Klimawandel: Begrünung von Städten kann Hitzewellen abschwächen und damit Gesundheitsgefährdungen senken

Der wärmste April in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen belegt die beschleunigte Entwicklung des Klimawandels in Mitteleuropa. Städte werden aufgrund ihrer Struktur von den Belastungen des Klimawandels besonders betroffen sein.

„Die versiegelten Flächen, eine verdichtete Bebauung, fehlende Verdunstung und der geringere Luftmassenaustausch führen in den Städten zu einem sogenannten Wärmeinseleffekt, der sich bei der zunehmenden globalen Erwärmung besonders bemerkbar macht“, teilte Univ.-Prof. Dr. Michael Bruse vom Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz dazu mit.

Die Stadtplanung muss nach seiner Ansicht ihre Strategien und Konzepte daher im Rahmen des Vorsorgeprinzips an den Klimawandel anpassen, um die zu erwartenden Hitzebelastungen für Menschen in städtischen Räumen wirksam zu reduzieren. Insbesondere eigenen sich Begrünungen und verschattende Gebäudeformen wie Galerien oder Pergolen, um den zu erwartenden Temperaturanstieg abzumildern, ergab ein Forschungsprojekt.

Im Rahmen des BMBF-Verbundprojektes KLIMES erforschten Mitarbeiter der Universitäten Mainz, Kassel und Freiburg mögliche stadtplanerische Konzepte, um den negativen Auswirkungen des Klimawandels auf den Menschen im städtischen Raum entgegenzuwirken. Die Geoinformatiker der Environmental Modelling Group (EMG) um Michael Bruse haben dabei ihr Mikroklimamodell ENVI-met (http://www.envi-met.com) so weiter entwickelt, dass es möglich ist, auf der Architekturebene die Auswirkungen von baulichen Veränderungen auf das Stadtklima zu analysieren. Neben der Veränderung von einzelnen Gebäuden können auch die Materialeigenschaften von Häuserwänden beliebig modifiziert werden. Dank ihrer sehr hohen Auflösung – es können Strukturen bis zu einem Meter wiedergegeben werden – eignet sich die Software nicht nur dazu, den Einfluss großflächiger Elemente wie Grünanlagen, sondern auch kleinskaliger Maßnahmen wie Sonnensegel, Fassadenbegrünung oder Pergolen explizit zu simulieren. Damit stellt ENVI-met das bisher einzige Modell dar, welches auf dieser Maßstabsebene dynamische Simulationen ermöglicht.

Erstmalig wurde im Projekt KLIMES mit der Software BOTworld der EMG die Technik der Multi-Agenten-Simulation eingesetzt, um das thermische Empfinden von Personen, die sich im Stadtgebiet bewegen, zu simulieren. Virtuelle Fußgänger testen also den städtebaulichen Entwurf im Hinblick auf die Hitzebelastung.

Für KLIMES wurden vier Quartiere in Freiburg, der Stadt mit der höchsten Wärmebelastung in Deutschland, in ENVI-met simuliert. Als Szenarien dienten dabei sowohl aktuelle Wetterlagen als auch Zukunftsszenarien, die den Klimawandel berücksichtigen. Auf der Basis der Computersimulationen wurden stadtplanerischen Szenarien entwickelt, um den Hitzestress zu mildern, und diese wiederum im Computer „getestet“.

„Die Simulationen belegen, dass eine stadtplanerisch angepasste Durchgrünung im Stadtgebiet Hitzewellen abschwächen und so die Gesundheitsgefahren für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen wie Kinder, alte Menschen und chronisch Kranke senken kann“, fasst Bruse die Ergebnisse zusammen.

Die Ergebnisse von KLIMES werden am 19./20. Mai 2009 auf der Abschlusskonferenz der Initiative „klimazwei“ in Berlin präsentiert und nach ihrer Diskussion mit Experten und der Öffentlichkeit in einem praxistauglichen Leitfaden für klimawandelgerechtes Planen und Bauen zusammengefasst.

Kontakt und Informationen:
Univ.-Prof. Dr. Michael Bruse
Environmental Modelling Group
Geographisches Institut
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. 06131 39-27089
E-Mail: bruse@uni-mainz.de

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Petra Giegerich idw

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