„Auch bisherige Probleme in solch kleinskaligen KWK-Anlagen mit Biomassefestbrennstoffen, beispielsweise die Überschreitung von Ascheschmelztemperaturen und somit entstehende Verschmutzungen an Wärmeübertragerflächen können durch dieses Konzept aktiv vermieden werden. Der sehr gute Wärmeübergang im Wirbelbett verspricht darüber hinaus eine verbesserte Wärmeauskopplung und schließlich einen effizienten Betrieb des Motors.“

FÖRDERBEREICH „ENERGETISCHE BIOMASSENUTZUNG“

Seit 2018 fördert das BMWi Bioenergiethemen mit dem Förderbereich „Energetische Nutzung biogener Rest- und Abfallstoffe“ im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms.

Startpunkt der Förderung war – im Juni 2008 – das Förderprogramm „Energetische Biomassenutzung – Förderung von Forschung und Entwicklung zur klimaeffizienten Optimierung der energetischen Biomassenutzung““, welches vom Bundesumweltministerium initiiert wurde.

2014 wechselte das Programm in den Verantwortungsbereich des BMWi. Seit 2016 ist das Programm als Forschungsnetzwerk BIOENERGIE Teil der Forschungsnetzwerke Energie des BMWi.
Nach zehnjähriger Laufzeit umfasst die Förderung über 150 Verbundprojekte bzw. über 380 Einzelprojekte zum Thema Biomasse als Energieträger.

Im Fokus steht die Erforschung und Entwicklung von zukunftsweisenden Technologien sowie Verfahrens- und Prozessoptimierungen, die eine effiziente, wirtschaftliche und nachhaltige Nutzung der Bioenergie ermöglichen und zur Versorgungssicherheit beitragen.

Dazu unterstützt das Ministerium vor allem durch praxisorientierte Lösungen mit Demonstrations- und Pilotcharakter, die zur Flexibilisierung der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse beitragen. Systemintegration, Sektorkopplung, Digitalisierung sowie die erfolgreiche Kombination von Anlagen und Konzepten zur Nutzung Erneuerbarer Energien sind weitere wesentliche Aspekte.

Zur Verbesserung der nachhaltigen energetischen Nutzung im (gekoppelten) Wärme- und Strombereich sowie Verkehrsbereich sollen vor allem Biomassereststoff- und Abfallpotenziale erschlossen werden. Fördermittelempfänger sind klassische Forschungseinrichtungen, aber vor allem auch klein- und mittelständische Unternehmen, die die Markteinführung bestimmter Technologien anstreben.

Insgesamt sind seit 2009 rund 250 Institutionen im Programm beteiligt gewesen, davon über 125 KMU. Das Programm war bisher mit 67,3 Millionen Euro ausgestattet.

Das Begleitvorhaben, angesiedelt am DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH, ist für die wissenschaftliche Begleitung und Öffentlichkeitsarbeit des Förderbereichs Bioenergie des BMWi zuständig. Mit der fachlichen und administrativen Koordination desselben wurde der Projektträger Jülich (PtJ) beauftragt.

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Karl
Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik
Fürther Straße 244f
90429 Nürnberg

Tanja Schneider M.Sc. – Direkter Ansprechpartner / Projektkoordinator
Tel: +49 911 5302 9038
Email: tanja.t.schneider‍@‍fau.de

Dr. Ing. Dominik Müller – Projektleiter
Tel: +49 911 5302 9024
Email: dominik.mueller@fau.de

Begleitvorhaben des BMWi-Förderbereichs „Energetische Biomassenutzung“
Diana Pfeiffer – Projektkoordination
Telefon: +49 (0)341 2434-554
E-Mail: diana.pfeiffer@dbfz.de

https://www.energetische-biomassenutzung.de/de/news-media/presse/news-details/ne… Pressemitteilung auf der Webseite des BMWi-Förderbereichs „Energetische Biomassenutzung“

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Bianca Stur idw - Informationsdienst Wissenschaft

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