Uranmunition trifft auf Düngemittel

Abgereichertes Uran fällt in großen Mengen als Abfallprodukt etwa bei der Kernenergieerzeugung an. Es ist schwer, d. h. es verfügt über eine hohe Durchschlagskraft. In Deutschland wird das ebenfalls schwere Metall Wolfram für panzerbrechende Munition verwendet, in manchen anderen Ländern das günstigere, zugleich aber giftige und schwach radioaktive Metall Uran.

Mit einem einzigartigen Experiment wollte Prof. David Read von der University of Reading in Großbritannien das Verhalten von verschossener Uranmunition auf landwirtschaftlich genutzten Böden simulieren. Er schnitt mit seinem Team aus einem Uranprojektil eine etwa einen Millimeter dünne Scheibe mit einem Durchmesser von etwa 2 Zentimetern und legte sie für 182 Tage in eine Calziumphosphatlösung. Calzium und Phosphate sind in Düngemitteln und damit in landwirtschaftlich genutzten Böden enthalten. Die Fragestellung lautete: Reagiert das metallische Uran mit der Calziumphosphatlösung? Falls ja, dann hätte dies direkte Auswirkungen auf die Verbreitung des Urans in der Umwelt. Die britischen Forscher kontaktierten hierzu das Institut für Radiochemie im Forschungszentrum Rossendorf, das über ausgefeilte und teilweise einzigartige Untersuchungsmethoden für Uranverbindungen verfügt.

Die Rossendorfer Forscher Dr. Nils Baumann und Dr. Thuro Arnold untersuchten die Probenscheibe mit der hochempfindlichen Methode der zeitaufgelösten Laserfluoreszenzspektroskopie. Sie konnten damit erstmals nachweisen, dass sich metallisches Uran in einer Düngemittellösung auflöst. Dabei gelang ihnen die genaue Bestimmung der entstandenen Uranphase: Die hauchdünne Schicht, die sich über den Zeitraum von 6 Monaten auf der Probenscheibe gebildet hatte, entpuppte sich als eine Uranylsalzschicht. Genau handelt es sich um das Sekundärmineral des Urans Metaautunit, ein Calciumuranylphosphat. Die Kenntnis dieser Verbindung ist eine wichtige Voraussetzung für die Risikoabschätzung, was den Transport des Uransalzes in das Grundwasser oder auch in Pflanzen, Tiere und damit in die Nahrungskette des Menschen anbelangt. Da das Salz sehr viel mobiler als das in Metallform vorliegende Uran ist, kann man davon ausgehen, dass Niederschläge über einen gewissen Zeitraum das radioaktive und giftige Uran auswaschen und schließlich über weite Strecken transportieren.

Für den Nachweis der Art des dünnen Uranylminerales, das sich um die Scheibe gebildet hatte, wählten die Rossendorfer Forscher die hochempfindliche Methode der zeitaufgelösten Laserfluoreszensspektroskopie. Dabei wird ausgenutzt, dass gewisse Uranverbindungen zur Fluoreszenz, also zum "Nach"-Leuchten, neigen, etwa wie die Zeiger mancher Uhr. Zur Untersuchung der Uranverbindung werden mit einer speziellen Laseranordnung 20 Laserblitze pro Sekunde auf die Probe gelenkt. In den superkurzen Pausen dazwischen wird das daraufhin von der Probe ausgesandte Fluoreszenzlaserlicht durch ein Spektrometer aufgeschlüsselt, wobei jede Bindungsform des Urans ein charakteristisches Fluoreszenzspektrum aufweist. Gleichzeitig misst man die Geschwindigkeit, mit der die Fluoreszenz nach jedem Laserblitz abklingt. Das Ergebnis wird einer bekannten Vergleichsprobe, die in diesem Fall aus der Freiberger Mineraliensammlung stammte, gegenüber gestellt. Alle Informationen zusammen führen zu genauesten Aussagen über die Art der entstandenen Uranverbindung. Die britischen und deutschen Uran-Spezialisten wollen weitere Proben beschaffen und untersuchen, denn die eingesetzte Methodik ist nun auch bei weiteren denkbaren Szenarien, wie z.B. bei anderer Wasserzusammensetzung, anderen pH-Werten oder Salzgehalten und selbst bei Anwesenheit verschiedener Bakterien, möglich.

Die Ergebnisse dieser erstmaligen Analyse erschien am 1. August in der Zeitschrift "Science of the Total Environment" unter dem Titel "Detection of U(VI) on the surface of altered depleted uranium by time-resolved laser-induced fluorescence spectroscopy (TRLFS)". Sie ist online zu finden unter:
http://www.elsevier.com/locate/scitotenv.

Weitere Informationen:
Dr. Nils Baumann
Institut für Radiochemie
Forschungszentrum Rossendorf
Tel.: 0351 260 – 2432
n.baumann@fz-rossendorf.de

Pressekontakt:
Dr. Christine Bohnet – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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