Neue Forschungsergebnisse für die Züchtung klimastress-toleranter Pflanzen

Experten sind sich einig, dass der viel diskutierte Klimawandel zur globalen Erwärmung führen wird. Daher werden weitreichende Studien zur Züchtung trockenheits- bzw. hitzeresistenter Pflanzen durchgeführt, die auch unter extremen Temperaturen stabile Ernten sichern sollen.

Dennoch sind einige Wissenschaftler auch an den Strategien interessiert, die Pflanzen entwickelt haben, um bei niedrigen Temperaturen zu überleben. In der Folge könnten kältetolerante Sorten gezüchtet werden. Dieses Forschungsziel steht keineswegs im Widerspruch zum erwarteten Klimawandel.

Denn neben den steigenden Temperaturen erwarten Experten regional auch verstärkt Wetterextreme, wie Stürme, Überschwemmungen oder eben auch Kälteeinbrüche in eher warmen Regionen. Auch könnten derartige Züchtungen helfen, ursprünglich wärmeliebende Pflanzen wie den Mais in nördlicheren und damit frostgefährdeten Lagen anzubauen.

Mit der Adaption von Pflanzen an kältere Temperaturen möchten die Forscher ebenso wie mit der Adaption an steigende Temperaturen erreichen, dass Ernten stabil bleiben. Denn unerwartete Kälteperioden würden bei kälteempfindlicher Feldfrucht zu hohen Ernteausfällen führen.

Biochemiker der Michigan State University um den Deutschen Christoph Benning haben nun bei einer Studie neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Pflanzen sich selbst vor Kälte schützen können.

Kältetoleranz ist bei Pflanzen sehr variabel. Während bei einigen Pflanzen bereits Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt Schäden verursachen, können andere auch bei unter -40 °C noch überleben. Frosttoleranz kann entweder genetisch festgelegt sein oder durch einen kurzfristigen, initialen Kältereiz ausgebildet werden. Allgemein gilt, dass die Frosttoleranz die geographische Ausbreitung einer Art limitiert.

Auf zellulärer Ebene sind vor allem die zellulären Membranen – sowohl die Zellmembran als auch die Membran der Chloroplasten – von Frost gefährdet. Die Bildung von extrazellulären (außerhalb der Zelle) Eiskristallen führen zur Dehydrierung des Zellinneren, was zu Schäden an der Zellmembran bis hin zum Zelltod führt.

In der vorliegenden Studie diente die Modellpflanze Arabidopsis thaliana als Forschungsgegenstand. Damit Arabidopsis-Pflanzen leichten Frost überleben können, müssen sie an Kälte akklimatisiert, also bereits an niedrigere Temperaturen angepasst sein. Während der Kälteakklimatisation finden auf molekularer Ebene diverse Veränderungen statt, die Mechanismen gegen Frostschäden in Gang setzen.

Die Forscher fanden heraus, dass ein bestimmtes Gen bei Arabidopsis für Kältetoleranz essentiell ist. Das sogenannte SENSITIVE TO FREEZING 2-Gen (SFR2) synthetisiert ein Enzym, das sich in der äußeren Chloroplastenmembran befindet. Dort ist es für Stoffwechselmechanismen verantwortlich, die Veränderungen im Organellenvolumen kompensieren und die Membran während Frost stabilisieren. Vor allem wird mithilfe von SFR2 ein Lipid erzeugt, das Chloroplasten und Zellmembranen vor Frost schützt. In der Studie wurde dieses Gen von den Wissenschaftlern so verändert, dass es nicht mehr wirksam war. Pflanzen, die dieses mutierte SFR2-Gen enthielten, zeigten nach Kälteeinwirkung starke intrazelluläre Frostschäden sowohl am Chloroplast als auch am Tonoplast. Damit ist die Funktion dieses Gens geklärt. Es könnte nun in seiner Wirkung weiter verstärkt werden. Zudem könnten weniger frosttolerante Arten mit dem Gen ausgestattet werden, um die zerstörerische Wirkung der Kälte auf zellulärer Ebene abzumildern.

Die Studie ist ein wichtiger Schritt, um zu verstehen wie sich Pflanzen gegen extreme Temperaturen wappnen. Anzunehmen ist, dass nicht nur ein einziger Mechanismus für die Kältetoleranz von Pflanzen verantwortlich ist. Um aus kälteempfindlichen Pflanzen gezielt kältetolerante Arte züchten zu können, sind daher weitere Forschungsarbeiten notwendig.

Quelle:
Eric Moellering et al. (2010): Freezing Tolerance in Plants Requires Lipid Remodeling at the Outer Chloroplast Membrane, Sciencexpress, p. 1, 26 August 2010, doi: 10.1126/science.1191803

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