Umweltgift verändert Verhalten von Fischen

Eines der häufigsten Umweltgifte, das so genannte Nonylphenol, steht im Verdacht das soziale Verhalten von Fischen empfindlich zu stören. Bereits geringe Konzentrationen der Substanz reichen aus, um die chemischen Duftnoten von Fischen aus dem Gleichgewicht zu bringen, berichten die Ökologen um Ashley Ward von der University of Sydney und Suzanne Currie in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B.

Die chemische Substanz „raubt“ den Fischen offensichtlich den Sinn in einem Schwarm nahe zusammenzubleiben, in dem sie individuelle Duftnoten übertünchen. Dadurch schwimmen die Fische in größeren Abständen zueinander und können so auch schneller zur Beute von Fressfeinden werden. „Der Verlust des 'kohäsiven' Verhaltens ist ein gewaltiger Nachteil für die Tiere, da es eine defensive Strategie gegen Feinde darstellt“, erklärt Ward. Das erschreckende an der Untersuchung war, dass bereits geringe – bei weitem nicht letale – Dosen der chemischen Substanz für dieses Verhalten ausreichen.

Das haben die Forscher in Versuchen in Aquarien nachgewiesen. Nur 0,5 Mikrogramm pro Liter Wasser haben bereits ausgereicht, um die Bildung so genannter Fischschulen bei Gestreiften Killifischen (Fundulus diaphanus diaphanus) zu verändern. Die chemische Substanz stört den Geruchssinn der Fische nicht, denn Nahrung fanden sie dennoch recht schnell. Offensichtlich veränderte die Substanz aber den Eigengeruch der Tiere. Und das habe fatale Auswirkungen auf das Sozialverhalten. „Denn jeder einzelne Fisch entwickelt ein individuelles chemisches Profil“, so Ward. „Sie bevorzugen Partner, die ähnliche Gerüche aufweisen.“ Die Forscher vermuten zudem, dass Fische chemische Signale über ihren sozialen Status, den Reproduktionsstatus und das genetische Make-up übertragen.

„Nonylphenole werden hauptsächlich als Kunstharze – so genannte Nonylphenol-Formaldehydharze), als Tenside in Wasch- und Putzmitteln, in der Textilindustrie als Weichmacher, in der Lederindustrie aber auch in Farben, Lacken und Pestiziden verwendet“, so der Chemieexperte Herwig Schuster von Greenpeace-Österreich gegenüber pressetext. „Wir haben die Substanz auch in Babyspielzeug gefunden“, erklärt der Fachmann. „Das bekannte Hauptproblem ist die hormonelle Wirksamkeit von Nonylphenolen. Zwei Studien belegen außerdem, dass Nonylphenol im Tierversuch die Reifung von Spermien beeinträchtigt und auch die Gehirnentwicklung.“ Die chemische Substanz wird auch häufig in Muttermilch und Lebensmitteln nachgewiesen und ist daher besonders problematisch.

„Nonylphenole gehören zu den so genannten POPs – das sind persistente, also langlebige organische Schadstoffe. Folglich akkumulieren sie auch in der Umwelt“, erklärt Schuster. Das Umweltbundesamt Wien http://hat schon 1998 eine Studie zu Nonylphenolen erstellt http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/BE121.pdf . „Politisch passiert ist wenig bis nichts, daher sind Nonylphenole oft auch ein Musterbeispiel für das Versagen der alten EU-Chemikalienpolitik und ein Grund, wieso es die EU-Chemikalienverordnung REACH gab“, so Schuster. (pressetext berichtete http://www.pressetext.de/pte.mc?pte=061016025 )

Die Wissenschaftler um Ward wissen inzwischen, dass auch andere Umweltgifte wie etwa Schwermetalle den Geruchssinn von Fischen empfindlich stören können. „In verunreinigten Gewässern können verschiedene Chemikalien wie etwa Nonyphenole oder Schwermetalle gemeinsam auftreten. Das hat fatale Auswirkungen auf die Tiere.“ Dann können sie von Artgenossen nicht mehr wahrgenommen werden und selbst auch nicht mehr riechen. „Es gibt bereits seit einiger Zeit den Verdacht, dass auch nicht letale Dosen von chemischen Substanzen dramatisch auf die Fitness von aquatischen Lebewesen wirken“, meint Bob Wong, Verhaltensforscher und Ökologe der Monash University http://www.monash.edu.au in Victoria/Australien. Chemische Signale haben unter Wasser manchmal eine wesentlich größere Bedeutung als visuelle.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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