Klimawandel: Tropische Blaualgen sind eingewandert

Der Klimawandel macht sich bereits in den heimischen Gewässern bemerkbar. So hat sich eine tropische Blaualgenart (Cylindrospermopsis raciborskii) bis in die Seen Norddeutschlands ausgebreitet. Das ergab ein Projekt unter der Federführung des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).

Bei der Suche nach dem typischen Gift dieser Blaualge erlebten die Forscher jedoch eine Überraschung: Zwar konnten sie das Toxin Cylindrospermopsin (CYN) in hiesigen Seen nachweisen, doch es stammt gar nicht von der eingewanderten Art, sondern von heimischen Blaualgen. Mehr über die Ergebnisse der Wissenschaftler können Journalisten bei einem internationalen Symposium erfahren, das am 19. April in Berlin stattfindet.

Cyanobakterien („Blaualgen“) sind weit verbreitet und vor allem im Sommer ein Problem an Badeseen. Jetzt hat ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Dr. Claudia Wiedner vom IGB nachgewiesen, dass das tropische Cyanobakterium Cylindrospermopsis raciborskii sich bis in die Seen Norddeutschlands ausgebreitet hat. Als Ursache sehen die Wissenschaftler den Klimawandel an. Die Forscher fanden heraus, dass sich die tropische Art in Gewässern der Berliner Region weiter ausgebreitet hat als bisher angenommen wurde und dass außerdem weitere tropische Cyanobakterien vorkommen. Claudia Wiedner sagt: „Wir rechnen mit weit reichenden Veränderungen der planktischen Lebensgemeinschaften unserer Gewässer durch diese Invasion tropischer Arten.“

Zu den Forschern gehörten Experten des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), der BTU Cottbus und des Umweltbundesamtes. Das Team fand auch das typische Toxin Cylindrospermopsin (CYN) in hiesigen Gewässern, aber zunächst war nicht klar, ob es durch die eingewanderte Art produziert wird. Im Rahmen eines dreijährigen Projektes, gefördert vom KompetenzZentrum Wasser Berlin (KWB) und Veolia Water, stießen die Wissenschaftler auf die Giftproduzenten. Demnach kommt das Toxin überraschenderweise nicht von den tropischen Arten, sondern von zwei heimischen „Allerweltsarten“ (Aphanizomenon flos-aquae und A. gracile).

Claudia Wiedner berichtet: „Welche Umstände das Toxinvorkommen steuern, konnten wir allerdings noch nicht vollständig aufklären.“ Wichtig für die Einschätzung des Gefährdungspotenzials sei die Tatsache, dass das Toxin nicht in den Zellen gebunden, sondern frei gelöst im Gewässer vorkommt. „Unsere Forschungsergebnisse weisen auf weitere, bisher nicht identifizierte Produzenten hin“, sagt Wiedner. Daneben sei zu beachten, dass es innerhalb einer Art unterschiedliche Anteile von Genotypen gibt, die zur Toxinproduktion in der Lage sind. Vereinfacht gesagt: Manche Organismen einer Art können das Gift produzieren, andere der selben Art können dies nicht.

Die IGB-Wissenschaftlerin sagt, die Ergebnisse „bilden eine gute Grundlage, um konkrete Empfehlungen zur Überwachung von Badegewässern und Trinkwasserressourcen erarbeiten zu können.“ Jetzt gehe es darum zu klären, welche Faktoren die Verbreitung des Toxins und das Maß der Giftproduktion steuern.

Im Rahmen eines vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei organisierten internationalen Symposiums werden die Ergebnisse des Forschungsprojektes sowie ein Ausblick auf die künftige Entwicklung von Cyanobakterien und Toxinen in unseren Gewässern präsentiert. Zudem wird ein weltweiter Überblick zu dieser Problematik durch Gastbeiträge von Wissenschaftlern u.a. aus Amerika, Australien, Israel und Skandinavien gegeben.

Weitere Informationen:
Dr. Claudia Wiedner
Tel.: + 49 (0)3 30 82 / 699-63
c.wiedner@igb-berlin.de
Ort und Zeit: Leibniz-Institute für Gewässerökologie und Binnenfischerei
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin
Donnerstag, 19. April 9 bis 17.30 Uhr
Im Anschluss an das Symposium, gegen 17.30 Uhr, stehen die Wissenschaftler für Fragen von Journalisten zur Verfügung. Es wird um vorherige Anmeldung gebeten.

Symposiumprogramm: www.igb-berlin.de/veranstaltungen/frameset/veranst_frameset.html

English summary:
Tropical blue-green algae (cyanobacteria) have invaded lakes in northern Germany. Scientists lead by Dr. Claudia Wiedner from the Leibniz Institute of Freshwater Ecology and Inland Fisheries in Berlin identified different species of tropical cyanobacteria as well as a specific toxin (Cylindrospermopsin or CYN). The search for the source of the toxic substance yielded a surprise: indigenous species of cyanobacteria are producing CYN. “Now we have a basis for recommendations to monitor lakes and freshwater resources”, says Claudia Wiedner. The work was funded by the Berlin Centre of Competence for Water and Veolia Water. The research was conducted by scientists from the Leibniz Institute of Freshwater Ecology and Inland Fisheries, from the Technical University in Cottbus (BTU) and from the German Federal Environmental Agency UBA (“Umweltbundesamt”).

Media Contact

Josef Zens Forschungsverbund Berlin e.V.

Weitere Informationen:

http://www.fv-berlin.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Erstmals 6G-Mobilfunk in Alpen getestet

Forschende der Universität Stuttgart erzielen leistungsstärkste Verbindung. Notrufe selbst in entlegenen Gegenden absetzen und dabei hohe Datenmengen in Echtzeit übertragen? Das soll möglich werden mit der sechsten Mobilfunkgeneration – kurz…

Neues Sensornetzwerk registriert ungewöhnliches Schwarmbeben im Vogtland

Das soeben fertig installierte Überwachungsnetz aus seismischen Sensoren in Bohrlöchern zeichnete Tausende Erdbebensignale auf – ein einzigartiger Datensatz zur Erforschung der Ursache von Schwarmbeben. Seit dem 20. März registriert ein…

Bestandsmanagement optimieren

Crateflow ermöglicht präzise KI-basierte Nachfrageprognosen. Eine zentrale Herausforderung für Unternehmen liegt darin, Über- und Unterbestände zu kontrollieren und Lieferketten störungsresistent zu gestalten. Dabei helfen Nachfrage-Prognosen, die Faktoren wie Lagerbestände, Bestellmengen,…

Partner & Förderer