Überweidung ist nicht die einzige Ursache für Verbuschung

In der Natur stehen nicht nur große und kleine Tiere im Kampf ums Überleben, auch Gräser und Bäume konkurrieren miteinander. Dass es bei diesem Kampf zwischen David und Goliath keinen sicheren Sieger gibt und sich beide Naturformen sogar gegenseitig bedingen, haben jetzt Ökologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena am Beispiel der afrikanischen Savanne untersucht.

In einem dreijährigen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 150.000 Euro geförderten Forschungsprojekt hat das Team von Prof. Dr. Kerstin Wiegand den Wachstumszyklus in der Savanne bestimmen und am Computer simulieren können. Außerdem ergründeten sie die Ursache für die Verbuschung dieses Territoriums und klärten dabei ein Vorurteil auf.

Mehr als die Hälfte Afrikas besteht aus Savanne, von der es vielfältige Erscheinungsformen gibt. Hier leben Gräser und Bäume neben- und miteinander und bieten für viele Tiere die Nahrungsgrundlage. Kommt es dort zu einer Verbuschung, verhindert dies die Beweidung. Bisher wurde eine zunehmende Verbuschung vor allem mit Überweidung erklärt. „Überweidung ist häufig ein Problem“, weiß Prof. Wiegand. „Sie hat einen Effekt“, so die Juniorprofessorin für Ökologie/Biomathematik, „aber er wird oft überbewertet“. Zumindest wenn man längere, jahrzehntelange Zeiträume betrachtet, fördere die Überweidung zwar die Verbuschung. „Aber in gleichem Masse gibt es dafür natürliche Ursachen“, betont sie: „Verbuschung ist ein integraler Bestandteil von Savannen“.

Dies konnten die Jenaer Ökologen gemeinsam mit ihrem südafrikanischen Kooperationspartner nun nachweisen. In der Savanne „besteht ein dynamisches Gleichgewicht“ zwischen den holzigen und den krautigen Pflanzen, sagt Wiegand. Wobei die Bäume „lokale Klumpungen bilden“, die sich später durch den Tod vieler Bäume von selber ausdünnen. Durch Felduntersuchungen und Luftbilder, die bis in die 1940er Jahre zurückreichen, konnten die Wissenschaftler erstmals Langzeitinformationen über „Muster und von Wachstum und Mortalität von Akazien“ gewinnen. Dabei erhielten sie zwei unerwartete Resultate, wie Projektleiterin Wiegand betont: „Das Wachstum ist unabhängig vom Alter“ – junge wie alte Bäume wachsen gleich gut. Wenn sie denn wachsen. Denn außerdem fanden die Ökologen heraus, dass die Sterblichkeit der Akazien bei mittlerem Alter am höchsten ist. Wenn der Baum die ,gefährliche Jugend' überstanden hat und noch bevor er altersschwach wird, verendet er. Die Ursachen dafür sind noch nicht geklärt. Die Ökologen waren froh, dass sie diesen Prozess überhaupt erstmals mit Langzeitdaten beweisen konnten.

Darüber hinaus gelang es den Jenaer Bioinformatikern, die ermittelten Daten auf den Computer zu übertragen und die „raumzeitliche Dynamik von Bäumen und Gräsern zu simulieren“, freut sich Wiegand. Daraus konnte das Simulationsmodell SATCHMO entwickelt werden, mit dessen Hilfe es gelang, Verbuschungszyklen für die trockene Savanne zu berechnen. 33 Jahre, so das Ergebnis der Berechnungen, dauert der Verbuschungszyklus in einer von kleinen, dornigen Akazien, der Acacia mellifera, dominierten Savanne. Damit konnte die ökologische Theorie, dass in der Savanne lokale Klumpungen von Büschen bestehen, die sich später von selber ausdünnen, bestätigt und mit aktuellen Jenaer Daten unterfüttert werden.

In zukünftigen Projekten wollen die Ökologen der Universität Jena nun prüfen, ob ihre Ergebnisse auch auf feuchte Savannen übertragen werden können und ob SATCHMO dort ebenso korrekte Vorhersagen erlaubt. Außerdem wollen die Wissenschaftler versuchen, mit ihren Ergebnissen das Weidemanagement vor Ort zu verbessern, um die Ergebnisse der Viehwirtschaft und damit die Ernährung in Afrika zu verbessern.

Kontakt:
Prof. Dr. Kerstin Wiegand
Institut für Ökologie der Universität Jena
Dornburger Str. 159, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949451
E-Mail: kerstin.wiegand[at]uni-jena.de

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Axel Burchardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de/

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