Ozeane ersticken im Dreck

Früher oder später endet fast der ganze Abfall, der in die Weltmeere gekippt wird, im Nordost-Pazifik – zwischen der Westküste der USA und Hawaii. Das ist den Forschern seit Jahren bekannt, denn das riesige Hochdruckgebiet erzeugt hier einen gewaltigen Meeressstrudel, der sich im Uhrzeigersinn dreht. Die Umweltorganisation Greenpeace hat mit dem Forschungsschiff „Esperanza“ diese „wilde Deponie“, die inzwischen die Größe Zentraleuropas erreicht hat, auf seine Bestandteile hin untersucht.

„Obwohl Plastikmüll weltweit in den Ozeanen zu finden ist, gibt es Meeresbereiche, in denen das Problem besonders schlimm ist. Die Region im Pazifik gehört dazu“, so die Meeresbiologin Antje Helms im pressetext-Interview. „Wird der im Meer treibende Müll von der Strömung des Strudels erfasst, bleibt er bis zu 16 Jahre in diesem Gebiet. Die Folge ist ein gigantischer, nahezu geschlossener Müllteppich, der mittlerweile die Größe Zentraleuropas erreicht hat.“ Ob Schiffsabfälle, Fischernetze, Leinen, Verpackungsmaterial: Müll, der von dieser Strömung erfasst wird, bleibt in diesem Gebiet. Der Müllstrudel vor Hawaii weist weltweit die höchste Konzentration an schwimmenden Plastikteilen auf.

„Nach Untersuchungen der UN-Umweltorganisation UNEP treiben bis zu 18.000 Plastikteile in jedem Quadratkilometer der Weltmeere“, berichtet Helms. Bedenkt man, dass diese Kunststoffe erst seit rund 40 Jahren in großen Mengen hergestellt werden, sei das bedenklich. „Am schlimmsten sind die kleinsten Teile, da diese von Tieren aufgenommen werden“, erklärt Helms. Greenpeace hat in Untersuchungen festgestellt, dass weltweit mehr als 260 Tierarten nachweislich dem Müll im Meer zum Opfer fallen. Zu den Opfern zählen neben Fischen auch Schildkröten, Seevögel, Robben und Seelöwen. „Wir wollen mit der Aktion darauf aufmerksam machen, dass selbst in entlegenen Regionen der Welt das Müllproblem evident ist“, meint Helms. 80 Prozent des Mülls in den Weltmeeren stammt vom Festland, nur 20 Prozent stammt von Schiffen.

„Zu den besonderen Problemstoffen auf hoher See gehören auch so genannte Geisternetze, die entweder von Fangflotten verloren oder wegen Beschädigungen weggeworfen wurden“, erklärt Helms. „Diese Netze sind immer noch tödliche Fallen für zahllose Tiere, die sich darin verfangen.“ Es dauere sehr lange bis diese Netze prall gefüllt mit gefangenen Tieren zu Boden sinken. „Das Müllproblem ist aber nicht nur auf den Pazifik beschränkt“, meint die Biologin. In allen Weltmeeren treiben Kunststoff und anderer Müll: Allein im Ärmelkanal sind es zwischen zehn und 100 Teile pro Quadratkilometer, in den Gewässern Indonesiens sind es stellenweise sogar knapp 4.000. Auch am Meeresgrund liegen nach Greenpeace-Untersuchungen durchschnittlich 100.000 Müllteile je Quadratkilometer. Nur ein Teil des Mülls wird dann an die Küsten der Kontinente oder Inseln angespült. In manchen Regionen Indonesiens wurden bis zu 690.000 Teile pro Quadratkilometer gezählt.

„Die neuen Ergebnisse machen deutlich, wie wir mit unseren Abfällen umgehen“, meint Helms. Ganz zu schweigen von den chemischen Substanzen, die in die Weltmeere gekippt werden und sich im Fettgewebe von Meerestieren anreichern. „Anhand der Untersuchungen wird einfach deutlich, dass Abfall, der ins Meer geworfen wird, sich nicht einfach auflöst“, meint Helms. Anhand des Schicksals von großen Seevögeln wie etwa Albatrossen wird deutlich, dass die Verschmutzung des Meeres mit dem Rückgang der Tiere eindeutig in Zusammenhang steht. Erst diese Woche hat Bird Life International auf das Verschwinden der Raubvögel hingewiesen. „Jedes Jahr verenden allein über eine Mio. Seevögel und 100.000 Meeressäuger qualvoll durch den Müll, der in unseren Meeren treibt. Die Tiere ersticken in Sechserpackträgern, strangulieren sich mit treibenden Netzresten oder verhungern, weil ihre Mägen mit Plastik verstopft sind“, so Helms abschließend.

Video-Stream über den Plastikmüll vor Hawaii http://oceans.greenpeace.org/en/ocean-defenders-tv

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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