Pflanzenreichtum beeinflusst Bodenleben maßgeblich

Da die komplexen Zusammenhänge innerhalb der bestehenden Ökosysteme bisher nur unzureichend erforscht sind, können die Folgen des aktuellen Verlustes der Biodiversität im Tier- und Pflanzenreich für die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen schwer beurteilt werden. Einerseits bestehen Ökosysteme aus einer Vielzahl von Arten, andererseits werden Pflanzen auch in sogenannte funktionelle Gruppen eingeteilt.

Im Rahmen des sogenannten Jena Experiments (s. u.) gingen die Wissenschaftler der Frage nach, welchen Einfluss die Artenzahl, funktionelle Pflanzengruppen, die aufgrund ihrer Energieaufnahme und Wuchsform zusammengefasst sind, oder die Pflanzenproduktivität (pflanzliche Nährstoffproduktion) auf die Zusammensetzung der Boden-Biota haben. Denn Bodenleben und Pflanzenwachstum sind eng miteinander verbunden. So sind beispielsweise Abbau und Wiederverwertung von organischem Abfall im natürlichen Kreislauf von Lebewesen im Boden abhängig.

In der Vergangenheit wurde angenommen, dass der Einfluss von funktionellen Pflanzengruppen auf die Bodenzusammensetzung größer sei als die pflanzliche Artenvielfalt. Allerdings beruht diese Annahme hauptsächlich auf Kurzzeit-Experimenten. Daher starteten die Wissenschaftler nun ein Projekt, für das Veränderungen der Boden-Biota in Abhängigkeit von funktionellen Gruppen als auch von der Artenzahl über mehrere Jahre untersucht wurden. Bodenproben und Pflanzen-Biomasse wurden zwei, vier und sechs Jahre nach dem Anpflanzen von experimentellen Grasflächen mit unterschiedlichen Artenzahlen von eins bis 60 untersucht. Funktionelle Gruppen, von denen ein starker Einfluss auf die Bodenzusammensetzung und damit der verfügbaren Nahrung erwartet wird, wurden gezielt beigefügt bzw. weggelassen. Dazu zählten Leguminosen (Stickstoffsammler), Gräser und Kräuter.

Artenreiches Bodenleben abhängig von Artenzahl und Pflanzengruppen

Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass Dichte und Vielfalt aller Bodenlebewesen generell mit der Artenzahl und dem Vorhandensein von funktionellen Gruppen anstieg. Allerdings variierten die Auswirkungen zeitlich deutlich. Beispielsweise wurden mikrobielle Zersetzer erst nach sechs Jahren vom Pflanzenreichtum beeinflusst, Fleischfresser jedoch bereits nach zwei Jahren, während pflanzenfressende Lebewesen kaum beeinflusst wurden. Der Einfluss der ober- und unterirdischen Pflanzenproduktivität – gemessen über die Biomasse oberirdischer Pflanzenteile bzw. der unterirdischen Wurzel – war deutlich geringer. Die Auswirkungen von funktionellen Gruppen nahmen dagegen mit der Zeit ab und wurden von dem Einfluss der Artenvielfalt überholt.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass ein funktionierendes Ökosystem von Biodiversität abhängt. In der Folge des aktuellen globalen Artensterbens würde sich demnach unter anderem die Bodenzusammensetzung in den einzelnen Ökosystemen verändern, die wiederum das Pflanzenwachstum und deren –produktivität beeinflussen kann. Das sensible Zusammenspiel von Pflanzen und Bodenlebewesen wäre nachhaltig gestört.

Quellen:
Nico Eisenhauer et al.: Plant Diversity Surpasses Functional Groups and Plant Productivity as Driver of Soil in the Long Term, PloS One, January 2011

Media Contact

Nico Eisenhauer Pflanzenforschung.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer