Nanomaterialien – winzige Teilchen, große Wirkung?

Was haben kratzfeste Autolacke, antibakterielle Kleidung oder transparente Sonnencremes gemeinsam? Sie können Nanomaterialien enthalten, also Teilchen, die kleiner als 100 Nanometer sind. Schätzungsweise zwischen 50 bis 100 Millionen Euro werden heutzutage bereits mit Nanoprodukten auf dem Weltmarkt umgesetzt. Kurz- bis mittelfristig rechnen die Experten am Öko-Institut mit weiteren Neuentwicklungen in der Energietechnik, bei Lebensmitteln und in der Medizin. Die Nanotechnologien gelten als wichtigste Schlüsseltechnologien des 21. Jahr-hunderts. Grund genug, sich ausführlich mit den Nanoprodukten zu beschäftigen. „Wir benötigen dringend eine integrierte Betrachtung sowohl der Chancen als auch der Risiken dieser neuen Technologie“, fordert Öko-Instituts-Experte Martin Möller. In einem neuen Arbeitspapier beziehen die WissenschaftlerInnen jetzt Position.

Wichtigstes Fazit: Die Chancen nanotechnologischer Produkte für den Umweltschutz und für die menschliche Gesundheit müssen systematisch identifiziert, konkretisiert und genutzt werden. Dabei sollte sich die Analyse nicht nur auf einzelne Produkte beschränken, sondern auch die Optimierung ganzer Produktsysteme einbeziehen. Beispielsweise eröffnen nanotechnologische Innovationen bei der Energie-Speichertechnik die Möglichkeit, Strom aus erneuerbaren Energien zwischenzuspeichern. „Auf diese Weise könnte das bestehende Energiesystem revolutioniert werden“, sagt Martin Möller.

Gleichzeitig gilt es mögliche Risiken der Nanotechnologien stärker als bisher zu erforschen und dabei den ganzen Lebensweg zu berücksichtigen. Weitestgehend unbekannt sind beispielsweise die Risiken am Lebensweg-Ende eines Produktes. Wie verhalten sich Nanomaterialien in der Kläranlage, bei der Müllverbrennung oder beim Recycling? „Um Chancen und Risiken der Nanotechnologien gerecht zu werden, muss der derzeitige Regelungsrahmen, insbesondere beim europäischen Chemikalienrecht REACH entsprechend angepasst werden“, verlangt Andreas Hermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsbereichs „Umweltrecht & Governance“.

Nanomaterialien stellen aus technisch-naturwissenschaftlicher Sicht keine homogene Gruppe dar. Es handelt sich dabei um physikalisch und strukturell sehr unterschiedliche Stoffe. Auch ihre chemische Zusammensetzung sowie ihr Potenzial für chemische und biochemische Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Deswegen müssen die Produkte sehr individuell und vor allem differenziert betrachtet werden.

Aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung mit risikobehafteten Stoffen und neuen Technologien empfiehlt das Öko-Institut:

– Eine differenzierte Beurteilung der zahlreichen Innovationen und Technologieansätze, die unter dem Begriff der Nanotechnologien zusammengefasst werden.

– Die Abwägung der Chancen und Risiken nanotechnologischer Anwendungen sollte in einem transparenten Prozess erfolgen – fallbezogen und entwicklungsbegleitend.

– Eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die freie Nanopartikel enthalten, kann die Transparenz deutlich verbessern und den Verbrauchern beim Kauf die Wahlfreiheit ermöglichen. Sie setzt jedoch eine internationale Standardisierung voraus.

– Monitoringprogramme sowie ein Frühwarnsystem helfen dabei, rechtzeitig Risikoschwerpunkte zu erkennen.

– Es handelt sich dabei um eine Aufgabe, bei der Hersteller, Gesetzgeber, Wissenschaft und Verbraucher gleichermaßen gefordert sind.

In zahlreichen abgeschlossenen und laufenden Projekten befasst sich das Öko-Institut bereits heute mit den Chancen und Risiken der Nanotechnologien. Einige Beispiele:

Nanotechnologie im Bereich der Lebensmittel: Mehr unter
http://www.ta-swiss.ch/d/them_nano_nafo.html
Rechtsgutachten Nanotechnologien – ReNaTe: Mehr unter http://www.oeko.de/oekodoc/334/2006-022-de.pdf

CONANO – Ein stakeholderübergreifendes Bewertungsprofil vergleichender Nutzen-Risiko-Analysen von abbaubaren und nicht abbaubaren Nano-Delivery-Produkten sowie konventionellen Mikro-Delivery-Produkten.

Das Positionspapier des Öko-Instituts „Chancen der Nanotechnologie nutzen! Risiken rechtzeitig erkennen und vermeiden!“ kann kostenlos heruntergeladen werden. Mehr unter http://www.oeko.de/oekodoc/472/2007-077-de.pdf

Ansprechpartner:
Martin Möller, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle Freiburg, Forschungsbereich „Produkte & Stoffströme“, Telefon 0761/452 95-56, E-Mail: m.moeller(at)oeko.de
Andreas Hermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Öko-Institut e.V., Büro Darmstadt, Forschungsbereich „Umweltrecht & Governance“,

Telefon 06151/8191-28, E-Mail: a.hermann(at)oeko.de

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