Extreme Umweltbedingungen führen zu massiver Umverteilung der globalen Artenvielfalt

Globale Verteilung der biologischen Vielfalt vom Oberperm bis zum Mitteltrias. Coypright: Song, H. et al.

Vor 252 Millionen kam es zum dramatischsten Massenaussterben aller Zeiten, dem in den Weltmeeren neunzig Prozent aller Tier- und Pflanzenarten zum Opfer fielen.

Dieses Ereignis am Ende des Perm-Zeitalters, das Perm-Trias-Massenaussterben, hatte Folgen, die über den reinen Artenverlust hinausgehen: In den folgenden fünf Millionen Jahren sah die weltweite Verteilung der Artenvielfalt grundlegend anders aus als vor und nach diesem Zeitraum.

„Heute und auch vielfach während der Erdgeschichte sehen wir, dass die Artenvielfalt in den Tropen am höchsten ist und in Richtung der Pole abnimmt. Das ist der sogenannte latitudinale Biodiversitätsgradient.

In der Untertrias (circa 252 bis 247 Millionen Jahre vor heute) war genau das aber nicht der Fall. Stattdessen gab es überall in den Weltmeeren, von den Polen bis zu den Tropen, ungefähr gleich viele Arten – der Gradient war also fast komplett flach“, erklärt Dr. Shan Huang, Wissenschaftlerin am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.

Huang erforscht die Geobiodiversität, d.h. wie Klima, Erdoberflächenprozesse und biologische Vielfalt auf unterschiedlichen Zeitskalen interagieren.

Im Rahmen der aktuellen Studie analysierte sie gemeinsam mit anderen Forschenden 52.000 Fossilien mariner Organismen aus der Zeit des späten Perm bis zur Trias (254 bis 201 Millionen Jahren vor heute). Darunter befinden sich Algen, Einzeller, wirbellose Tiere und Wirbeltiere aus allen Weltmeeren.

Huang und ihr Team glauben, dass die gleichmäßigere Verteilung der Artenvielfalt durch die extremen globalen Umweltbedingungen während der Untertrias verursacht wurde. Unter anderem erwärmte sich der Ozean um zehn Grad und es kam zu Sauerstoffmangel in den Weltmeeren, wodurch tropische Ökosystem zusammenbrachen.

Die Fossilien zeigen, dass das dadurch verursachte Massenaussterben zu global gleichmäßig verteilter Artenvielfalt führte, weil die überlebenden Arten tendenziell weit verbreitet waren. Die extremen Umweltbedingungen verhinderten, dass sich endemische Arten in den Tropen häuften, wie es heute der Fall ist.

Als die Umweltturbulenzen vorüber waren, verteilte sich die Artenvielfalt wieder gemäß ihres regulären Musters, in dem die Artenvielfalt in den Tropen am höchsten war. „Wir sehen hier, dass in diesem Zeitraum die Verschiebungen in der Verteilung biologischer Vielfalt durch Umweltveränderungen verursacht wurden.

Dies steht im Gegensatz zu früheren Arbeiten, die die Temperatur als Haupttreiber der Verteilung der globalen Biodiversität ausmachten“, sagt Huang. Alles in allem deuten die Fossilienfunde darauf hin, dass stablie Umweltbedingungen für den Erhalt einer vielfältigen tropischen Meeresfauna wichtig sind, während extreme klimatische Veränderungen insbesondere tropische Ökosysteme schädigen.

„Wenn wir auf der Grundlage der Vergangenheit eine Aussage über die Zukunft machen wollen, dann ist die Botschaft: Tropische Meeresökosysteme, zu denen auch die Korallenriffe gehören, werden die ersten großen Opfer eines schnellen globalen Wandels sein.

Es gibt zahlreiche Beweise dafür, dass dieser Zerstörungsprozess aktuell bereits begonnen hat. Unsere Studie liefert weitere Beweise aus der Vergangenheit darüber, wie der Prozess zukünftig weitergehen könnte. Der moderne Klimawandel könnte also zu einer massiven globalen Umverteilung der biologischer Vielfalt führen. Arten, die ihre Lebensräume dem nicht anpassen können, werden aussterben“, kommentiert Huang.

Dr. Shang Huang
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. +49 (0)69- 7542 1845
shan.huang@senckenberg.de

Song, H., Huang, S., Jia, E. et al. (2020): Flat latitudinal diversity gradient caused by the Permian–Triassic mass extinction. Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1918953117

Media Contact

Sabine Wendler Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

Weitere Informationen:

http://www.senckenberg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer