Ressourcen sparen durch Wassermanagement

Sauberes Wasser ist viel zu schade für die Kanalisation. Auf der IFAT – vom 25. bis 29. April in München – präsentieren Fraunhofer-Forscher praktische Lösungen, die den Verbrauch von Trinkwasser drastisch reduzieren. Das wenige Abwasser, das übrig bleibt, lässt sich mit einer dezentralen Aufbereitungstechnik in Brauchwasser, Energie und Dünger verwandeln.

„Wir müssen erst einmal im eigenen Land zeigen, was wir können, bevor wir anderen etwas verkaufen wollen“, sagt Prof. Walter Trösch, stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. Der Rotationsscheibenfilter, den er auf der IFAT zeigt, ist Kernstück einer neuen Klärtechnologie, bei der Membranen äußerst effektiv Schlamm und Krankheitserreger aus dem Abwasser herausfiltern. Noch in diesem Sommer wird eine erste Membrankläranlage in Neurott bei Heidelberg in Betrieb gehen. Mit dem Pilotprojekt wollen die Forscher demonstrieren, dass dezentrale Abwasserentsorgung technisch machbar und ökonomisch sinnvoll ist. „Neurott ist ein Beispiel für eine abgelegene Siedlung, bei der sich der Anschluss an das öffentliche Kanalnetz nicht lohnt, weil das Verlegen der Leitungen zu teuer wäre“, erklärt Trösch.

Neurott ist kein Einzelfall: Siedlungen ohne Anschluss an die Kanalisation gibt es auf der ganzen Welt. In den reicheren, technisch entwickelten Ländern werden die Abwässer in Versitzgruben gesammelt, in den armen Regionen fließen sie ungeklärt in den nächsten Bach oder Fluss. Trösch: „Die Membranklärtechnologie kann die Abwasserprobleme nicht nur abgelegener Siedlungen lösen.“

In Neurott werden jetzt Kanalrohre verlegt, durch die künftig das Abwasser von den Häusern weg gepumpt wird. In einem alten Geräteschuppen der Feuerwehr soll demnächst die semi-dezentrale Membrankläranlage installiert werden, die 10 000 Liter Wasser am Tag reinigen kann. „Das geklärte Wasser hat Badegewässerqualität und kann in den nahe gelegenen Bach eingeleitet werden, ohne dass dies negative Folgen für die Umwelt hätte“, so Trösch. „Das neue Entsorgungskonzept kostet nicht mehr als die Behandlung der Abwässer in Großkläranlagen. Gleichzeitig liefern semi-dezentrale Anlagen qualitativ bessere Ergebnisse, weil die Membranen Bakterien restlos herausfiltern.“ Das Konzept der dezentralen Entsorgung entwickelte Tröschs Team im Projekt DEUS 21 – die Abkürzung steht für Dezentrales Urbanes Infrastruktur-System – und wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF. Mit beteiligt sind neben Forschern vom IGB auch Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie von der RWTH Aachen.

Die Abwasseraufbereitung ist dabei nur ein – wenn auch wichtiger – Teil des umfassenden Wassermanagements. Der erste Schritt ist die Versorgung mit sauberem Trinkwasser, wichtig ist weiter der sparsame Umgang mit dieser Ressource und schließlich die Weiterverwertung der Abfallstoffe. Am Römerweg, einem Neubaugebiet in Knittlingen bei Pforzheim, entsteht derzeit eine Demo-Siedlung in der die Forscher vom Projekt DEUS 21 die Stoffströme optimiert haben: Alle Häuser bekommen zwei Wasseranschlüsse – einen für Trink- und einen für Brauchwasser. Das Brauchwasser wird vor Ort aus Regenwasser gewonnen: Eine Membran filtert Keime heraus, das gereinigte Nass erfüllt nun die Anforderungen der Trinkwasserverordnung. Da Regenwasser salz- und kalkfrei ist, eignet sich das „Pflegewasser“ gut zum Geschirr- und Wäschewaschen, für Dusche und Toilettenspülung oder zum Blumengießen. Durch die Nutzung des Regenwassers wird der Trinkwasserverbrauch drastisch reduziert. Aber das ist noch nicht alles. In Knittlingen gibt es außerdem ein neues Entsorgungskonzept: Ein Vakuumsystem saugt das Abwasser aus den Häusern kontinuierlich ab und transportiert es zusammen mit dem Biomüll in das dezentrale Klärwerk am Rand der Siedlung. Dort wird aus den Schmutzstoffen Biogas und hieraus Energie gewonnen. Phosphor und Stickstoff werden separiert, sie lassen sich zu Dünger weiterverarbeiten.

„Die beiden Projekte in Knittlingen und Neurott zeigen, dass eine dezentrale Infrastruktur funktioniert“, resümiert Trösch. „Wir werden die Technik jetzt weltweit anbieten – als Gesamtkonzept oder in Form einzelner Komponenten, die sich an die Bedürfnisse der Anwender anpassen lassen.“ Auf der IFAT stellt Prof. Walter Trösch das Projekt DEUS 21 vor, bei einem Vortrag im BMBF-Forum am 27.4. um 10.40 Uhr.

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Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

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