BfN stellt neue Rote Liste der Meeresorganismen vor

und Meeresgebiete stehen 30 Prozent auf der Roten Liste und sind damit als gefährdet einzustufen. und Ostsee kaum besser als im Binnenland.

Dieses Resümee zieht das Bundesamt für Naturschutz (BfN) bei der Vorlage des vierten Bandes der Roten Listen gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. „Die Situation der Knorpelfische wie Dornhai und Glattrochen ist kritisch und hat sich weiter verschärft“, so BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel. Eine Hauptursache für deren Rückgang sei die nach wie vor viel zu hohe Fischereiintensität mit Grundschleppnetzen, die selbst in den Meeresschutzgebieten weitgehend unreguliert stattfindet.

Zusätzlich werden die am Meeresgrund vorkommenden Organismen wie Schwämme und Muscheln oder die Lebensgemeinschaften der Sandkorallenriffe beeinträchtigt. Die aktuelle Rote Liste ist die bisher umfassendste nationale Gefährdungsanalyse für Meeresorganismen. Sie entstand in sechsjähriger Arbeit und beruht auf den Analyseergebnissen für gut 1.700 Arten.

Bisher wurden drei Bände der neuen Roten Listen vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) veröffentlicht. Darin wurden etwa 9.000 Arten von Land- und Süßwasserorganismen analysiert von denen 45 Prozent auf der Roten Liste stehen. „Im Vergleich zum Binnenland scheint die Situation in den Meeren mit 30 Prozent Rote-Liste-Arten deutlich besser zu sein, doch dieser Eindruck täuscht“, sagte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.

„Denn bei etwa einem Drittel der Arten gibt es noch nicht genügend Informationen, um ihre Gefährdung hinreichend einschätzen zu können. Darunter befinden sich erfahrungsgemäß immer auch unentdeckte Rote-Liste-Arten. Nur knapp 31 Prozent aller erfassten marinen Arten können nach derzeitiger Kenntnis als ungefährdet gelten“, so Jessel. Im Binnenland hingegen seien es gut 38 Prozent.

Drei Gefährdungsfaktoren haben sich nach Meinung des BfN und der Autoren der Roten Listen als besonders bedeutsam herausgestellt:

1. Die Fischerei, vorwiegend die Grundschleppnetzfischerei, beeinträchtigt nicht nur die Fischfauna, sondern darüber hinaus den gesamten Lebensraum von Nord- und Ostsee inklusive der Nahrungsnetze.

2. Die Nährstoffeinträge mit anschließenden Mikroalgenblüten verringern den Lichteinfall in größere Tiefen und erhöhen die Schwebstofffracht im Wasser, was vielen Großalgen zu schaffen macht und den wirbellosen Tierarten, die ihre Nahrung aus dem Wasser filtrieren. 

3. Die Abbau- und Baggerarbeiten zerstören den Lebensraum fest sitzender Arten schlagartig.

Für alle untersuchten Artengruppen liegen nun erstmals auch Gesamtartenlisten vor, so dass die Roten Listen gleichzeitig als Inventar der bekannten Arten fungieren. Weil sich Nord- und Ostsee ökologisch stark voneinander unterscheiden, werden in den Roten Listen die beiden Räume auch getrennt betrachtet.

Bei den wirbellosen Tieren und den Großalgen gibt es regionale Verbreitungsangaben, die in Nord- und Ostsee vorkommenden Fische werden zusätzlich für beide Meeresteile separat bewertet. Bei ihnen zeigt sich im deutschen Nordseegebiet, wo 27 Prozent der Arten auf der Roten Liste stehen, insgesamt eine stärkere Gefährdung als im Teilbewertungsgebiet der Ostsee mit 17 Prozent Rote-Liste-Arten.

Die Datenbasis für die neue Rote Liste hat sich stark verbessert. Wissenszuwachs gab es am deutlichsten für die wirbellosen Tiere. Während etwa Zehnfußkrebse, Stachelhäuter oder Schnecken und Muscheln bereits in früheren Auflagen der Roten Listen bearbeitet wurden, konnten einige Artengruppen nun erstmals auf ihre Gefährdung hin untersucht werden.

So wurde z.B. der Gefährdungszustand von den Cumazeen (zählen zu den Ranzenkrebsen), der Flohkrebse, Seepocken, der Asselspinnen sowie der Moostierchen und Schädellosen analysiert. Bei den Meeresfischen hat die Anzahl der untersuchten Arten hingegen 216 auf 94 abgenommen. Von früheren Listen wurden nur solche Arten erneut betrachtet, die als typischer Bestandteil unserer Fischfauna angesehen werden können. Das sind Arten, die in deutschen Gewässern regelmäßig nachgewiesen werden können oder früher vorgekommen sind.

Hintergrund
Die Roten Listen beschreiben die Gefährdungssituation der Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und stellen mit ihren Gesamtartenlisten eine Inventur der Artenvielfalt dar. Sie werden etwa alle zehn Jahre unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz für ganz Deutschland herausgegeben.
Zu dieser Pressemitteilung steht ein Hintergrundpapier unter http://bit.ly/1j6Fh3i zur Verfügung.

Als Ansprechpartner für die einzelnen Roten Listen stehen folgende Autoren bereit:
Meeresfische:
PD Dr. Ralf Thiel (Universität Hamburg, Biozentrum Grindel und Zoologisches Museum)
Kontakt: ralf.thiel@uni-hamburg.de; Tel. 040 / 42838-5637

Marine Wirbellose:
Dr. Michael L. Zettler (Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, Rostock)
Kontakt: michael.zettler@io-warnemuende.de; Tel. 0381 / 5197236

Bezugshinweis:
Das Werk ist im Landwirtschaftsverlag in der BfN-Schriftenreihe „Naturschutz und Biologische Vielfalt“ erschienen unter dem Titel: Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 2: Meeresorganismen. Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 70 (2).

Media Contact

Franz August Emde idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.bfn.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer