Bewachsene Bodenfilter als Einfachtechnologie zur Hygienisierung von Abwässern

Die internationale Tagung der Umweltbiotechnologen findet erstmals als gemeinsame Veranstaltung der International Society of Environmental Biotechnology (ISEB), der European Federation of Biotechnology (EFB) und der Japanischen Society of Environmental Biotechnology (JSEB) vom 9. bis zum 13. Juli in Leipzig statt. Am Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ) treffen sich 450 Wissenschaftler aus 37 Ländern, darunter aus vielen Entwicklungsländern, um ihre Ergebnisse zu diskutieren. Schwerpunkte sind Themen rund ums Wasser wie beispielsweise sichere Trinkwassergewinnung, Abwasserreinigung, Gewinnung hygienisch vorgereinigten Beregnungswassers sowie mikrobielle Prozesse in belasteten und unbelasteten Böden oder die Gewinnung erneuerbarer Rohstoffe.

Besonders in der dritten Welt spielen Mikroorganismen eine wesentliche Rolle, die Krankheiten hervorrufen. Die klimatischen Bedingungen, die schlechten hygienischen Verhältnisse in den Armenvierteln oder die Nutzung von Abwässern zur Bewässerung führen zur Massenvermehrung der Krankheitskeime und zur schnellen Übertragung auf den Menschen. Zur Behandlung dieser gefährlichen seuchenartigen Krankheiten fehlen die notwendigen Gelder für Medikamente.
Eine Ursache sind unbehandelte Abwässer, die in die Umwelt entlassen oder unkontrolliert zur Bewässerung von Feldfrüchten benutzt werden. Der UN-Weltwasserentwicklungsreport von 2003 schätzt, dass etwa 2,2 Millionen Tote weltweit auf Infektionen, Durchfallerkrankungen und Hygieneprobleme zurückzuführen sind. Durch den weltweiten Vertrieb von Nahrungsmitteln kommen damit die Probleme aber auch zu uns zurück. Welche Prozesse bei der Hygienisierung von Abwasser wirken und welche Mikroorganismen im Detail dafür sorgen, dass Krankheitserreger eliminiert werden, ist bisher weitgehend unerforscht. Mikrobiologen, Chemiker und Verfahrensingenieure am UFZ arbeiten mit neuen Methoden der Markierung von Mikroorganismen daran, diese Prozesse künftig besser zu verstehen, steuern zu können und einfache Technologien für Schwellen- und Entwicklungsländer bereit zu stellen.

Im UFZ werden deshalb bereits seit mehreren Jahren Grundlagenuntersuchungen zur Hygienisierung durchgeführt. In künstlichen Feuchtgebieten (constructed wetlands) wird das Zusammenspiel zwischen den Wurzeln ausgewählter Pflanzen und dort lebenden Mikroorganismen untersucht. Mit technischen Aspekten zusammengeführt werden diese Ergebnisse zur Leistungssteigerung von "Pflanzenkläranlagen" genutzt. Als ein Ergebnis konnte durch Versuche im "Phytotechnikum" des UFZ und in einer Pilot-Anlage in Langenreichenbach bei Leipzig gezeigt werden, dass allgemein die Beseitigung von Krankheitskeimen (Hygienisierung) in einem Abwasserstrom auch bei der Anwendung dieser ökologisch und ökonomisch vorteilhaften, naturnahen Einfachtechnologie stattfindet und sogar gesteigert werden kann. Die guten Ergebnisse aus dem mitteleuropäischen Klima wurden auf einer Parallelanlage in Mexiko-Stadt übertragen. Ergebnis: Die Pilotanlage konnten die Richtlinien der WHO für die Verwendung von behandeltem Wassers zur Bewässerung erfüllen.

Nach diesem Erfolg konnte die Errichtung einer größeren Anlage zur Behandlung kommunaler Abwässer nach diesem technologisch einfachen und ökonomisch günstigen Prinzip begonnen werden. Auf den Philippinen wird derzeit nach den Vorgaben des UFZ eine Anlage errichtet, die die Abwässer von etwa 3000 Einwohnern reinigen und die Wiederverwendbarkeit des gereinigten Wassers zur Bewässerung sichern soll.

Auch am Schutz und der Sicherung der der Bodenqualität arbeiten die Mikrobiologen des UFZ, denn Böden stellen die entscheidende Grundlage für unsere Nahrungsmittelproduktion dar. Seit den 60er Jahren konnten mit Hilfe moderner Agrartechniken große Fortschritte bei der Armutsbekämpfung in vielen Entwicklungsländern erreicht werden. Monokulturen und neue Sorten durch professionelle Züchter führten zu spürbaren Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft. Nach den segensreichen Fortschritten der "grüne Revolution" kann die künftige Versorgung der weiter stetig wachsenden Weltbevölkerung jedoch nur noch durch Erschließung neuer und Sicherung bestehender kulturfähiger Böden erfolgen. Da die Fruchtbarkeit von Böden im Wesentlichen von der Art und Menge der organischen Bodensubstanz (Humus) abhängt, liegt darin der Schlüssel zur Bodenqualität. Forschern des UFZ ist es erstmals gelungen, die Nahrungsnetzwerke, welche für höhere Organismen bekannt sind, auch im Mikrokosmos der Bakterienwelt nachzuvollziehen. Sie konnten so neue Einblicke in die Entstehung der organischen Bodensubstanz gewinnen.

Weitere fachliche Informationen über die Konferenz und zum Thema Bodenorganismen:

Prof. Dr. habil. Matthias Kästner
Telefon: 0341-235-2746
http://www.ufz.de/index.php?de=4459

Weitere fachliche Informationen zum Thema Hygienisierung von Abwasser:

Dr. Roland A. Müller / Dr. Oliver Bederski
Telefon: 0341-235-2906 / -2516
http://www.ufz.de/index.php?de=3091

oder über:
Doris Böhme/ Tilo Arnhold
UFZ-Pressestelle
Telefon: 0341-235-2278
Email: presse@ufz.de
http://www.ufz.de/index.php?de=640

Das Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle (UFZ) erforscht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt in genutzten und gestörten Landschaften. Die Wissenschaftler entwickeln Konzepte und Verfahren, die helfen sollen, die natürlichen Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen zu sichern. Das UFZ ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2.2 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.

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Doris Böhme idw

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