Natur darf nicht sich selbst überlassen werden

Landschaftsökologe der Universität Münster untersucht tagaktive Falter

Sie sind nicht nur hübsch und erfreuen das Auge. Vor allem für Vögel sind Schmetterlinge eine wichtige Nahrungsgrundlage. Geht ihre Population zurück, hat das tief greifende Auswirkungen auf das Ökosystem. Aber obwohl die Erforschung der bunten Flieger eine relativ lange Tradition hat, ist relativ wenig über ihre Frühstadien bekannt. Dr. Thomas Fartmann vom Institut für Landschaftsökologie der Universität Münster untersucht das Ei- und Larvenstadium von Tagfaltern und so genannten Widderchen, tagaktiven Nachtfaltern.

„Das ist so wichtig, weil sich Schmetterlinge in diesen Stadien nicht fortbewegen können und auf Gedeih und Verderb den Verhältnissen am Standort ausgeliefert sind“, erläutert Fartmann. Die Umweltbedingungen haben deswegen entscheidenden Einfluss auf das Überleben der Eier und Larven und damit der Population. Über 200 Arten von Tagfaltern und Widderchen gibt es in Deutschland. Detailliert hat er an verschiedenen Standorten – denen die Falter im Allgemeinen treu bleiben – untersucht, welche mikroklimatischen Bedingungen eine erfolgreiche Entwicklung der Eier oder Raupen begünstigen. Lage, Vegetation, Boden und Sonnenscheindauer waren dabei ausschlaggebende Parameter. „Insgesamt können wir beobachten, dass Arten, die sich an Magerstandorte mit einem offenen Boden angepasst haben, am stärksten bedroht sind“, erklärt Fartmann.

Dafür hat er eine einfache Erklärung: Während bis vor 150 Jahren alle Flächen in Deutschland mit mittlerer Intensität genutzt wurden, gibt es heute zwei Extreme. Auf der einen Seite bietet die intensive Agrarwirtschaft keinen Lebensraum mehr für Falter, auf der anderen Seite werden Flächen nicht mehr genutzt. Die Flora auf Brachen eignet sich für die gefährdeten Arten ebenso wenig zur Eiablage wie ein bewirtschafteter Acker. „Eine geschlossene Grasnarbe ist extrem lebensfeindlich“, meint der Landschaftsökologe und plädiert für eine regelmäßige Beweidung auch von Naturschutzflächen. Denn wenn die Grasnarbe regelmäßig aufgebrochen werde, könne sich eine vielfältigere Vegetation entwickeln. „Es ist ein Irrtum zu glauben, Naturschutz in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft könne man betreiben, indem man die Natur sich selbst überlässt. In Jahrhunderten hat sich an den Magerstandorten ein Ökosystem entwickelt, das sich an die Beweidung angepasst hat.“

Ein Beispiel dafür sind die Bockholter Berge an der Ems. Deren seltene Wachholderheiden sind inzwischen völlig überwachsen, weil die Flächen nicht mehr genutzt werden. „Für jedes Ökosystem gibt es ein optimales Management. Man muss nur Prioritäten setzen und sich entscheiden, was man schützen will“, sagt Fartmann.

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Brigitte Nussbaum idw

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