Neuartiges Gewächshaus liefert Kondenswasser für die Stadtversorgung

Die in den 70er Jahren entfachte grüne Revolution bildet auch heute noch die Basis der Welternährung. Die damals eingeführte landwirtschaftliche Effizienzsteigerung basierte auf dem Einsatz von Landmaschinen, auf der Verwendung von Pestiziden und industriellen Düngemitteln sowie in Trockengebieten auf unterschiedlichen Bewässerungstechnologien.

Bei fortlaufendem Bevölkerungswachstum zeigen sich aber auch zunehmend die Grenzen dieser Methoden in Form einer erhöhten Abhängigkeit vom Öl, in zunehmend knapper werdenden Düngemittelmärkten sowie insbesondere in dramatisch steigenden Wasserkrisen und Wassernotständen.

In Deutschland kommt das Wasser aus dem Hahn und scheint schier unerschöpflich vorhanden zu sein. In Nordafrika ist Wasser ein kostbares Gut. Gibt es Möglichkeiten, die hohe Effizienz der Landwirtschaft durch neue, nachhaltige Technologien aufrecht zu erhalten oder sogar auszuweiten? Das von der Europäischen Union mit 400 000 Euro geförderte Forschungsprojekt „Cycler Support“ beschäftigte sich genau mit den Details der Umsetzung. Dr.-Ing. Martin Buchholz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Gebäudetechnik und Entwerfen der Technischen Universität Berlin, hat das Projekt koordiniert, dessen Abschlussbericht jetzt vorliegt.

Eine Schlüsseltechnologie für den effizienten Nahrungsmittelanbau in Trockengebieten bilden unterschiedliche neue, teilweise geschlossene Gewächshaussysteme. In ihnen wird das von Pflanzen verdunstete Wasser über Kondensation zurückgehalten, CO2 als Pflanzennährstoff zugeführt, Schadinsekten werden ausgesperrt. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Tunesien, Marokko und Italien hat Buchholz seit November 2006 diese Technologien untersucht und verglichen. Die Gruppe ist der Frage gefolgt, wie die Nahrungsmittelerzeugung im Umland von Städten in urbane Wasser- und Stoffkreisläufe eingebettet werden kann. Aus der Stadt kommen dabei Pflanzennährstoffe und fruchtbare Pflanzsubstrate über den Strom des Abwassers und der organischen Abfälle, während aus der Landschaft Nahrungsmittel und sauberes Trinkwasser bereitgestellt werden.

Wie Wasser möglichst sparsam und effizient eingesetzt, gereinigt und wieder verwendet werden kann, war eine Schlüsselfrage in dem Projekt. Dabei prüften die Forscher, in welcher Form sogenanntes Grauwasser (nicht durch Fäkalien verschmutztes Brauchwasser) für die Bewässerung in geschlossenen Systemen eingesetzt und dabei gereinigt werden kann. „In Trockengebieten wird das meiste Wasser in der Landwirtschaft verbraucht“, sagt Buchholz. „Indem man unkonventionelle Wasserquellen aus urbanen Gebieten für die Bewässerung in geschlossenen Gewächshäusern nutzt, erhält man durch Kondensation in den Gewächshäusern sehr reines Wasser“, erläutert er. Das wiederum könnte wieder der Stadt zugeführt werden. Gleichzeitig erlauben es geschlossene Gewächshäuser, das für das Wachstum der Pflanzen nötige Kohlendioxid so anzureichern, dass Nutzpflanzen schneller wachsen und – gemessen an der kürzeren Wachstumsperiode – so zusätzlich weniger Wasser benötigen.

Außerdem galt es Methoden zu finden, die preiswert und ressourcenschonend sind. Anstatt teure, industrielle Wärmetauscher zu nutzen, um die erhitzte Gewächshausluft abzukühlen und Kondenswasser zu gewinnen, schlagen die Forscher vor, das Kühlwasser über Reisigbündel zu leiten: So wird die Kontaktoberfläche zwischen Wasser und Luft vergrößert und der Kühlprozess läuft schneller ab. „Außerdem könnte man Gewächshäuser auch mit preiswerten, vor Ort wachsenden Rohstoffen wie etwa Bambus konstruieren“, berichtet Martin Buchholz. Der Anbau könnte in den Gewächshäusern als Teil eines belebten Wasserfilters erfolgen, in dem auch Schadstoffe, insbesondere Schwermetalle, durch nicht zum Verzehr vorgesehene Pflanzen aus dem Wasser aufgenommen werden. Auch die Kopplung der neuen Gewächshaustypen mit der Gewinnung von Solarenergie und dem Betrieb von Entsalzungsanlagen in Meeresnähe ist denkbar.

Für die marokkanische Stadt Agadir entwickelten die Wissenschaftler zehn konkrete Vorschläge für Pilotanlagen, um offene Fragen zu beantworten und um die neuen Systeme vor Ort einzuführen. „Rund um Agadir gibt es viele Flächen mit Gewächshäusern, viel Obst wird auch nach Europa exportiert“, sagt Buchholz. Problematisch für das Gebiet sei, dass der Grundwasserspiegel stetig sinke und gleichzeitig im Süden Marokkos der Regen aufgrund des Klimawandels bereits über mehrere Jahre hinweg ausbliebe. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. „Wir haben als Basis einer Stadtentwicklungsplanung unter anderem auch vorgeschlagen, in welche Richtungen die Stadt sich weiter ausdehnen sollte, um mit geschlossenen Wasserkreisläufen zwischen landwirtschaftlich genutzten Gebieten und urbanen Teilen nachhaltig mit den vorhandenen Ressourcen zu wirtschaften“, fasst der TU-Forscher zusammen.

Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:

Dr.-Ing. Martin Buchholz, TU Berlin, Fakultät VI Planen Bauen Umwelt, Fachgebiet Gebäudetechnik und Entwerfen,

Tel.: 030/314-21 820, E-Mail: martin.buchholz@tu-berlin.de,

Prof. Claus Steffan, TU Berlin, Fakultät VI Planen Bauen Umwelt, Fachgebiet Gebäudetechnik und Entwerfen,

Tel.: 030/314-23301, E-Mail: gte@tu-berlin.de

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Dr. Kristina R. Zerges idw

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