Naturparadiese durch Schnellfähren gefährdet

Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD, München) und Deutsche Umwelthilfe (DUH, Radolfzell)

Walen und Delfinen droht weltweit eine neue, tödliche Gefahr. Schnellfähren, die mit enormen Geschwindigkeiten die Meere durchpflügen, verursachen in zunehmendem Maße Kollisionen mit den Meeressäugern. Jüngstes Beispiel: die Kanarischen Inseln. Die Fährverbindungen zwischen den Kanaren, einem der großen Urlaubsparadiese der Deutschen, werden mit sogenannten High-Speed-Fähren weiter ausgebaut. Erst kürzlich wurde die Insel La Palma an das Schnellfährennetz angeschlossen, nun sollen die Touristen auch über die Linie Teneriffa-El Hierro noch schneller an ihr Ziel gebracht werden. Zudem wird ab Mai diesen Jahres die Verbindung Teneriffa-Gomera erweitert: Bald soll ein neuer, über 100 Meter langer Trimaran zwischen La Palma, Teneriffa und La Gomera verkehren. Die Schnellfähren durchqueren mit Geschwindigkeiten von bis zu 75 km/h Gebiete, die für viele Populationen von Walen und Delfinen eine existentielle Bedeutung haben. Diese Gewässer sind von so hohem Wert, dass sie von der Europäischen Union als schützenswert eingestuft wurden. Vor Teneriffa ist gar eine bereits ausgewiesene Schutzzone direkt betroffen.

Die Gewässer der Kanarischen Inseln beherbergen eine außerordentliche Vielfalt an Walen und Delfinen. Die teilweise seltenen Arten sind durch den enorm ansteigenden Schnellfährverkehr in akuter Gefahr, weil die Routen durch ihre Lebensräume verlaufen und die Tiere den herannahenden Schiffen nicht rechtzeitig ausweichen können. „Es hat in der Vergangenheit auf den bestehenden Fährlinien immer wieder Kollisionen mit Walen gegeben, die in der Regel für die Tiere tödlich sind. Die Dunkelziffer ist hoch, Schätzungen gehen jedoch von mindestens 20 getöteten Walen pro Jahr allein im Gebiet der Kanaren aus“, so der Verhaltensbiologe Fabian Ritter vom Berliner M.E.E.R. e.V., der dort seit Jahren die Wale und Delfine erforscht. Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen auf diesen Routen kann das Ökosystem nicht ohne weiteres verkraften und hat Folgen für die Tierwelt. Die Kollisionsgefahr, die von den Fähren ausgeht, gesellt sich dabei zu bereits vorhandenen Belastungen wie Meeresverschmutzung, Überfischung und Lärmbelästigung, unter denen die Tiere zu leiden haben“ so Ritter weiter. Die Umweltbehörden sind indes machtlos, da der Schutz der Meereswelt vordergründig als dem Tourismus zuwiderlaufend wahrgenommen wird und diesem als wichtigsten Wirtschaftsfaktor Priorität eingeräumt wird.

Schnellfähren sind nicht nur auf den Kanaren ein wachsendes Problem. Weltweit werden immer schnellere Fähren gebaut und neue Fährverbindungen eingerichtet. Es gibt Pläne für neue Schnellfähren, die Geschwindigkeiten von bis zu 120 km/h erreichen können – mit noch größerem Fassungsvermögen für Autos und Passagiere. Die Natur bleibt im wahrsten Sinne auf der Strecke. „Da können ernsthafte Auswirkungen nicht ausbleiben“, so Ritter. In der Wissenschaft wird das Thema bereits diskutiert. Touristen wissen aber in den seltensten Fällen von der Gefahr, die von den Fähren ausgeht. „Und es geht nicht nur um die Wale und Delfine. Alle Lebewesen nahe der Meeresoberfläche, sind in Gefahr: Haie, Meeresschildkröten, sogar Meeresvögel. Deshalb tut Aufklärung dringend Not, damit gut informierte und verantwortungsvolle Touristen Ihre Entscheidung bewusst für langsamere Schiffe treffen können“, sagt Jörg-Dürr Pucher von der Deutschen Umwelthilfe. Er fordert, innerhalb von Schutzgebieten keine Schnellfähren zuzulassen. Eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h kann das Risiko von Kollisionen deutlich reduzieren, da wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, dass ab einer höheren Geschwindigkeit die Zahl der Zusammenstöße deutlich ansteigt.

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