Ökosysteme reagieren unterschiedlich stark auf sinkende Biodiversität

Erstreckt sich über 6 Hektaren: <br>Das Jena-Experiment zur Biodiversität <br>Alex Weigelt, Universität Leipzig<br>

Für eines der grössten fortlaufenden Biodiversitäts-Experimente Europas wurden im Jahr 2002 bei Jena (Deutschland) unterschiedlich artenreiche Pflanzenarten über sechs Hektaren gesät – das sogenannte Jena-Experiment.

Innerhalb dieses Gross-Experiments nahm die aktuelle Studie 400 Messungen von 38 Ökosystemfunktionen vor und untersuchte, wie diese auf den Verlust von Pflanzenarten reagierten.

Führend dabei waren Eric Allan und Markus Fischer vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern, Bernhard Schmid von der Universität Zürich und Wolfgang Weisser von der Technischen Universität München. «Die besondere Stärke unserer Studie ist, dass sämtliche Messungen von Ökosystemfunktionen – wie die Produktion von pflanzlicher Biomasse, Kohlenstoff- und Stickstoffspeicherung im Boden, Bestäubung, Herbivorie, Biomasse von Bodenorganismen und Flüsse von Kohlendioxid und Lachgas – auf den gleichen Versuchsflächen durchgeführt wurden», sagt Eric Allan.

Dadurch war es dem Forscherteam möglich, die gleichzeitige Wirkung der Biodiversität auf verschiedene Ökosystemfunktionen zu testen und direkt zu vergleichen. Die Ergebnisse zeigen, dass nach einem Verlust von Biodiversität die einzelnen Funktionen eines Ökosystems unterschiedlich stark beeinträchtigt werden – mit ebenso unterschiedlichen Folgen für Flora und Fauna. Die Studie wurde nun im Fachjournal «Oecologia» veröffentlicht.

Gravierende Folgen für Ökosysteme

Funktionierende Ökosysteme spielen eine wichtige Rolle für die Fruchtbarkeit von Böden oder bei der Regulierung des Klimas – zum Beispiel durch Kohlenstoffspeicherung im Boden und in der Biomasse. In der Forschung wurde aber bisher nur allgemein gefragt, ob Biodiversität Auswirkungen auf Ökosystemfunktionen hat. Ein Vergleich dieser Auswirkungen auf unterschiedliche Ökosystemfunktionen fehlte bislang.

Die Forschenden fanden nun heraus, dass sich bei einer Abnahme der Biodiversität rund die Hälfte der gemessenen Funktionen – darunter verschiedene Komponenten des Kohlenstoffkreislaufs – verschlechterte. «Der Verlust der biologischen Vielfalt stört den Kohlenstoffkreislauf, insbesondere die Speicherung von Kohlenstoff in Boden und Biomasse – und damit potenziell auch die Regulierung des Klimas», erklärt Markus Fischer.

Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass Untersuchungsflächen mit höherer Pflanzenartenvielfalt auch eine höhere Vielfalt und Anzahl von Tieren aufwiesen. Dies deutet laut den Forschenden darauf hin, dass der Verlust der Pflanzenartenvielfalt in Ökosystemen weitreichende Auswirkungen auf die Vielfalt von vielen anderen Organismen haben und das sekundäre Aussterben vieler anderer Arten verursachen könnte. «Viele der betroffenen Insektengruppen sind wichtig für Ökosystemleistungen, etwa für die Bestäubung. Der Verlust von Pflanzenarten könnte diese Ökosystemleistungen somit indirekt gefährden», warnt Allan.

Allgemein sollte sich nun laut den Forschenden die Grundsatzdebatte darüber, ob Biodiversität eine Auswirkung auf Ökosystemfunktionen hat, verlagern. «Diese Grundsatzfrage ist geklärt. Wir sollten deshalb in Zukunft untersuchen, welche Funktionen am stärksten durch den Verlust der Biodiversität beeinflusst werden und welche Komponenten der Biodiversität dafür verantwortlich sind», betont Fischer. Dies werde es auch erlauben, Synergien und Zielkonflikte von politischen und Umsetzungsmassnahmen zur Biodiversitätsförderung besser abzuschätzen.

Quellenangabe:
Eric Allan, Wolfgang W. Weisser, Markus Fischer, Bernhard Schmid et al: A comparison of the strength of biodiversity effects across multiple functions, Oecologia September 2013, doi: 10.1007/s00442-012-2589-0

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