Mondfische in der Ostsee: Anzeiger für einströmendes Nordseewasser

Junger Mondfisch aus der Mecklenburger Bucht, dem Thünen-Institut für Ostseefischerei von einem Fischer zur Verfügung gestellt für wissenschaftliche Untersuchungen und Entnahme von Genproben (© Annemarie Schütz, Thünen-Institut)

Ein neuer Salzwasser-Einstrom hat wieder Mondfische aus dem Kattegat in die westliche Ostsee gespült. Das Auftreten der Exoten fällt damit zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres mit einem massiven Einstrom großer Mengen salz- und sauerstoffhaltigen Wassers ins größte Brackwassermeer der Welt zusammen.

Junge Mondfische sind am letzten Wochenende gleich zweimal gesichtet worden. Am Freitag hatte der Fischer Frank Warnke mit dem Kutter SO1 „CHRISTIANE“ ein totes Exemplar in seinem Schleppnetzfang aus der Mecklenburger Bucht. Am Samstag wurde ein Exemplar am Rostocker Strand gefunden. Die Fische sind rund 2 Wochen nach einem starken Salzwasser-Einstrom Mitte November verendet.

„Die Tiere wurden wahrscheinlich mit dem Einstromwasser im November aus dem südlichen Kattegat durch den Großen Belt in die Mecklenburger Bucht gespült“, vermutet Dr. Uwe Krumme, stellvertretender Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei. „Hier können die Tiere kurze Zeit überleben, aber dann setzen ihnen Nahrungsmangel, verringerter Salzgehalt und die niedrigen Temperaturen zu“.

Der Mondfisch, lateinisch Mola mola, wird auch Klumpfisch genannt und wirkt mit dem hochrückigen und seitlich zusammengedrückten Körper wie ein schwimmender Kopf. Mondfische treiben mit den Strömungen unterhalb der Wasseroberfläche, tauchen aber auch regelmäßig mehrere Hundert Meter in die Tiefe. Mit ihrem schildkrötenartigen Schnabel fressen sie hauptsächlich Flügelschnecken oder Quallen, aber auch Tintenfische und kleinere Fische.

Ein Weibchen legt bis zu 300 Millionen Eier. Der Mondfisch ist eigentlich eine Hochseeart, die in allen tropischen und subtropischen Meeren unserer Erde anzutreffen ist. Die Tiere gelangen mit dem Golfstrom auch bis in die Nordsee.

Die Ostsee hängt am Tropf der Nordsee. Durch die Flachwassergebiete des dänischen Insel-Archipels gelangt frisches Salzwasser nur bei seltenen Wetterlagen in die abgeschottete Ostsee. Nur wenn auf eine starke Ostwindphase (Ausstrom) unmittelbar starke Westwindphasen folgen, kann salz- und sauerstoffreiches Frischwasser einströmen.

Diese Einstromereignisse belüften die tiefen Becken der Ostsee und versorgen die Bodenlebewesen dort mit dem lebenswichtigen Sauerstoff. Nach Jahren der Stagnation ereignete sich im Dezember 2014 der größte Salzwassereinstrom seit 60 Jahren. Bereits kurz nach Weihnachten 2014 gingen Mondfische Fischern in die Netze und wurden an Stränden gefunden.

Der diesjährige November-Einstrom ist laut ersten Abschätzungen des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (IOW) ungefähr halb so stark wie der letztjährige und wird den Zustand der Ostsee weiter verbessern – und wieder treten Mondfische gehäuft auf.

Da Mondfische nur träge Schwimmer sind, steht ihr Auftreten in der Ostsee mit dem Transport größerer Wassermassen in Verbindung. Mondfische sind ansonsten im vergangenen Jahr und auch in den Jahren davor nicht vermehrt aufgetreten, sie könnten daher als wichtige Indikatorart für Salzwassereinströme gelten.

Mit knapp 10 kg Gesamtgewicht und 60 cm Durchmesser handelt sich bei den Mondfischen aus diesem Dezember um Jungtiere, denn ein erwachsener Mondfisch kann mehr als 1000 kg auf die Waage bringen und einen Durchmesser von 3 m erreichen. Mondfische sind damit die größten Knochenfische der Welt.

Die Fische besitzen ein stark verknorpeltes Skelett als gewichtssparende Anpassung an ein Leben im ozeanischen Freiwasser. Fischereilich sind sie nicht von Bedeutung. Der Einstrom trieb anderen Fischern deutlich schmackhaftere Exoten ins Netz. Dokumentiert ist bisher in der Kieler Förde ein Thunfischartiger, ein polnischer Fischer vor Swinemünde fing einen Schwertfisch.

Das Thünen-Institut für Ostseefischerei ruft Fischer, Angler und Strandbesucher zur Mitarbeit bei dem Nachweis weiterer seltener Fischarten der Ostsee auf. Falls Sie einen Exoten fangen oder finden, wenden Sie sich bitte an das Thünen-Institut für Ostseefischerei, of@ti.bund.de, Telefon 0381 8116-102. Benötigt werden folgende Informationen: Fangort, Fangdatum und Fanggerät sowie am besten der ganze Fisch zur eindeutigen Artbestimmung. „Lagern Sie das Tier nach Möglichkeit kühl“, rät Uwe Krumme. „Unsere Mitarbeiter können die Exemplare nach Rücksprache abholen.“ Fotos sollten eine Größenreferenz enthalten sowie den Fisch von möglichst vielen verschiedenen Perspektiven zeigen.

Media Contact

Dr. Michael Welling Thünen-Institut

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