Klima-Maßnahmen verfehlen Entwicklungsländer

Große Schwellenländer profitieren vom Kyoto-Klimaprotokoll zur Reduktion der Treibhausgase, während die ärmsten Länder das Nachsehen haben. Zu diesem Schluss kommen die Politologen Chuks Okereke und Heike Schröder von der Universität Oxford in der Fachzeitschrift Climate and Development.

Sie analysieren den Zusammenhang zwischen Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Gerechtigkeit für die Entwicklungsländer. Dabei bezeichnen sie den „Clean Development Mechanism“ als ineffektiv. Diese Initiative des Klimaprotokolls ermöglicht es bisher den Industrienationen, zur Erreichung ihrer CO2-Vorgaben in Projekte zur Emissionsreduktion in Entwicklungsstaaten zu investieren.

Der Aspekt einer „klimagerechten Entwicklung“ solle in das Kyoto-Nachfolgeprotokoll aufgenommen werden, so die Forderung der Wissenschaftler. Denn würden arme Ländern mehr Unterstützung für ihre Anpassung an den Klimawandel sowie für die kohlenstoffarme Entwicklung erhalten, gäbe das auch Investoren mehr Sicherheit.

„Klimagerechtigkeit bedeutet, dass alle wirtschaftlichen Sektoren und geografischen Gebiete gleichermaßen von Maßnahmen profitieren“, erklärt Heike Schröder im pressetext-Interview. Das derzeit gültige Kyoto-Protokoll berücksichtige diesen Aspekt des Gleichgewichts nicht. „Derzeit profitieren nur große Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien, andererseits werden bestimmte Sektoren wie die Wasserkraft oder Energieeffizienz-Technologien bevorzugt. Kleinere Projekte wie etwa der Ausbau des öffentlichen Transportsystems werden hingegen vernachlässigt. Das selbe Schicksal betrifft kleinere Ländern, unter ihnen die ärmsten Nationen wie Tschad, Nigeria und Sudan“, so Schröder. Grund für die ausbleibende Unterstützung für Kleinstrukturen sei der geringere zu erwartende Profit.

Um Klimagerechtigkeit bei der Kopenhagener Klimakonferenz im Dezember in einem Kyoto-Nachfolgeprotokoll zu verankern, seien laut Schröder neben Richtlinien spezielle Kaufanreize notwendig, die auch kleinere Projekte durchführbar und attraktiv machen. „Ein Weg in diese Richtung wäre, die übliche zwei-Prozent-Besteuerung erst ab einem bestimmten Projektsumfang anzusetzen.“ Für Kopenhagen erfordere das ein aktiveres Auftreten der Schwellenländer. „Sie sollten sich ihrer Rolle mehr bewusst sein, ihren Anteil einfordern und mit entsprechender Rhetorik auftreten“, fordert Schröder. Dass die Schwellenländer dabei von anderen, wirtschaftlichen Interessen und Verpflichtungen gebremst werden könnten, sei allerdings denkbar, vermutet die Politikwissenschaftlerin. Den Industrieländern käme bei der Konferenz die Rolle zu, langfristig zu denken und sich ihrer Verantwortung wie auch der Realität bewusst zu sein. „Alle Prognosen deuten darauf hin, dass ihr Anteil an der Weltbevölkerung und Weltwirtschaft in Zukunft abnimmt.“

Im Gegensatz zu bisherigen Initiativen, könne die Errichtung eines Fonds zur klimagerechten Entwicklung garantieren, dass auch die ärmsten und verletzlichsten Länder erreicht werden und keine Gefährdung durch politische Unruhen und Missbrauch besteht, so Schröder. Bis Klimagerechtigkeit jedoch den Eingang in die internationale Diskussion gefunden habe, sei jedoch noch ein langer Weg zurückzulegen, denn der Begriff sei auf dieser Ebene bisher kaum Thema. „Er wird vor allem von Nichtregierungsorganisationen verwendet, kaum jedoch in zwischenstaatlichen Verhandlungen.“

Welche soziale Herausforderungen durch die globalen Umweltveränderungen entstehen, diskutieren diese Woche über 1.000 internationale Wissenschaftler und Entscheidungsträger in Bonn beim Treffen des Internationalen Programmes zur sozialen Dimension globaler Umweltveränderungen. Der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit und der nachhaltigen Anpassung wird am morgigen Mittwoch behandelt.

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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